Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
die uns hierher schickten, so wie wir, die wir hergekommen sind; man sieht aber in der Welt alle Tage etwas Neues: Aus Spaß wird Ernst, und die Spötter werden die Verspotteten.«
    Der Abend kam, und der Statthalter speiste mit der Erlaubnis des Herrn Doktors Recio. Sie richteten sich hierauf zur Ronde ein, er ging mit dem Haushofmeister, dem Sekretär, dem Speisemeister und dem Historiographen, der den Auftrag hatte, alle seine Handlungen niederzuschreiben, nebst so vielen Alguaziln und Schreibern, daß sie fast eine halbe Kompanie ausmachen konnten. Sancho ging mit seinem Stabe in der Mitte, so ehrwürdig man ihn nur wünschen konnte, und als sie einige Gassen des Ortes durchstrichen hatten, hörten sie das Geräusch von Fechtenden; sie gingen hinzu und fanden, daß es zwei Menschen waren, die miteinander kämpften und welche, sobald sie die Justiz wahrnahmen, voneinander abließen, indem der eine rief: »Herbei im Namen Gottes und des Königs! Wie! Ist es möglich, soll es gelitten werden, daß man hier in der Stadt öffentlich raubt und daß man mitten auf der Straße überfallen wird?«
    »Seid ruhig, ehrlicher Mann«, sagte Sancho, »und erzählt mir die Ursache Eures Zwistes, denn ich bin der Statthalter.«
    Der andre Gegner sagte hierauf: »Herr Statthalter, ich will die Sache in aller Kürze erzählen; Ihr müßt also wissen, daß dieser Edelmann in dem Spielhause, das uns hier gegenüber ist, mehr als tausend Realen gewonnen hat, und Gott weiß, wie; ich war zugegen und entschied mehr als einen streitigen Fall zu seinem Vorteil, mein Gewissen mochte auch dagegen sagen, was es wollte; er ging mit dem Gewinste fort, und als ich dachte, daß er mir doch zum wenigsten einen Taler verehren sollte, wie es Gebrauch und Sitte ist, diesen solchen angesehenen Leuten zu geben, wie ich bin, die zugegen sind, um zweifelhafte Fälle zu entscheiden und zum Besten zu sprechen, so strich er sein Geld ein und ging aus dem Hause; ich ging ihm eilig nach und bat ihn mit freundlichen und höflichen Worten, daß er mir wenigstens acht Realen geben möchte, denn er weiß, daß ich ein vornehmer Mann bin und kein Amt und kein Einkommen besitze, denn meine Eltern haben mich in nichts unterrichtet, mir auch nichts nachgelassen; aber der Schelm, ein Spitzbube wie Cacus und ein falscher Spieler wie Andradilla, will mir nicht mehr als vier Realen geben, woraus der Herr Statthalter seine Unverschämtheit und Gewissenlosigkeit abnehmen kann; wäre aber Euer Gnaden nur nicht herzugekommen, so hätte er seinen Gewinst wohl wieder ausspeien sollen, so daß er gelernt hätte, wie man sich in der Welt zu betragen hat.«
    »Was sagt Ihr hierzu?« fragte Sancho.
    Der andere antwortete, daß es die Wahrheit sei, was sein Gegner erzählt habe, er hätte ihm nicht mehr als vier Realen geben wollen, weil er ihm diese oft gebe; daß diejenigen, die ein Geschenk erwarteten, auch höflich sein und das freundlich annehmen müßten, was man ihnen gebe, ohne sich darauf einzulassen, wieviel der andere gewonnen habe, wenn sie es nicht gewiß wußten, daß der andere ein falscher Spieler sei und daß der Gewinner mit Unrecht gewonnen habe; zum Beweise aber, daß er ein ehrlicher Mann und kein Spitzbube sei, wie jener be hauptet habe, sei eben das hinreichend, daß er ihm nichts habe geben wollen, denn falsche Spieler sind den Zuschauern, die sie kennen, immer zinsbar.
    »Das ist wahr«, sagte der Haushofmeister; »jetzt entscheide nun der Herr Statthalter, was mit diesen beiden Männern zu tun ist.«
    »Dieses ist hierbei zu tun«, antwortete Sancho; »Ihr, der gewonnen hat, sei es nun mit Recht oder Unrecht, sollt sogleich diesem, der Euch angegriffen hat, hundert Realen geben, außerdem aber noch dreißig für die Armen im Gefängnisse erlegen; Ihr aber, der Ihr kein Amt und kein Einkommen habt und auf Geratewohl auf der Insel umherstreift, nehmt diese hundert Realen und verlaßt morgen am Tage auf zehn Jahre diese Insel, als verbannt, bei Strafe, wenn Ihr dieses Gebot übertretet, es mit dem Leben zu büßen, denn ich will Euch an den Galgen henken, oder wenigstens soll es der Henker auf meinen Befehl tun; und keiner sage hiergegen ein Wort, oder er soll tüchtig bestraft werden.« Der eine gab das Geld, der andere nahm es, dieser verließ die Insel, jener begab sich nach Hause, und der Statthalter sagte: »Ich bin willens, oder es müßte schwach mit mir stehen, alle diese Spielhäuser aufzuheben, denn ich sehe ein, daß sie sehr schädlich

Weitere Kostenlose Bücher