Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)
nun musste sie auf unangenehme Weise erfahren, dass dem nicht so war.
Hanad Gur Hanadem nickte sichtlich zufrieden.
»Siehst du das, Kajim? In dieser Haltung kommt ihr Busen trefflich zur Geltung!« Er tätschelte mit seinen knubbeligen Fingern Janicas Brüste. Himmel, hatte denn jeder Mann, dem sie begegnete, nichts anderes im Sinn, als an ihrem Busen zu fummeln! Sie wich zurück und trat nach seinem Bein. Hilfesuchend blickte sie sich nach Kana-Tu um. Doch dieser rührte sich nicht von der Stelle, auch wenn er ein Gesicht zog, als hätte er soeben in eine Zitrone gebissen.
»Hoho, sie hat Temperament! Das wird dem Sultan gefallen!« Der Händler zerrte an der Kette, sodass die Eisenschellen Janica schmerzhaft in die Handgelenke schnitten.
»Komm’ jetzt, du Kratzbürste! Ich habe keine Zeit, noch länger hier herumzutrödeln!«
Grob stieß Hanad der jungen Frau in den Rücken. Sie stolperte vor dem Händler her, aus dem Haus hinaus. Gleißender Sonnenschein umfing sie, aber nicht lange. Ein Diener öffnete den Schlag einer Kutsche, und Janica wurde von Hanad in die dämmrige Kabine dirigiert. Es gab eine gepolsterte Sitzbank, aber die Fenster gestatteten keinen Blick nach draußen, denn sie waren mit dunklem Stoff bespannt. Der Wagenschlag schloss sich, dann trabten die beiden Pferde an.
13.Kapitel: Die Ware wird angerichtet
Hanad hatte Janica in einen großen Raum geführt, in dem eine ältere Frau an einem Webrahmen saß. Sie sah nicht einmal auf, als würde ihr Leben davon abhängen, warf sie das Schiffchen durch die Kettfäden.
»Ich werde dieses Mädchen noch heute Abend dem Sultan vorführen. Bereite sie vor, Mutter! Und sieh nach, ob sie tatsächlich noch Jungfrau ist, ich will mich schließlich nicht blamieren!« Hanad löste mit einem kleinen Schlüssel die Schellen von Janicas Handgelenken und verließ das Zimmer. Janica blickte ihm nach und bemerkte jetzt erst die beiden Männer, die breitbeinig links und rechts der Tür standen. Es waren große und kräftige Gestalten, da sie nur mit bunt gemusterten Pluderhosen bekleidet waren, konnte Janica die dicken Muskeln unter der glatten und glänzenden Haut sehen. Diese Burschen mussten sich von Kopf bis Fuß rasiert und danach eingeölt haben. Selbst ihre Schädel waren kahl. Gleichgültig musterten sie die Prinzessin, die sich eingestehen musste, dass eine Flucht durch diese Tür unmöglich war.
»Zieh’ dich aus!«, sagte Hanads Mutter und schob ihre Stickerei von sich.
Wie oft hatte Janica diesen Satz in den letzten beiden Tagen gehört? Sie verschränkte trotzig die Arme und schüttelte den Kopf.
»Jetzt mach’ es uns nicht so schwer, Schätzchen! Wenn du es nicht selbst tust, werden dich meine beiden Freunde dort ausziehen! Es wäre schade um dein hübsches Gewand!« Die alte Frau lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Schaudernd sah sich Janica nach den beiden Muskelpaketen um.
»Du brauchst dich nicht vor ihnen zu genieren! Man hat ihnen nicht nur die Zungen herausgeschnitten, sondern auch die Männlichkeit entfernt. Der Medikus des Sultans ist ein Meister seines Faches, ihm sterben nur ganz selten die zum Eunuchen bestimmten Männer unter dem Messer weg. Er meint, wenn man nur die Hoden entfernt, bleibt trotzdem die Gefahr, dass die Kerle ihren Schwanz nicht nur zum Pinkeln benutzen. Deshalb macht er bei den Operationen keine halben Sachen. Sei versichert, diese Burschen hier haben nichts anderes zwischen den Beinen als glatte Haut und ein Löchlein für ihre Ausscheidungen. Leider müssen sie hart trainieren, um nicht fett zu werden. Eunuchen neigen entsetzlich zur Fettleibigkeit!« Im Gesicht der Frau regte sich nichts, während sie Janica diese grässlichen Details schilderte.
Warum lässt die Alte ihren feisten Sohn nicht auch trainieren, schoss es Janica durch den Kopf, und der nächste Gedanke zauberte ihr ein böses Lächeln ins Gesicht. Vielleicht hatte ja dieser zweifelhafte Medikus seine Künste auch an Hanad Gur Hanadem ausprobiert. Auszuschließen war das nicht, vielleicht wollte der Sultan sicherstellen, dass der Händler die appetitlichsten Sklavinnen selbst bestieg. Janica warf einen verstohlenen Blick zu den beiden Wächtern. Nicht ein winziger Muskel zuckte in ihren Gesichtern, sie starrten vor sich hin wie steinerne Statuen. Sie mussten doch gehört haben, was die alte Frau über ihr Schicksal erzählt hatte. Berührte es sie gar nicht, entsetzlich verstümmelt und versklavt ihr Leben fristen zu müssen? In diesem
Weitere Kostenlose Bücher