Dramatische Werke
Weisheit der grauen Haare, aber dein Herz – dein Herz sei das Herz der unschuldigen Kindheit.
R. Moor.
O einen Vorgeschmack dieser Wollust. Küsse mich, göttlicher Greis!
D. a. Moor (küßt ihn).
Denk', es sei Vaterskuß! so will ich denken, ich küsse meinen Sohn – Du kannst auch weinen?
R. Moor.
Ich dacht', es sei Vaterskuß! – Weh mir, wenn sie ihn jetzt brächten!
Schweizers Gefährten treten auf im stummen Trauerzug mit gesenkten Häuptern und verhüllten Gesichtern.
R. Moor.
Himmel!
(Tritt scheu zurück und sucht sich zu verbergen. Sie ziehen an ihm vorüber. Er sieht weg von ihnen. Tiefe Pause. Sie halten.)
Grimm (mit gesenktem Ton).
Mein Hauptmann!
(Räuber Moor antwortet nicht und tritt weiter zurück.)
Schwarz.
Theurer Hauptmann! (Räuber Moor weicht weiter zurück.)
Grimm.
Wir sind unschuldig, mein Hauptmann.
R. Moor (ohne nach ihnen zu blicken).
Wer seid ihr?
Grimm.
Du blickst uns nicht an? Deine Getreuen.
R. Moor.
Weh euch, wenn ihr mir getreu wart!
Grimm.
Das letzte Lebewohl von deinem Knecht Schweizer – er kehrt nie wieder, dein Knecht Schweizer.
R. Moor (aufspringend).
So habt ihr ihn nicht gefunden?
Schwarz.
Todt gefunden.
R. Moor (froh emporhüpfend).
Habe Dank, Lenker der Dinge! – Umarmet mich, meine Kinder! – Erbarmung sei von nun an die Losung – Nun wär' auch das überstanden – Alles überstanden.
Neue Räuber. Amalia .
Räuber.
Heisa, heisa! Ein Fang, ein superber Fang!
Amalia (mit fliegenden Haaren).
Die Todten, schreien sie, seinen erstanden auf seine Stimme – mein Oheim lebendig – in diesem Wald – Wo ist er? Karl! Oheim! – Ha! (Stürzt auf den Alten zu.)
D. a. Moor.
Amalia! Meine Tochter! Amalia! (Hält sie in seinen Armen gepreßt.)
R. Moor (zurückspringend).
Wer bringt dies Bild vor meine Augen?
Amalia (entspringt dem Alten, springt auf den Räuber zu und umschlingt ihn entzückt).
Ich hab' ihn, o ihr Sterne! Ich hab' ihn! –
R. Moor (sich losreißend, zu den Räubern).
Brecht auf, ihr! Der Erzfeind hat mich verrathen!
Amalia.
Bräutigam, Bräutigam, du rasest! Ha! Vor Entzückung! Warum bin ich auch so fühllos, mitten im Wonnewirbel so kalt?
D. a. Moor (sich aufraffend).
Bräutigam! Tochter! Tochter! Ein Bräutigam?
Amalia.
Ewig sein! Ewig, ewig, ewig mein! – Oh ihr Mächte des Himmels! Entlastet mich dieser tödtlichen Wollust, daß ich nicht unter der Bürde vergehe!
R. Moor.
Reißt sie von meinem Halse! Tödtet sie! Tödtet ihn! mich! euch! Alles! Die ganze Welt geh zu Grunde! (Er will davon.)
Amalia.
Wohin? was? Liebe – Ewigkeit! Wonn' – Unendlichkeit! und du fliehst?
R. Moor.
Weg, weg! – Unglückseligste der Bräute! – Schau selbst, frage selbst, höre! – Unglückseligster der Väter! Laß mich immer ewig davon rennen!
Amalia.
Haltet mich! Um Gotteswillen, haltet mich! – es wird mir so Nacht vor den Augen – Er flieht!
R. Moor.
Zu spät! Vergebens! Dein Fluch, Vater! – frage mich nichts mehr! – ich bin, ich habe, – dein Fluch – dein vermeinter Fluch! – Wer hat mich hergelockt? (Mit gezogenem Degen auf die Räuber losgehend.) Wer von euch hat mich hiehergelockt, ihr Creaturen des Abgrunds? So vergeh denn, Amalia! – Stirb, Vater! Stirb durch mich zum dritten Mal! – Diese deine Retter sind Räuber und Mörder! Dein Karl ist ihr Hauptmann. (Der alte Moor gibt seinen Geist auf.)
Amalia (steht stumm und starr wie eine Bildsäule. Die ganze Bande in fürchterlicher Pause).
R. Moor (wider eine Eiche rennend).
Die Seelen derer, die ich erdrosselte im Taumel der Liebe – Derer, die ich zerschmetterte im heiligen Schlaf, Derer, – hahaha! Hört ihr den Pulverthurm knallen über der Kreißenden Stühlen? Seht ihr die Flammen schlagen an den Wiegen der Säuglinge? Das ist Brautfackel, das ist Hochzeitmusik – oh, er vergißt nicht, er weiß zu knüpfen – darum von mir die Wonne der Liebe! darum mir zur Folter die Liebe! das ist Vergeltung!
Amalia.
Es ist wahr! Herrscher im Himmel! Es ist wahr! – Was hab' ich gethan, ich unschuldiges Lamm? Ich hab' Diesen geliebt!
R. Moor.
Das ist mehr, als ein Mann erduldet. Hab' ich doch den Tod aus mehr denn tausend Röhren auf mich zupfeifen gehört und bin ihm keinen Fußbreit gewichen, woll ich jetzt erst lernen beben wie ein Weib? – Nein, ein Weib erschüttert meine Mannheit nicht – Blut, Blut! Es ist nur ein Anstoß vom Weibe – Blut muß ich saufen, es wird vorübergehen. (Er will davon fliehn.)
Amalia (fällt ihm in
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