Drei Frauen und ein Braeutigam
nicht. Sie sieht uns nur durch gesenkte Wimpern an. Ihr Blick wandert von Tanya zu mir und zurück. Sie hat einen wirklich befremdlichen Ausdruck im Gesicht. Als wolle sie jeden Moment in Tränen ausbrechen oder so etwas.
Wir tauschen einen hoffnungsvollen Blick und wollen gerade einen passenden mitleidsvollen Ausdruck aufsetzen, als Grace ihre Linke unter dem Tisch hervorzieht und sie unter unseren Nasen schwenkt. Sie platzt fast vor Stolz. Der Grund dafür ist sofort verständlich, wenn man den Fels in der Größe des Planeten Jupiter betrachtet, der fest auf dem weißgoldenen Ring an ihrem Ringfinger sitzt.
»O mein Gott!«, kreischt Tanya und schlägt die Hände vor den Mund.
»Ist das nicht fabelhaft?«, fragt Grace strahlend.
Es war nicht gerade das, was Tanyas Reaktion andeutete. Wir starren sie beide schweigend und mit offenem Mund an.
Grace‘ Lächeln verschwindet abrupt. »Was ist los? Ihr scheint nicht besonders glücklich zu sein.«
»Sprachlos«, murmelt Tanya und schnappt ihr Glas. Als sie feststellt, dass es leer ist, muss sie auf die gekühlte Flasche zurückgreifen, um sie gegen ihre heiße Stirn zu pressen.
»Sprachlos«, echoe ich und nicke betäubt.
»Champagner«, knurrt Tanya trocken.
»Champagner«, wiederhole ich wie ein Papagei.
Beruhigt darüber, dass wir anscheinend auf ihr Wohl anstoßen wollen, obwohl der Champagner eigentlich eine Schocktherapie ist, strahlt Grace uns an und lässt sich plappernd darüber aus, dass sie davon träumte, im Frühjahr zu heiraten, seit sie zum ersten Mal Eine Braut für sieben Brüder gesehen hat. Tanya dagegen wird weißer als das Tischtuch, auf das sie sich stützt.
»Also hattest du gestern einen schönen Abend?«, stammle ich schließlich, nachdem der Kellner uns allen ein stärkendes Glas Moet eingeschenkt hat.
»O Himmel, ja. Er war wundervoll, vielen Dank, Ollie.«
Stuart muss die Konstitution eines Ochsen haben. Louis hat mindestens einen halben Riegel Ex-lax über seinen Kuchen geraspelt, und wir alle haben ihn zum Bad sprinten sehen wie Kate und Leo zum letzten Rettungsboot. Er muss sich erstaunlich schnell erholt haben.
Tanya kann ihre Neugier nicht länger im Zaum halten. Gott sei Dank geht sie halbwegs subtil vor. »Und wie geht‘s Stuart?
Louis meinte, er hätte ein bisschen blass um die Nase ausgesehen, als ihr gegangen seid. Ein bisschen grün. Wir dachten, dass er so viel Wein vielleicht nicht gewohnt ist.«
»Wein? Nein! Er hat kaum etwas getrunken, dank Louis. Himmel, als Ober ist er wirklich eine Zumutung, Ollie. Ich finde, du solltest ihn hinter die Bar verbannen!«
»Oh, ich fand nur, dass er ein wenig angeschlagen aussah, das ist alles. Waren wohl die Nerven, du weißt schon, die Vorbereitung für den Kniefall.«
»Nein, du hast Recht, es ging ihm überhaupt nicht gut. Das lag aber sicher nicht am Alkohol. Er hat die Nacht auf dem Klo verbracht, weil er sich den Magen verdorben hatte. Heute Morgen war es ihm schrecklich peinlich.«
»O nein, wie furchtbar!« Ich trete Tanya unter dem Tisch, und das Grinsen, das sich auf ihre Lippen schleichen wollte, wird durch einen passenderen, wenn auch geheuchelten Ausdruck der Anteilnahme ersetzt.
»Woran es wohl lag?«
»Er meint, er hätte wohl ein verdorbenes Sandwich zu Mittag gegessen, mit Garnelen oder so was.«
»Also nichts, was ich euch vorgesetzt habe...«
»Himmel, nein! Wir hatten doch beide so ziemlich das Gleiche. Es konnte also nicht an dir liegen, Ollie. Übrigens war es absolut köstlich.«
»Und trotzdem hat er es geschafft, für seinen Antrag einen Kniefall zu machen.«
»Na ja, da er sowieso schon am Boden war...« Sie kichert.
»Und das hat dich auch nicht abgebracht, die Tatsache, dass er die ganze Nacht...«
»Ganz und gar nicht!« Grace lacht. »Eher im Gegenteil. Es hat mir gezeigt, wie sehr ich ihn liebe.«
»Aber wie...« Tanya und ich wechseln einen entsetzten Blick, den Grace in ihrer Ekstase glücklicherweise übersieht.
»Na ja, da mir immer noch etwas an ihm lag, nachdem er die ganze Nacht auf meinem Klo verbracht hatte... Wisst ihr, ich hatte so ein Gefühl, dass er mir vielleicht einen Antrag machen wollte, und um ehrlich zu sein, hat mir das etwas Kopfzerbrechen bereitet.«
»Kopfzerbrechen?«
»Ja. Wir kennen uns schließlich noch nicht sehr lange, und ich dachte, es wäre ein bisschen zu früh für etwas so... so... na ja, Dauerhaftes. Doch mir liegt wirklich viel an ihm, und es wäre sehr schwierig gewesen, es ihm schonend
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