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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Respekt vor der Obrigkeit hatte. Sein Name war Apius. Er war fett, rotgesichtig und hatte die schlimmsten Haare zwischen hier und Rhegium. Dünne, fettige Strähnen hingen ihm von dem schuppigen Schädel. Zudem rasierte er sich nur selten.
     
    Auch ihm war die äußerst ungewöhnliche Anwesenheit von einigen müden Liktoren aufgefallen. Auf der Suche nach Schatten lungerten sie unter dem Portikus von Lenias Wäscherei herum. Frauen blieben dreist vor ihnen stehen und machten wahrscheinlich anzügliche Witze. Kinder schlichen sich kichernd an und forderten sich gegenseitig heraus, mit ihren kleinen Fingern die zeremoniellen Axtschneiden in den Rutenbündeln zu berühren, die die Liktoren achtlos hatten fallen lassen. Liktoren sind freigelassene Sklaven oder mittellose Bürger – ungehobelt, aber bereit, sich durch Arbeit zu rehabilitieren.
     
    »Wem stehen denn sechs zu?«, fragte ich Apius. Der Barbier redete immer so, als wüsste er alles, aber ich musste den Tag erst noch erleben, an dem er eine einfache Frage richtig beantwortete.
     
    »Jemand, der lange vor seiner Ankunft angekündigt werden will.« Liktoren gehen traditionell im Gänsemarsch vor der Persönlichkeit her, die sie eskortieren.
     
    Sechs war eine ungewöhnliche Zahl. Zwei standen einem Prätor oder einem anderen hohen Beamten zu. Zwölf, das wäre die Anzahl des Kaisers gewesen, obwohl dann auch die Prätorianer aufmarschiert wären. Ich wusste, dass Vespasian heute in seiner Loge im Circus festsaß.
     
    »Ein Konsul«, entschied Apius. Er hatte wirklich keine Ahnung. Konsuln standen ebenfalls zwölf zu.
     
    »Warum sollte ein Konsul Lenia besuchen?«
     
    »Um sich über Dreckflecken in seiner Unterwäsche zu beschweren?«
     
    »Oder ausgebleichte Stellen an seiner besten Toga? Jupiter, Apius – die Ludi Romani sind im Gange, und Lenias Wäscherei ist geschlossen! Du bist das Letzte. Ich bezahle dir den Haarschnitt morgen. Es widerstrebt mir, Geld an einem Festtag auszugeben. Ich seh mir mal an, was da los ist.«
     
    Jeder glaubt, dass Barbiere die Quelle allen Klatsches sind. Unserer nicht. Und Apius war ein typisches Beispiel. Der Mythos, dass Barbiere immer über den neuesten Skandal Bescheid wissen, ist genauso verlogen wie die von Fremden aufgebrachte Mär, Römer würden in öffentlichen Latrinen gesellschaftlichen Umgang pflegen. Also bitte! Wenn man sich abmüht, um den schon ziemlich vergangenen Hasen-im-eigenen-Saft vom gestrigen Abend wieder loszuwerden, will man doch nicht, dass sich irgendein freundlicher Bursche mit einem albernen Grinsen neben einem niederlässt und einen nach seiner Meinung über das Senatsdekret dieser Woche bezüglich des nicht ehelichen Zusammenlebens von Freigelassenen und Sklaven fragt. Wenn das jemand mit mir versuchen sollte, würde ich ihm einen viel gebrauchten Abwischschwamm in den Allerwertesten rammen.
     
    Diese erhebenden Gedanken amüsierten mich, während ich die Brunnenpromenade entlangschlenderte. Bei der Wäscherei sagten mir die Liktoren, dass sie einen Exkonsul eskortierten, der zu einem früheren Zeitpunkt dieses Jahres im Amt gewesen, aber zurückgetreten war, um einem anderen Großkopferten eine Chance zu geben. Er sei auf der anderen Straßenseite und würde offenbar jemanden namens Falco besuchen.
     
    Das brachte mich in fröhliche Stimmung. Wenn ich eines mehr hasse als hohe Beamte unter der Bürde ihres Amtes, dann sind es Beamte, die diese Bürde gerade abgelegt haben und auf der Suche nach Ärger sind, den sie verursachen können. Ich hüpfte die Treppe hinauf, ganz heiß darauf, ihn zu beleidigen und dabei nicht zu vergessen, dass ich, falls dieses immer noch sein Ernennungsjahr war, drauf und dran war, grob zu dem verehrtesten und höchstrangigen Exmagistrat von Rom zu sein.
     

XXII
     
    Es gibt Frauen, die geraten in Panik, wenn sie einem Konsul gegenübertreten müssen. Einer der Vorteile, eine Senatorentochter als meine unbezahlte Sekretärin zu beschäftigen, bestand darin, dass Helena Justina, statt vor Entsetzen zu kreischen, den prestigeträchtigen Mann wie einen Nennonkel begrüßen und sich ruhig nach seinen Hämorriden erkundigen würde.
     
    Der Bursche war mit einem Becher heißem Zimt versorgt worden, den Helena, wie ich wusste, mit Honig und einem Schuss Wein aufbrauen konnte, so dass er wie Ambrosia schmeckte. Er sah bereits beeindruckt aus von unserer Gastfreundschaft und dem gesunden Menschenverstand. Als ich dann hereinmarschierte, die Daumen in meinen

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