Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
irgendwelchen Sätzen. Und in all dem hockte wie eine große Spinne etwas, dass Julie nicht benennen konnte, das ihr aber eine Heidenangst einjagte.
„Was ist das?“ flüsterte Julie.
Ein einzelner Gedanke formte sich in Anouks Kopf. Ich muss ihr antworten, sie darf nicht merken wie schlecht es mir geht.
Anouk richtete sich etwas auf. „Es geht mir schon besser.“
Julie zog sich grausend aus Anouks Kopf zurück. Sie hätte gerne noch mehr erfahren, aber dieses – Ding – war einfach unerträglich. Die Heilerin in ihr spürte eines ganz genau: was auch immer es war, sie glaubte nicht, dass Anouk sich davon erholen würde. Endlich verstand sie die Bemerkung der Alphanen bei Taris Prüfung; es gab keine Rettung für Anouk.
Julie war in Anouks Kammer gekommen, in der Absicht sich dieses Mal nicht von ihr einschüchtern zu lassen. Sie hatte sich endlich wehren wollen, doch nun verstand sie, dass Anouks Ausbrüche und Unhöflichkeiten nichts mit ihr, Julie, zu tun hatten. Anouk war einfach furchtbar krank. Mitleid durchströmte Julie, und sie sagte freundlich:
„Schön, dass es dir etwas besser geht. Ich weiß, ich hätte nicht in die Prüfung gehen sollen ohne Bescheid zu sagen, aber ich wollte dich nicht belasten. Und ich hatte Sorge, von meinem P lan abgebracht zu werden. Aber diese Prüfung war die einzige Möglichkeit, Tallyn zu helfen. Ich hoffe, du verstehst das.“
Anouk sah sie an, schloss langsam die Augen und öffnete sie erst nach einer kleinen Weile wieder.
„Verrat mir eines: wie bist du in die Kammer gekommen? Der Schlüssel war die ganze Zeit hier, Chris hat nachgesehen sobald wir von deinem Plan erfahren haben.“
Julie lächelte.
„Es war nicht einfach. Die Alphanen haben Türen als Gedankenblockaden bezeichnet, es schien mir so, als ob die sich vielleicht umgehen ließen. Und so war es auch.“
Chris mischte sich ein. „Und wie ging das genau?“
Julie dachte nach.
„Ich brauchte mehrere Anläufe. Am Anfang habe ich es nicht hinbekommen, weil mir die Vorstellungen, mit denen ich es versuchte, zu abwegig schienen. Also habe ich es anders versucht. Sich vorzustellen, dass der Schließmechanismus einer alten Tür in der feuchten Luft dort unten verrottet sein könnte, war für meinen Geist offensichtlich irgendwie akzeptabel – die Tür ließ sich leicht öffnen.“
„Und wie war es in der Kammer?“
Ohne es zu wollen empfing Julie wieder Anouks Gedanken, die bösartigen Wellen des zerstörerischen Dings in ihrem Kopf mit eingeschlossen.
Sie ist mächtiger als ich. Ich muss auch in die Prüfkammer, sonst wird sie mir meinen Platz wegnehmen.
Julie schüttelte sich. Sie musste wirklich lernen, sich gegen eindringende Gedanken abzuschotten. Das musste doch so ähnlich gehen, wie sich gegen neugierige Gedankensucher zu wehren. Aber Moment, vielleicht konnte sie das schon?
Sie machte es wie vorhin, stellte sich einfach vor, dass sie in der Lage war sich dagegen abzuschotten und es klappte wieder: Anouks Gedanken hörten abrupt auf, auf sie einzuströmen.
„Versprich mir, in Zukunft Bescheid zu sagen, bevor du so eigenmächtig handelst“, forderte Anouk.
Julie wollte schon zusagen, doch sie verspürte ein seltsames Ziehen in der Brust. Eine innere Gewissheit überkam sie, dass sie lügen würde, wenn sie Anouk zusagte – und das das ihrer nicht würdig war. Sie konnte Anouk nicht anlügen. Wahrscheinlich war auch das Teil des Erbes: die erste Hüterin hatte Lichtelfenblut gehabt, und jeder wusste wie ehrlich Lichtelfen waren.
Julie sah Anouk an, die ungeduldig auf eine Antwort zu warten schien. Wie sagte man so etwas? Wahrscheinlich einfach so, wie es war.
„Das kann ich nicht versprechen. Wenn ich der Meinung bin etwas muss getan werden, dann werde ich es tun. Tut mir leid.“
Die einsetzende Stille legte sich über Julie und die anderen wie muffiger Staub. Julie wusste, sie konnte die Stimmung retten , indem sie doch noch nachgab, aber es ging hier nicht um gute Stimmung. Sie war sich inzwischen sicher, dass Anouk nicht mehr in der Lage war die Geschicke Tallyns zu leiten, und es war ihre Aufgabe, ab hier zu übernehmen.
„Anouk, du wolltest Julie noch von Faneas Brief erzählen“, brach Chris schließlich das Schweigen.
„Ja richtig, der Brief. Holst du ihn, bitte?“ Mi t einem Mal klang Anouks Stimme wieder ganz weich und freundlich. Julie packte das schlechte Gewissen, doch nicht für lange.
„Er war an die Hüterin adressiert, also habe ich ihn genommen, auch
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