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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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Fuge zwischen zwei Ziegelsteinen spann. Es hatte sicher die ganze Nacht gedauert, dieses Netz zu erschaffen, und ich hätte es mit der kleinsten Fingerbewegung zerstören können. Und die Spinne gleich mit.
    »Du bist meinetwegen ausgeflippt, stimmt’s?«, wollte Lachlan wissen. »Wegen dieser Kussgeschichte.«
    »Nein«, log ich. »Ich hatte es nur nicht erwartet. Ich kenn dich doch gar nicht. Ich meine, wir haben uns vielleicht drei Mal unterhalten bisher.«
    »Stimmt.« Lachlans Lächeln war knapp, aber so süß. »Aber gut waren sie doch, die drei Unterhaltungen, meinst du nicht?«
    Ich antwortete nicht. Lachlan will dich küssen . In Gedanken sprach ich es wieder und wieder aus – wie einen fremdsprachigen Satz, den ich nicht richtig übersetzen konnte.
    Lachlan lehnte sich auch an die Wand, sein Gesicht mir zugewandt. »Warum willst du mir nicht glauben, dass ich dich mag?«, fragte er. »Dass ich mit dir zusammen sein möchte.«
    Mein Kopf fing an zu pochen. »Lachlan«, begann ich. »Ich kann es nicht. Ich kann es einfach nicht.«
    »Was kannst du nicht?«, sagte Lachlan. »Mit mir zusammen sein oder es glauben?«
    Von der Stadthalle drangen Geräusche zu uns heraus, mal lauter, mal leiser, je nachdem, wie der Wind stand. Man hörte Lachen und Jubeln. Es klang ein ganzes Leben lang weit weg.
    Lachlan streckte seinen Kopf dem Himmel entgegen. »Manchmal scheinst du so zu sein wie ich«, sagte er, »und dann springst du wieder weg, als ob du Angst hättest, ich beiße. Ich verstehe das nicht. Ist irgendetwas nicht in Ordnung?«
    Ja, da ist etwas verdammt noch mal nicht in Ordnung, dachte ich. Mit mir ist etwas nicht in Ordnung. Und ich konnte nicht fassen, dass Lachlan das nicht wusste, besonders weil er inzwischen meine ganze Geschichte gehört haben musste. Er sollte, so schnell er konnte, wegrennen, bevor ich sein Leben ruinierte, wie ich das meiner Familie ruiniert hatte.
    Aber Lachlan rührte sich nicht. Er stand nur da, neben mir, und mir ging auf, dass er auf eine Antwort wartete. Ich drehte mich um und sah ihn an. Es war Zeit, ehrlich zu sein. »Wir passen nicht zusammen.«
    Lachlan runzelte überrascht die Stirn. » Zusammenpassen? Wer sagt, dass wir das müssen? Wir sind doch keine Schuhe.«
    »Aber wir sind so unterschiedlich«, beharrte ich und versuchte, eine Möglichkeit zu finden, das zu erklären. »Du bist Schwimmer. Du trainierst wahrscheinlich die ganze Zeit. Und wenn du nicht schwimmst, bist du sicher draußen unterwegs und machst irgendwas anderes Aktives und Sportliches . Ich wette, du drehst durch, wenn du mehr als fünf Minuten drinnen sitzen musst, und du liebst nichts mehr, als am Meer rumzuhängen.« Ich wusste, ich klang gnadenlos, aber das war vielleicht gar nicht so schlecht, obwohl es schwer war, ihn anzusehen, während ich sprach. »Jetzt lass uns das mit mir vergleichen, okay? Ich liebe es, allein zu chillen, Musik zu hören, die kein Mensch außer mir kennt, und von dem Tag zu träumen, an dem ich für immer vom Meer wegkommen kann. Sei ehrlich, Lachlan. Klingen wir wie ein perfektes Paar?«
    Lachlan war eine ganze Weile still, und ich überlegte schon, ob er erwartete, dass ich gehen würde. Aber dann sprach er doch. »Okay. Also, zu wem passe ich?«
    »Zu jemand Hübschem «, sagte ich wie aus der Pistole geschossen. »Sie ist süß und hübsch, passt auf dein Handtuch auf und jubelt für dich, wenn du schwimmst. Eine, die die ganze Zeit Oh mein Gott sagt und ihren Mund bedeckt, wenn sie lacht, aus Angst, sie hätte noch Speisereste zwischen den Zähnen. Eine, die glatt und ohne Knoten ist.«
    Lachlan sah verwirrt aus. »Was spricht gegen Knoten? Manchmal halten sie die Dinge zusammen.«
    Ich ging drüber hinweg, weil ich den Fluss meiner Beschreibung nicht unterbrechen wollte. Die Worte sprudelten nur so aus mir hervor, denn ich beschrieb jemanden, den ich kannte. Diejenige, die ich gewesen war. Oder vorgegeben hatte zu sein. »Sie ist selbstbewusst und gesprächig und nimmt an allem teil. Sie redet über dich als mein wunderbarer Schwimmstar und gibt ununterbrochen mit deinen letzten Erfolgen an.«
    Lachlan gab ein eigentümliches Geräusch von sich. Ich unterbrach mich und starrte ihn an. » Lachst du ?«
    »Entschuldigung«, sagte Lachlan, »aber so eine Tussi klingt irgendwie eher lästig. Und … unecht.«
    Er hatte recht. Absolut recht. Die alte Olive war unecht gewesen. Deswegen hatte ich sie ja schließlich auch den Bach runter gehen lassen. Die neue Olive war

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