Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch
half die Schilderung ihnen nicht weiter. Pia wusste nicht, was sie sich von diesem Gespräch erhofft hatte. Einen Hinweis darauf, dass es sich gar nicht um einen Unfall gehandelt hatte? Oder wenigstens eine dezente Andeutung, wo Bert Seesen hergekommen war oder wo er damals hingewollt hatte?
Die Frau namens Gerda wusste jedoch etwas anderes zu erzählen. Als sie hörte, dass Broders und Pia Ermittlungen im Mordfall Falke anstellten, wurde sie unruhig. »Ich weiß nicht, ob es wichtig ist. Ich will ja keinen unnötigen Klatsch verbreiten«, sagte sie vorsichtig.
Broders, der seinen Pullover ausgezogen hatte und nun in einem fast sauberen Oberhemd dasaß, hatte seine alte Form wiedergewonnen. Er versicherte ihr, dass sie der Polizei gegenüber keine Informationen zurückhalten dürfe, wie nebensächlich sie auch immer erscheinen mochten.
»André Falke ist doch im Gefängnis gewesen, nicht wahr?«
Pia nickte.
»Kein guter Umgang«, meinte die Frau mit einem Seitenblick auf ihren Mann. »Aber manchmal weiß man es vorher nicht besser, oder?«
»Sag doch einfach, was du auf dem Herzen hast, Gerda.« Ihr Mann rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Gastfreundschaft hin oder her. Es drängte ihn sichtlich, wieder hinaus in den Stall zu kommen.
»Mein Sohn hat André Falke ab und zu in einer Kneipe in Kiel gesehen. Das war aber, bevor der verurteilt worden ist. Denken Sie jetzt bloß nicht, unser Jannek hätte etwas mit Drogen zu tun!«
»Was hat Ihr Sohn Ihnen über André Falke erzählt?«
»Dass der … nun ja, irgendwie kriminell war, das wusste jeder. Wir haben aber nie vor Mona darüber geredet, weil sie einem deswegen ja leidtun konnte. Die hat nämlich alles für ihren Sohn getan – nur genützt hat es nichts.«
»Das weiß die Polizei bestimmt schon alles, Gerda.«
Die Frau warf ihrem ungeduldigen Mann einen triumphierenden Blick zu. »Aber dass André Falke mit der Kleinen von den von Alsens zusammen war, das weiß hier in Düsterbruch keiner!«
»Donnerlittchen«, murmelte ihr Mann und kratzte sich am Kopf. »Das wird Enno umhauen.«
»Ihr Sohn hat Tizia von Alsen zusammen mit André Falke gesehen?« Pia merkte, wie sich ihr Pulsschlag erhöhte.
»Nicht nur gesehen. Jannek hat zu mir gesagt, dass sie in aller Öffentlichkeit miteinander herumgeknutscht haben. Tizia und Monas Sohn. Dabei kommt es mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass die kleine Tizia auf ihrem Pony von Enno durchs Dorf geführt worden ist.«
Als sie sich kurz darauf verabschiedeten, fiel Pia noch etwas ein. »Das Feld vor der Kurve, dort, wo Sie Bert Seesen gefunden haben, gehört das auch zu Ihrem Land?«
»Nein. Der Schlag gehört zum Seesen-Hof. Warum fragen Sie?«
»Hat das Feld einen Namen?«
»Sie nennen es Himmelshorst.«
Pia und Broders standen am nächsten Vormittag wieder in der Küche der von Alsens und sahen auf Tizia herunter, die, nur mit Shorts und einem Trägertop bekleidet, am Tisch hockte. Sie sah noch dünner und durchscheinender aus, als Pia sie in Erinnerung hatte.
Carola von Alsen hatte sie im Kommissariat angerufen und ihnen mitgeteilt, dass ihre Tochter noch nicht wieder zur Schule gegangen sei. Sie könnten sich nun mit ihr unterhalten. Und auch ihrer Schwiegermutter gehe es viel besser als am Vortag.
Tizia tat so, als interessierte sie die Anwesenheit der zwei Polizisten überhaupt nicht. Sie hatte einen Becher Quark vor sich stehen, den sie andächtig und mit größter Konzentration in sich hineinlöffelte.
»Ist das dein Frühstück oder dein Mittagessen?«, fragte Broders. Es war nicht gerade die taktisch klügste Gesprächseröffnung.
»Ist doch egal. Das ist Low Carb – keine Kohlenhydrate. Die machen einen nur fett.«
Pia, die eigentlich damit zufrieden war, wieder so viel zu wiegen wie vor Felix’ Geburt, fühlte Tizias kritischen Blick auf sich ruhen. »Wie gut kanntest du Mona und André Falke?«, fragte sie.
»Mona war unsere Nachbarin. Aber ich mochte sie nicht.«
»Weshalb?«
Tizia rollte mit den Augen. Ihrem Benehmen nach war sie eher zwölf als siebzehn. Sie tippte sich an die Stirn. »Immer nur den Dreck anderer Leute wegmachen. Das ganze Leben lang. Und was ist der Dank?«
Etwa, im eigenen Haus ermordet zu werden?
»Glaubst du, Mona Falkes Ermordung hat etwas damit zu tun, wie sie gelebt hat?«, hörte Pia Broders fragen. Womit denn sonst? Trotzdem war Pia auf Tizias Antwort gespannt.
»Ich glaub jedenfalls nicht, dass da nur so ’n Irrer vorbeigelatscht
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