Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
Stallarbeit hätte, wäre mir im Traum nicht eingefallen. Melanie sah mich erwartungsvoll an, aber ich blieb stumm. Henning räusperte sich kurz.
„Vera ist hier auf dem Hof groß geworden. Sie kennt vermutlich jeden Steine und jede Spinne, die sich hier breitmacht.“
Ich unterbrach Henning, sonst würde er vielleicht noch zu viel erzählen. „Ja, ich kenne mich mit Pferden und der Arbeit auf dem Hof aus. Ich habe meinem Vater früher geholfen, und Herr Sander würde mir den Job bestimmt nicht überlassen, wenn er nicht sicher wäre, dass ich die Arbeit leisten kann. Oder zweifelst du an dem Urteil von Herrn Sander?“
Meine letzten Worte waren hart gewählt, aber ich wollte sichergehen, dass ich die volle Autorität im Stall hatte. Melanie sollte das Training der Pferde übernehmen, so war mein Plan. Dennoch, sie war jung, und ich musste mir sicher sein, dass sie sich an meine Anweisungen hielt. Es war selbstverständlich, dass ich mich für das Wohlergehen aller Pferde verantwortlich fühlen würde, solange sie mir anvertraut waren.
Eine feine Röte überzog Melanies Gesicht. Gut, die Rollen waren geklärt. Hennig zog die Augenbraue hoch und sah mich intensiv an. Ich ignorierte ihn. Ab sofort wurde nach meinen Regeln gespielt.
„Frau Kamphoven besitzt mein volles Vertrauen, Melanie, du kannst dich mit allen deinen Fragen an sie wenden.“
Lügner, dachte ich grimmig. Aber hätte ich die Diskussion mit ihm nicht vorher gehabt, hätte ich ihm seine Worte glatt abgekauft.
„Gut, ihr könnt dann alles Weitere später miteinander klären. Ich muss jetzt los.“
Ich nickte Melanie kurz zu und folgte Henning. Mein Zittern hörte auf, als wir aus dem Stall waren. Es würde ein hartes Stück Arbeit für mich werden. Schweigend gingen wir zu seinem Auto. Ich stieg ein und schnallte mich an. Er fuhr los.
Im Auto blieb es still. Wir hingen beide unseren Gedanken nach. Ich begann, einen Zeitplan aufzustellen. Wir hatten zwanzig Boxen im Stall. Es gab also genügend Platz, sodass ich Melanie die Pferde in neue Boxen bringen lassen konnte. Dann war erst mal eine gründliche Reinigung notwendig, der Geruch des Ammoniaks hing mir immer noch in der Nase. Der Zustand des Hofs war unglaublich. Ich spürte einen Kloß in meinem Hals und schob den Gedanken schnell wieder weg. In jedem Fall wollte ich zu Papa ins Krankenhaus. Außerdem müsste ich mit Melanie einen Trainingsplan für die Pferde aufstellen. Dafür musste ich aber erst noch mehr über die Pferde wissen.
„Woran denkst du?“
Ich zuckte erschrocken zusammen. Wir standen vor der Garage, die zu dem Anwesen der Familie Sander gehörte. Die Garage war ein lang gezogenes Gebäude, in dem mehrere Fahrzeuge Platz fanden. Ich hob die Achseln, weil ich keine Lust hatte, auf die Frage zu antworten.
„Ich lasse den Vertrag vorbereiten, du bekommst ihn dann nach Haus geschickt. Du bist doch nicht noch woanders an einen Arbeitsvertrag gebunden?“
„Nein. Allerdings brauche ich keinen Vertrag von dir. Ich bin nicht eure Angestellte. Damit das klar ist: Ich mache das nur so lange, bis…“ Ich brach ab. Ja, wie lange wollte ich das machen? Bis Papa wieder gesund war? Bis Henning einen Ersatz gefunden hatte?
„Das geht nicht. In solchen Dingen gehe ich kein Risiko ein. Entweder du machst es als Angestellte, oder wir lassen die ganze Sache.“ Er sah mich mit schmalen Augen an.
„Du brauchst jemanden für den Hof, vergessen?“ Meine Arme verschränkten sich vor meiner Brust. Mir gefiel die Vorstellung nicht, wieder bei den Sanders angestellt zu sein. Ich hatte das unbestimmte Gefühl eines Pferdes, das sich in der Weite der Prärie unbändig frei bewegen möchte, um dann festzustellen, dass ihm ein Gebiss im Maul lag und es einen Reiter auf dem Rücken trug.
„Faktisch gesehen, liebe Vera, bist du die ganze Zeit über Angestellte auf unserem Hof, dein Arbeitsverhältnis ruht lediglich.“
Ich starrte ihn verwirrt an.
„Du hast nie gekündigt. Und wir haben das ebenfalls nicht. Es ist also lediglich eine kleine Formalität, dass du deinen Job wieder aufnimmst.“ Damit war für ihn die Angelegenheit erledigt. Ich starrte ihn fassungslos an, der Reiter auf meinem Rücken hatte die Zügel angezogen. Schluss mit der Freiheit.
Henning holte aus seiner Geldbörse eine Karte hervor. Er nahm einen Kuli aus dem Seitenfach seiner Autotür und begann, eine Nummer zu notieren. Dann reichte er mir die Karte. Seine Name und die Geschäftsdaten standen darauf, von Hand
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