Dunkle Gefährtin
konnte, fortan sehr viel distanzierter würde.
»Ich wünsche dir alles Gute.«
»Danke«, sagte Samantha. »Und ich behalte dein Angebot im Kopf. Man kann ja nie wissen.«
»Stimmt, kann man nicht.« Septimus verneigte sich elegant und ging.
In dem Schlafzimmer zu übernachten, in dem die vorherige Matriarchin ermordet worden war, kam nicht in Frage. Deshalb suchte sie sich eines der Gästezimmer im zweiten Stock aus, wo sie staunend beobachtete, wie eine der Bediensteten ungefähr ein Dutzend versteckte Kameras und Wanzen entfernte, ehe sie Samantha hineinließ. Anscheinend hatte die Matriarchin ihre Gäste gern ausspioniert. Nachdem die Frau gegangen war, überprüfte Samantha das Zimmer selbst noch einmal, um sich zu vergewissern, dass auch wirklich
alle
Überwachungsgeräte weg waren.
Dann wünschte sie Flavia gute Nacht und zog sich zurück. Sie verzichtete dankend, als ihr die Bediensteten anboten, ihr beim Auskleiden und Zubettgehen behilflich zu sein, denn sie wollte und musste endlich allein sein.
Als sie gerade alle Lichter gelöscht und sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen hatte, hörte sie, wie die verriegelte Tür hinter ihr geöffnet wurde. Im nächsten Moment fühlte sie eine vertraute Wärme hinter sich, und gleich darauf legten sich große Hände auf ihren Bauch, der nur noch von einem dünnen Hemdchen bedeckt war.
»Ich hoffe, das bist du, Tain«, flüsterte sie in die Dunkelheit.
»Ist das deine Vorstellung von Sicherheit, den Eindringling zu fragen, ob er derjenige ist, den du erwartest?«
Sie lehnte sich an seinen festen Körper, der fühlbar angespannt war. »Hier ist sonst keiner, dessen Lebensmagie so knistert wie deine.«
Obwohl sie todmüde war, reagierte sie sofort, als sie seine Lippen an ihrem Nacken spürte. Hitze brach zwischen ihren Schenkeln aus, und ihre Brüste wurden merklich schwerer. Ja, sie begehrte ihn, und nicht bloß wegen seiner Lebensessenz.
»Reden wir jetzt?«, flüsterte sie. »Erzählst du mir, was du die letzten vier Tage Abenteuerliches unternommen hast?«
»Noch nicht.«
Einerseits konnte sie es gar nicht erwarten zu hören, wo er gewesen war und was er gemacht hatte, andererseits fragte sie sich, ob es nicht vielleicht besser war, wenn er ihr nichts davon sagte.
»Keine Frage nach meinen Gefühlen«, warnte er, »keine Gespräche über Dämonen, keine Überlegungen, was die Zukunft bringt!«
»Nein?« Sie schloss die Augen und genoss das Feuer, das er in ihrem Innern entfachte. »Und worüber reden wir dann?«
»Über dich und mich.«
Ihr wurde ein bisschen mulmig, fürchtete sie doch, dass er ihr wieder einmal erklärte, warum er nicht bei ihr bleiben konnte. »Und worüber genau?«
»Darüber, dass ich dich so sehr begehre, dass ich ganz verrückt werde.«
Er schob die Spaghettiträger ihres Hemdchens über ihre Schultern und Arme hinunter. Als er abermals ihren Hals küsste, fühlte sie das leichte Kratzen seiner Bartstoppeln.
»Du musst mir sagen, was passiert ist, wo du warst. Ich halte es nicht aus, nichts zu wissen.«
Tain erstarrte. In dem großen Standspiegel an der gegenüberliegenden Wand konnte sie ihn sehen. Er hatte sein Jackett ausgezogen und die Krawatte abgenommen, so dass sein weißes Hemd ein blasser Fleck im Dunkeln war.
»Ich dachte, du wärst froh, mich eine Weile los zu sein«, raunte er.
»Ich hatte Angst.«
»Hunter hätte dich vor jeder Gefahr beschützt, ebenso wie Leda und ihr Hauslöwe.«
»Ich meinte, ich hatte Angst um dich. Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht, dass es dir schlecht geht … und dass du nie wiederkommst.«
Wieder küsste er ihren Hals. »Ich war auch kurz davor, wieder durchzudrehen.«
»Bitte, erzähl mir, was geschehen ist!«
»Ich war bei Adrian.«
»Deinem ältesten Bruder? Dem Unheimlichen mit der Schlange?«
»Ja, bei dem.«
»Du warst in Seattle?« Samantha schalt sich im Geiste, weil sie klang, als würde sie ein Verhör führen, aber wenn sie eines über Tain gelernt hatte, dann, dass sie ihm alle Informationen Bröckchen für Bröckchen entlocken musste.
»Wir haben uns in der Wüste östlich von hier getroffen. Dort gibt es ein Kloster, sehr ruhig und geschützt, keine Todesmagie. Adrian hatte mir gesagt, falls ich das Gefühl hätte, die Kontrolle zu verlieren, sollte ich dorthin gehen.«
Samantha hatte von dem Kloster weit draußen am Fuß eines Wüstengebirges gehört. Es lag am Ende einer gewundenen ungepflasterten Straße und stammte aus dem achtzehnten
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