Dunkle Sehnsucht
auszuprobieren, nicht wahr?«, fügte er hinzu.
»Das hast du gewusstl «, rief ich und war mir nicht sicher, was ich erstaunlicher finden sollte: die Tatsache, dass Mencheres über meine Fähigkeiten Bescheid wusste, oder dass er sie mich ausprobieren ließ, ohne Bones etwas zu verraten.
»Hast du es gesehen?« Wie schön, vielleicht hatte er ja das zweite Gesicht zurückerlangt ...
Der Blick, den Mencheres mir - und, wie ich feststellte, auch Vlad - zuwarf, sprach Bände. »Nein. Aber ich habe euch heute Morgen ebenfalls reden hören, sodass ich keine hell-seherischen Fähigkeiten brauchte, um zu wissen, was Vlad tun würde, wenn man ihm genug Zeit mit dir allein lässt.
Der Charakter einer Person ist manchmal aufschlussreicher als jede Zukunftsvision.«
Vlad ließ ein überraschtes Kichern hören. »Du hast mich reingelegt, du Fuchs! Da dachte ich, ich wäre schlauer als du, dabei hast du mich ausgetrickst.«
Mencheres schenkte ihm ein spitzbübisches Grinsen. Verblüfft starrte ich ihn an. Ich hatte den stets so reservierten Mega-Meister noch nie so schalkhaft erlebt.
»Du vergisst, dass ich es war, der dir deine Tricks erst beigebracht hat, Vlad. In ein paar Jahrhunderten bist du vielleicht so weit, dass du mich überlisten kannst, aber jetzt noch nicht.«
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder mir zu, und sein Gesicht wurde wieder ernst. »Du hast dich offenbar verletzt, aber ist es dir gelungen?«
Ich warf Vlad einen Blick zu, bevor ich antwortete, und stellte am Kräuseln seiner Lippen fest, dass er die Details unseres Erfolges lieber unerwähnt lassen wollte.
»O ja. Blut ist der Schlüssel. Das hätte ich wissen können, was? Bei den Untoten geht es immer um Blut. Vampire er-nähren sich davon, und für die Ghule ist es auch wichtig, weil man zur Erschaffung eines Ghuls zwar ein Ghul-Herz transplantieren muss, vorher und nachher aber noch Vampirblut braucht.«
Und durch Blut hatte auch Marie ihre Kräfte erlangt. Sie war eine zur Ghula gewordene Mambo, deren Fähigkeiten durch die Verwandlung dauerhaft erhalten geblieben waren.
Wenn ich so zurückdachte, hätte ich wirklich gleich darauf kommen müssen.
Andererseits , mischte sich mein Verstand ein, ist es Vlad auch nicht aufgefallen, und der hat in solchen Sachen immerhin sehr viel mehr Erfahrung als du. Vielleicht sollte ich einfach aufhören, mir Vorwürfe zu machen und akzeptieren, dass man es im Nachhinein immer besser wusste.
»Wir wissen jetzt, wie es funktioniert, aber mir geht es elend«, fuhr ich fort. »Mir ist so kalt, dass mir die Zähne klappern würden, wenn sie noch könnten. Und meine Gier ist noch immer so groß, dass ich allmählich richtig scharf auf euch werde.«
Vlads Lippen kräuselten sich. »Kommt jetzt der Teil, wo ich dich daran erinnern soll, dass da nur die Restenergie aus dir spricht und du Bones gar nicht betrügen willst?«
»Nicht diese Art von Gier!«, keuchte ich, entsetzt, weil Vlad dachte, ich hätte vor, mal eben so mir nichts dir nichts einen flotten Dreier mit ihm und Mencheres zu schieben.
»Ich meinte, dass ich gierig auf euer Blut bin. Nicht auf ...
ihr wisst schon.«
Unwillkürlich ging mein Blick zu den betreffenden Körperstellen und huschte dann schnell wieder weg, als mir mein Missgeschick auffiel. Meine Wangen prickelten vor Scham, als Vlad lange und herzhaft lachte. Der höflichere Mencheres tat, als fände er den Türrahmen plötzlich ungeheuer faszinierend, aber ich sah, wie seine Lippen zuckten.
»Meine liebe Gevatterin«, meinte Vlad noch immer lachend. »Hast du uns gerade abgecheckt ...«
»Nein!«, rief ich sofort und sprintete fast Richtung Treppe. »Ich bin müde und noch benommen von den Restwesen, und ... Ach, scheiß drauf, ich nehm eine Dusche. Keine kalte Dusche natürlich, die brauche ich nämlich nicht...« O Jesus, ich machte es immer schlimmer. »Ich meine, mir ist ja schon kalt, und ich muss mich anheizen. Ich meine aufwärmen.
Ach, halt einfach die Klappe!«
Vlads Gelächter begleitete mich die Treppe hinauf. Wenigstens war er nach seiner Nahtoderfahrung inzwischen wieder besser drauf, auch wenn seine Erheiterung auf meine Kosten ging. Arroganter Rumäne. Ich hatte gar keinen Blick auf seine oder - Gott bewahre! - Mencheres' Kronjuwelen werfen wollen. Die beiden trugen ja nicht mal enge Hosen, sodass es eh nichts zu sehen gab.
Allein der Gedanke ließ mir wieder die Wangen prickeln.
Grundgütiger, ich musste wirklich fix und fertig sein, sonst wäre mir so
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