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Dunkle Sehnsucht

Dunkle Sehnsucht

Titel: Dunkle Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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zurückerlangt.«
    »Ganz recht.« Er kam auf mich zugeschlendert und strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Wir haben noch Zeit, uns frisch zu machen und umzuziehen, aber mach es dir nicht zu gemütlich. Wir gehen aus.«
    Ich runzelte die Stirn. »Ich dachte, wir treffen uns erst morgen Abend mit Marie.«
    »Stimmt.« Bones hauchte mir einen ganz leichten Kuss auf die Lippen. »Für heute haben wir andere Pläne.«
    Ich sah auf den Fluss tief unter mir hinab und fragte mich, ob das ein Witz sein sollte. Die Brücke, auf der ich stand -
    sie war noch im Bau, sodass kein Verkehr darauf herrschte -, schwankte leicht im Wind; vielleicht kam mir das aber auch nur so vor, weil ich die Verstrebung, an der ich stand, so fest umklammerte.
    »Wie bitte?«, rief ich zu Bones hinunter. Er stand am Fuß der Brücke, wohin er geflogen war, nachdem er mich mit einer Anweisung, die ich falsch verstanden haben musste, auf dem vorspringenden Balken zurückgelassen hatte.
    »Spring«, sagte er noch einmal. Nein, ich hatte ihn doch nicht missverstanden.
    Ich warf noch einen Blick auf die strudelnden Fluten des Mississippi unter mir. »Wenn das deine Art ist, mir zu sagen, dass du die Scheidung willst ...«
    »Du kannst beim besten Willen nicht ertrinken«, gab er amüsiert zurück. »Du bist schon seit fast einem Jahr nicht mehr aufs Atmen angewiesen. Jetzt hör auf zu trödeln und spring. Das ist die beste Art, fliegen zu lernen.«
    »Für mich hört sich das eher an wie die beste Art, fallen und schreien zu lernen.«
    Er packte zwei der metallenen Träger unter dem Abschnitt, auf dem ich stand, und rüttelte daran. Die entstehenden Vibrationen waren so stark, dass ich aufschrie und die Verstrebung neben mir so fest umklammerte, dass sie knarzte.
    Mistkerl. Er wusste doch, dass ich Höhenangst hatte.
    »Ghule können nicht fliegen, sodass Vampire, die über diese Fähigkeit verfügen, ihnen gegenüber einen großen Vorteil haben«, rief er zu mir empor. »Ich will, dass du fliegen kannst, bevor wir uns morgen Abend mit Marie treffen, falls wir uns schnell vom Acker machen müssen. Du bist schon zweimal geflogen, also kannst du es.«
    »Ich bin nicht geflogen, nur sehr hoch gesprungen«, korrigierte ich ihn, mich noch immer aus Leibeskräften fest-klammernd. »Ich weiß nicht mal, wie ich es gemacht habe.«
    »Der Stress hat deine Instinkte zutage gefördert. Ein Sturz aus dieser Höhe sollte das gleiche Maß an Stress ver-ursachen und deine Instinkte ein zweites Mal hervorkit-zeln«, antwortete er so gelassen, dass es schon fast unfair war. »Na los, Kätzchen, spring. Sonst werfe ich dich runter.«
    »Wenn du das machst, blickst du einer äußerst enthalt-samen Zukunft entgegen, Bones!«
    Dem Kräuseln seiner Lippen nach zu schließen, beein-druckte ihn das keineswegs. »Dann muss ich eben noch flei-
    ßiger daran arbeiten, dich umzustimmen, und du weißt ja, wie sehr ich meine Arbeit liebe. Und jetzt hör auf, Zeit zu schinden. Wenn du in fünf Minuten noch da oben stehst, schmeiße ich dich runter.«

    Ganz langsam löste ich meine verkrampften Finger von der Verstrebung. Bones würde genau das tun, was er gesagt hatte, und wie ich ihn kannte, hatte er mit dem Countdown schon begonnen. Mein Verstand sagte mir, dass er recht hatte und ich wirklich fliegen lernen sollte - und draufgehen konnte ich bei dem Sprung ja wirklich nicht, selbst wenn ich bäuchlings in den Mississippi klatschte. Aber ich verfluchte Bones trotzdem, während ich von der Verstrebung, an der ich mich festgeklammert hatte, abrückte.
    »Hinterhältiger, manipulativer, skrupelloser Blutsauger ...«
    Ein Kichern drang zu mir herauf. »Schon Bettgeflüster?
    Du machst mich noch hart, bevor wir zurück im Hotel sind.«
    »Na ja, dann hoffe ich mal, du freust dich darauf, dir heute Abend allein einen von der Palme zu wedeln!«, zischte ich.
    Er lachte nur noch lauter. »Wirklich, Süße, ich bin beeindruckt. Von wem hast du bloß so derbe Ausdrücke gelernt?«
    Ich stand etwa einen Meter entfernt von der Verstrebung, an der ich mich festgeklammert hatte, nirgends gab es mehr einen Halt, und allein mein Gleichgewichtssinn verhinderte, dass ich in die dunklen Fluten unter mir stürzte. Junge, das war wirklich tief.
    »Von Spade. Er hat Denise geholfen, ihr britisches Slang-Vokabular aufzupolieren.«
    »Ach daher. Nur noch drei Minuten, Kätzchen.«
    Ich konzentrierte mich auf die Lichter der Stadt, die mir von jenseits der Brücke her zuzwinkerten, und versuchte, mich

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