Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)
danke
Ihnen trotzdem. Seit wann kennen Sie Adam Dyzek?«
»Als Student
hat er für meinen Vater die Computer gewartet. Wenn ich Probleme mit meinem Rechner
hatte, konnte ich mich an Dyzek wenden. Seit Kurzem lebt er wieder in Deutschland.
Ist Ihnen bekannt, aus welchem Grund er sein Weingut in Südafrika verlassen hat?«
»Nein, das
weiß ich nicht«, räumte sie ein.
Er wandte
sich vom Wasser ab und hielt auf eine Bank zu. »Lassen Sie uns in den Schatten gehen.
Ich bin mit verschiedenen südafrikanischen Winzern befreundet und habe mich erkundigt.
Aus freien Stücken hat Dyzek Südafrika nicht verlassen.«
Halvard
setzte sich und schlug die Beine übereinander. Ungeachtet der sommerlichen Mittagshitze
trug er erdfarbene Cordhosen im Stile britischer Landjunker und dazu ein blaues
Leinenhemd, das dank seiner edlen Schlichtheit vermutlich sündhaft teuer gewesen
war. Die rustikalen Lederschuhe und Halvards Art, die Hemdsärmel lässig aufzukrempeln,
ließ sie an Timon Frywaldt denken. Sie verscheuchte den Gedanken an den gekränkten
LKA-Mann und nahm an Halvards Seite Platz.
»Was ist
mit Adam Dyzek geschehen? Warum musste er raus aus Südafrika?«
Halvard
zupfte den Cordstoff über dem Knie glatt. »Auf Dyzeks Weingut gab es ein Feuer.
Das Wohnhaus ist abgebrannt. Bis auf die Grundmauern.«
»Und die
Ursache?«
Halvard
hob die Schultern. »Man sagt, er hatte Schulden. Und zwar nicht zu knapp.«
»Also möglicherweise
Brandstiftung?«
»Wie auch
immer. Man konnte ihm nichts nachweisen. Er zog es vor, das Geld von der Versicherung
zu kassieren und das Land zu verlassen.«
»Das sieht
nach Flucht aus.«
»Oder nach
Verzweiflung.«
»Wie meinen
Sie das?« Norma horchte nach oben. In der Platanenkrone kreischten die Sittiche.
Halvards Antwort ließ sie den Krach über sich vergessen.
»Adam«,
sagte er und nannte Dyzek zum ersten Mal beim Vornamen, »Adam hatte Familie. Eine
Frau und eine kleine Tochter. Sie waren im Haus, was er nicht wusste. Beide verbrannten
vor seinen Augen.«
33
Er habe etwas mitgebracht, verkündete
Harry Halvard, als sie zurück im Hof waren, und öffnete den Kofferraum, in dem sich
Weinkartons stapelten. Eilfertig riss er mehrere Schachteln auf und sortierte die
Flaschen in einem leeren Karton hin und her, bis er mit der Zusammensetzung zufrieden
war.
»Der Wein
wird Ihnen schmecken, Frau Tann. Riesling der Qualität ›Erstes Gewächs‹ und andere
Kostbarkeiten des Rheingaus.«
Norma hatte
sich mit dem Kater beschäftigt, der herangekommen war und nun unter ihren Wagen
kroch, der neben Halvards Limousine wie ein Spielzeugauto wirkte. »Das kann ich
nicht annehmen, Herr Halvard!«
»Selbstverständlich
können Sie das«, widersprach er unbekümmert. »Mir ist es unmöglich, all den Wein
selbst zu trinken, den die Winzer mir mitgeben. Zum Probieren bleibt genug übrig.
Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Freuen Sie sich einfach darüber. Meinen
Vater werde ich auch noch versorgen. Seine Kellerregale sind proppenvoll, aber er
freut sich wie ein Kind über jede neue Flasche.«
»Ihr Vater
hat Anfang des Jahres 1987 das Weingut Bennefeld gekauft. Aber selbst hat er nicht
dort gewohnt, oder? Es ist ein doch repräsentatives Anwesen.«
Die Übernahme
des Weinguts sei ein Akt des Mitleids gewesen, um Karl Bennefeld unter die Arme
zu greifen – was dieser völlig falsch verstanden habe. Bewirtschaftet wurde es von
einem Verwalter, erklärte Halvard. »Mein Vater liebt sein 60er-Jahre-Haus, weil
er es von seinem ersten selbst verdienten Geld gebaut hat. Damals waren die Grundstück
in der Edvard-Grieg-Straße noch erschwinglich.«
Norma kannte
die Straße, die im Komponistenviertel lag, eine der bevorzugten Wiesbadener Wohnlagen.
Ruhig, grün, zentrumsnah. Genau dort, wo alle wohnen wollten. Das Grundstück musste
inzwischen ein kleines Vermögen wert sein.
Halvard
grinste, als habe er ihre Gedanken erraten. »Immer wieder klopft ein Makler bei
ihm an und rät ihm, das Häuschen abzureißen und den Garten mit einem Wohnblock zu
bebauen. Darauf wird Onno sich niemals einlassen. Und ich wäre auch dagegen. Ich
bin dort aufgewachsen, und meine Mutter ist in diesem Haus gestorben.«
»Das tut
mir leid.«
Er zuckte
mit den Schultern. »Meine Mutter hatte ein Herzleiden. Ihr Tod war tragisch. Ja,
mein Vater hat mich allein aufgezogen. Alleinerziehend, nur nannte man das damals
nicht so.«
»Sie haben
für das Weingut Medzig gearbeitet. Warum sind Sie nicht Winzer
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