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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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sich im Ernstfall verpflichtet fühlen, auch das Leben eines Nicht-Versicherten zu retten. Ich bin Detektiv, wie Ihnen bekannt ist. Und damit hin und wieder ebenfalls ein Lebensretter. Ich habe schon Leute gerettet, die ich lieber in der Hölle gesehen hätte.«
    »An Ihrer Stelle«, meinte Anna, »würde ich mich um das eigene Leben kümmern.«
    »Ich gebe zu, die Situation ist vertrackt. Wenn Sie Janota töten, werden Sie kaum darauf verzichten können, mir das gleiche anzutun.«
    »Das ist leider richtig.«
    »Vorher sollten wir uns aber noch über Klosterfrau Melissengeist unterhalten.«
    »He?« Anna verengte ihre Augen und rückte mit dem Lauf näher an Janota. Nicht, daß sie ihn jetzt noch hätte verfehlen können. Nicht einmal sie. Aber sie wollte bekunden, sich keinesfalls zum Narren halten zu lassen.
    »Ich spaße nicht«, sagte Cheng. Und ging sogleich aufs Ganze: »Was hat Kurt Smolek mit alldem zu schaffen? Ich sagte Kurt Smolek .«
    Nicht, daß Anna Gemini ihre Waffe senkte. Aber erstens zog sie den Pistolenlauf wieder ein wenig zurück und außerdem wandte sie ihren Blick – der bisher zweigeteilt gewesen war – vollständig Cheng zu. Zudem schien sie mit einem plötzlichen Ruck geschrumpft zu sein, so, als hätte jemand die Absätze ihrer Schuhe angesägt. Ein Entsetzen, winzig, aber markant, stand in ihrem Gesicht, als sie jetzt fragte: »Woher haben Sie diesen Namen?«
    »Herr Smolek scheint mir ein sehr aktiver Mann zu sein, der für verschiedene Leute arbeitet. Für die Gemeinde Wien, das ist bekannt. Aber auch für dieselben Herrschaften, die mich beauftragt haben, Gudes Tod zu untersuchen.«
    »Nonsens!«
    »Kein Nonsens«, widersprach Cheng. Und argumentierte:
    »Warum, denken Sie, bin ich so rasch auf Sie gestoßen? Smolek hat mich geradewegs auf Ihre Person hingeführt. Ohne natürlich davon zu sprechen, Sie zu kennen. Darauf hat mich erst Ihr Sohn gebracht.«
    Cheng beschrieb, wie sein lautstarker, Smolek gewidmeter Fluch von Carl mit der deutlich gesprochenen Nennung jenes stark duftenden Destillats aus dreizehn Kräutern kommentiert worden war. Was wiederum ihn selbst, Cheng, endlich hatte erkennen lassen, woran Kurt Smoleks Geruch ihn erinnerte.
    »Und daraus konnten Sie schließen …?« Anna war verblüfft.
    »Die Bestimmtheit Ihres Sohns fand ich sehr überzeugend. Aber natürlich war das nur so ein Gedanke gewesen. Ein guter Gedanke freilich. Denn immerhin scheine ich recht zu behalten. Sie kennen Smolek.«
    »Das ist richtig. Ich kenne ihn. Dachte ich. So wie ich dachte, er stehe auf meiner Seite.«
    »Er dürfte auf mehreren Seiten stehen«, vermutete Cheng.
    »Jedenfalls wollte er, daß ich Sie finde. Was er sonst noch will, weiß ich leider nicht. Fürchte aber, daß wenig Gutes für uns dabeisein wird. Für uns alle.«
    »Kann ich erfahren«, mischte sich Janota in der Art eines brav aufzeigenden Schulkindes ein, »was das mit mir zu tun hat? Ich habe nie von einem Smolek gehört. Und kann mich auch nicht erinnern, diesem Botschafter, den man erschossen hat, begegnet zu sein. Das alles muß ein Mißverständnis sein. Ich bin der falsche Mann.«
    »Keine Angst, Herr Janota«, sagte Anna, »Sie sind schon der richtige. Denn ich arbeite … also ich arbeite für Ihre Frau. Und deren Großmutter. Sie haben einen schlechten Stand bei den Damen. Was Sie nicht wundern darf.«
    »Oh!« entfuhr es Janota. Es klang, als hätte er soeben ein Zeitloch verschluckt.
    »Und Smolek?« fragte Cheng. »Welche Rolle spielt er?«
    »Er ist der Vermittler. Und der Mann, der die Finanzierung organisiert.«
    »Wie? Er ist Ihr Manager?«
    »Wenn Sie es so ausdrücken wollen. Mitunter ist er das.«
    »Hat er Sie auch gemanagt, als es darum ging, Gude zu liquidieren?«
    »Ich weiß nichts von einem Gude«, sagte Anna Gemini. Und meinte sodann, wie um vom Thema abzulenken, sich den kleinen Gott Smolek, wie sie ihn gerne bezeichne, schwer als Agenten eines skandinavischen Geheimdienstes vorstellen zu können. Smolek sei viel eher sein eigener Geheimdienst.
    »Da könnten Sie recht haben. Ein durchtriebener Mensch, Ihr kleiner Gott«, urteilte Cheng und nahm auf einem von den Maiglöckchensesseln Platz. Wobei er um ein Vielfaches gelöster anmutete als Janota. Er setzte seinen linken Knöchel auf sein rechtes Knie, als hebe er einen kleinen Vogel in eine Babywippe, und erklärte nun, überzeugt zu sein, daß es ganz im Sinne Smoleks wäre – und nur in seinem! –, wenn es hier und jetzt zu einer

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