Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Jahre alt, das Verschmelzungskind von Holzschnitzer mit zwei von seinen Strategen. In seinen jungen Jahrzehnten hatte Feilonius die Holzmühlen der Stadt geleitet. Unter anderem hatte er ein paar kluge Verbesserungen für Wasserräder erfunden. Feilonius hatte seine eigenen romantischen Beziehungen gehabt – größtenteils mit Politikern und Rednern. Immer stärker hatten seine Ersatzglieder in ihm die Neigung zur Öffentlichkeit verstärkt. Seit dreißig Jahren war er eine der stärksten Stimmen in Holzschnitzers Rat, seit zehn Reichskämmerer. In beiden Rollen hatte er sich für die Zünfte und für wohlgeordneten Handel eingesetzt. Es gab Gerüchte, wonach für den Fall, dass Holzschnitzerin abdanken oder zur Gänze sterben würde, Feilonius der nächste Ratsfürst wäre. Viele hielten das für das Beste, was man aus solch einer Katastrophe machen könnte – obwohl Feilonius’ hochtönende Reden schon immer die Geißel des Rates waren.
    So sah die Öffentlichkeit Feilonius. Jeder, der sich in Dingen der Sicherheit auskannte, konnte außerdem erraten, dass Feilonius Holzschnitzerins Spione führte. Zweifellos hatte er Dutzende von Informanten in den Mühlen und auf den Docks. Doch jetzt wusste Schreiber, dass sogar das nur Tarnung war. Man stelle sich vor – Agenten im inneren Kreis der Flenseristen zu haben, ihre Pläne zu kennen, ihre Ängste, ihre Schwächen, und sie beeinflussen zu können! Feilonius war einfach unglaublich. Reuevoll musste Schreiber den mächtigen Genius des anderen anerkennen.
    Und dennoch…, dieses Wissen bürgte nicht für den Sieg. Nicht alle Pläne der Flenseristen konnten direkt von der Spitze aus gelenkt sein. Manche Operationen des Feindes auf unteren Ebenen wurden vielleicht ohne deren Wissen und recht erfolgreich durchgeführt… und es bedurfte nur eines einzigen Pfeils, um Johanna Olsndot gänzlich zu töten.
    Hier war Schreiber Yaqueramaphans Gelegenheit, seinen Wert zu beweisen.
    Er bat darum, in die Außenmauer der Burg ziehen zu dürfen, in den dritten Stock. Es war nicht schwer, die Erlaubnis zu bekommen; seine neue Wohnung war kleiner, mit grob gepolsterten Wänden. Eine einzige Schießscharte erlaubte einen wenig erbaulichen Blick über das Vorfeld der Burg. Für Schreibers neuen Zweck war der Raum bestens geeignet. Die nächsten paar Tage wendete er daran, durch die Wachgänge zu schleichen. Die Hauptmauern waren von Tunnels durchzogen, fünfzehn Zoll breit und dreißig hoch. Schreiber konnte fast jeden Ort der Mauer erreichen, ohne von außen gesehen zu werden. Er trottete im Gänsemarsch von einem Tunnel in den nächsten und tauchte nur für ein paar Augenblicke auf einem Wall auf, um von Mauerzacke zu Schießscharte und zur nächsten Mauerzacke zu huschen, bald hier, bald da mit einem Kopf hervorlugend.
    Natürlich traf er auf Wachposten, aber Yaqueramaphan hatte die Genehmigung, sich in den Mauern aufzuhalten…, und er hatte den Zeitplan der Wachen studiert. Sie wussten, dass er in der Nähe war, doch Schreiber war sich sicher, dass sie keine Ahnung vom Ausmaß seiner Bemühungen hatten. Es war harte, kalte Arbeit, aber es lohnte sich. Schreibers großes Ziel im Leben war es, etwas Sensationelles und Wertvolles zu tun. Die Schwierigkeit bestand nur darin, dass die meisten von seinen Ideen so tiefgründig waren, dass andere Rudel – sogar Leute, die er ungeheuer schätzte – sie nicht verstanden. Das war das Problem mit Johanna gewesen. Nun, noch ein paar Tage, und er könnte zu Feilonius gehen, und dann…
    Während er um Ecken und durch Schlüssellöcher spähte, saßen zwei von Schreiber da und machten Notizen. Nach zehn Tagen hatte er genug beisammen, um sogar Feilonius zu beeindrucken.
     
    Feilonius’ offizieller Wohnsitz war von Räumen für Assistenten und Wachen umringt. Das war nicht der Ort für ein geheimes Angebot. Außerdem hatte Schreiber mit dem direkten Herangehen schon früher Pech gehabt. Man konnte tagelang auf eine Audienz warten, und je geduldiger man war, je mehr man die Regeln achtete, um so weniger war man für die Bürokraten vorhanden.
    Aber Feilonius war manchmal allein. Da war dieser Eckturm auf der alten Mauer, auf der Waldseite der Burg… Spät am elften Tage seiner Nachforschungen begab sich Schreiber auf jenen Turm und wartete. Eine Stunde verging. Der Wind flaute ab. Schwerer Nebel zog sich vom Hafen herüber. Er quoll an der alten Mauer herauf wie träger Meerschaum. Alles wurde sehr, sehr still – wie immer im dichten Nebel.

Weitere Kostenlose Bücher