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Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
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entrüsteten Art hin und her schnellen. Er kollerte etwas, worin Johanna Ärger erkannte. Pilger kicherte und änderte die Stimme, sodass sie der des Sicherheitschefs glich: »Euer Majestät! Meine Kundschafter haben das Tal und den gegenüberliegenden Hang durchkämmt. Es besteht keine Gefahr.«
    »Du hast Wunder vollbracht, ich weiß, aber behauptest du allen Ernstes, dass du die gesamte Nordflanke erfasst hast? Die ist fünf Meilen entfernt, und ich weiß aus meiner Jugendzeit, dass es dort Dutzende von kleinen Höhlen gibt – du hast selbst diese Erinnerungen.«
    »Das hat gesessen!«, sagte Pilger lachend.
    »Lass sein. Übersetze einfach.« Sie war mittlerweile durchaus imstande, Körpersprache und Tonfall zu deuten. Manchmal ergaben sogar die Klänge der Klauensprache Sinn.
    »Hmp. Also gut.«
    Die Königin rückte ihre Babytaschen zurecht und setzte sich. Ihr Ton wurde versöhnlich. »Wenn das Wetter nicht so klar wäre oder wenn es Nächte gäbe, könnten wir es versuchen, aber… Du erinnerst dich an den alten Pfad? Zwanzig Meilen landeinwärts von hier? Er dürfte inzwischen zugewachsen sein. Und die Straße, die zurückführt, ist…«
    Kollern und Zischen von Feilonius, wütend. »Ich sage Euch, es ist sicher! Wir werden auf dem anderen Weg Tage verlieren. Wenn wir zu spät bei Flenser eintreffen, wird meine ganze Arbeit vergeblich gewesen sein. Ihr müsst hier vorangehen.«
    »Och«, wisperte Pilger, außerstande, sich einen kleinen Kommentar zu verkneifen. »Jetzt ist der alte Feilonius vielleicht zu weit gegangen.« Die Köpfe der Königin schwangen zurück. Pilgers Imitation ihrer menschlichen Stimme sagte: »Ich verstehe deine Besorgnis, Rudel von meinem Blute. Doch wir gehen dahin, wohin ich sage. Wenn das für dich unzumutbar ist, werde ich mit Bedauern deinen Rücktritt annehmen.«
    »Aber Ihr braucht mich!«
    »Nicht so sehr.«
    Plötzlich wurde Johanna bewusst, dass der ganze Feldzug an Ort und Stelle scheitern konnte, ohne dass auch nur ein Schuss abgefeuert wurde. Wo wären wir ohne Feilonius? Sie hielt den Atem an und beobachtete die beiden Rudel. Teile von Feilonius gingen rasch im Kreis und hielten für Augenblicke inne, um Holzschnitzerin wütende Blicke zuzuwerfen. Schließlich senkten sich alle seine Hälse. »Ähm. Ich bitte um Verzeihung, Euer Majestät. Solange Ihr mich nützlich findet, bitte ich, in Eurem Dienst bleiben zu dürfen.«
    Nun entspannte sich auch Holzschnitzerin. Sie streckte zwei Köpfe aus, um ihre Welpen zu streicheln. Sie hatten auf ihre Stimmung reagiert, in ihren Taschen gestrampelt und gezischt. »Gewährt. Ich möchte deinen unabhängigen Rat, Feilonius. Bisher war er wunderbar gut.«
    Feilonius lächelte schwach.
    »Ich hätte nicht geglaubt, dass der Trottel das fertig bringen würde«, sagte Pilger nahe bei Johannas Ohr.
     
    Sie brauchten zwei Tage, um den alten Pfad zu erreichen. Wie Holzschnitzerin vorausgesagt hatte, war er zugewachsen. Mehr noch: an manchen Stellen war überhaupt keine Spur von dem Pfad. Es würde Tage dauern, um auf diesem Wege ins Tal hinabzusteigen. Wenn Holzschnitzerin irgendwelche Bedenken wegen der Entscheidung hatte, so sagte sie nichts davon zu Johanna. Die Königin war sechshundert Jahre alt, sie sprach oft genug von der Unbeweglichkeit des Alters. Nun bekam Johanna ein anschauliches Beispiel, was das bedeutete.
    Wenn sie auf eine Wasserrinne stießen, wurden Bäume gefällt und auf der Stelle eine Brücke gebaut. Es kostete einen Tag, um jede solche Stelle zu passieren. Doch selbst wenn der Pfad noch vorhanden war, kamen sie quälend langsam voran. Niemand fuhr noch in den Wagen. Der Rand des Pfades war weggespült worden, und manchmal drehten sich die Wagenräder über dem Nichts. Zu ihrer Rechten konnte Johanna auf Baumkronen hinabblicken, die sich ein paar Meter neben ihren Füßen befanden.
    Auf die Wölfe trafen sie am sechsten Tag des Umwegs, als sie die Talsohle fast erreicht hatten. Wölfe. So nannte sie zumindest Pilger; für Johanna sahen sie wie Springmäuse aus.
    Sie hatten gerade eine leichte Wegstrecke von einem Kilometer zurückgelegt. Selbst unter den Bäumen spürten sie den Wind, der trocken und warm unablässig das Tal hinabwehte. Die letzten Fleckchen Schnee zwischen den Bäumen wurden weggesaugt, und über dem Nordhang des Tals stand eine Rauchwolke.
    Johanna ging neben Holzschnitzerins Wagen. Pilger war ungefähr zehn Meter weiter hinten und schwatzte gelegentlich mit ihnen. (Die Königin selbst war

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