Ein Feuer Auf Der Tiefe
überhaupt im Mittleren Jenseits eintrafen – selbst, wenn die Geschichten zu Beginn wahr gewesen sein sollten. Es heißt nicht umsonst das Netz der Million Lügen.«
Das Gesicht des Fremden verdüsterte sich. Er sagte laut und zornig etwas in einer Sprache, die fast in nichts an die Nyjora erinnerte. Die Töne sprangen auf und ab, fast wie das Zwitschern der Dirokime. Er zwang sich mit sichtlicher Anstrengung zur Beherrschung, doch als er fortfuhr, hatte sein Samnorsk einen noch stärkeren Akzent als zuvor. »Ja. Aber eins sage ich Ihnen. Ich habe den Untergang von Relais miterlebt. Die PEST übertrifft die schlimmsten Gräuel, die Sie jemals gehört haben. Die Ermordung von Sjandra Kei war ihr kleinster Nebeneffekt. Werden Sie uns gegen die Pestflotte helfen?«
Eignerin Limmende schob ihre massige Gestalt in ihr Sesselgespinst zurück. Sie schaute ihren Stabschef an, und die beiden unterhielten sich unhörbar. Kjets Blick wanderte an ihnen vorbei; das Steuerdeck des Flaggschiffs erstreckte sich ein Dutzend Meter hinter Limmende. Subalterne Offiziere bewegten sich lautlos hin und her, manche verfolgten das Gespräch. Das Bild war scharf und deutlich, doch wenn sich die Gestalten bewegten, taten sie es unbeholfen wie Karikaturen. Und manche Gesichter gehörten Leuten, die, wie Kjet wusste, vor dem Untergang von Sjandra Kei auf andere Schiffe versetzt worden waren. Die Prozessoren hier auf der Ølvira nahmen das in der Bandbreite eingeschränkte Signal von der Flottenzentrale entgegen, ergänzten es um einen detaillierten (und veralteten) Hintergrund und erzeugten das dargestellte Bild. Nie wieder Animationen nach dieser hier, gelobte sich Svensndot, zumindest solange wir hier unten sind.
Eignerin Limmende schaute wieder in die Kamera. »Entschuldigen Sie den Verfolgungswahn einer alten Polizistin, aber ich halte es für möglich, dass Sie zur PEST gehören.« Limmende hob die Hand, als wollte sie Einwürfen zuvorkommen, doch der Rotschopf sperrte nur überrascht den Mund auf. »Wenn wir Ihnen glauben, müssen wir akzeptieren, dass es etwas Nützliches und Gefährliches in dem Sternensystem gibt, zu dem wir alle unterwegs sind. Weiterhin müssen wir akzeptieren, dass sowohl Sie als auch die Pestflotte besonders geeignet sind, dieses Ding zu nutzen. Wenn wir gegen sie kämpfen, wie Sie es verlangen, dann werden danach wahrscheinlich nur noch wenige von uns am Leben sein. Sie allein werden den Preis erhalten. Wir haben Angst, als was Sie sich dann erweisen könnten.«
Einen langen Augenblick schwieg Pham Nuwen. Die Wildheit wich allmählich aus seinem Gesicht. »Sie haben da ein gewichtiges Argument, Eignerin Limmende. Und ein Dilemma. Gibt es irgendeinen Ausweg?«
»Skrits und ich haben es erörtert. Egal was wir tun, sowohl wir als auch Sie müssen schreckliche Risiken eingehen… Nur, die anderen Möglichkeiten sind noch schrecklicher. Wir sind bereit, Ihren Rat in der Schlacht anzunehmen, falls Sie zuerst Ihr Schiff zu uns zurücklenken und uns an Bord kommen lassen.«
»Wenn wir den Vorsprung bei dieser Verfolgung aufgeben, meinen Sie?«
Limmende nickte.
Pham öffnete und schloss den Mund, doch es kamen keine Worte heraus. Er schien um Luft zu ringen. Ravna sagte: »Wenn Sie dann nicht siegen, ist alles verloren. Jetzt haben wir wenigstens sechzig Stunden Vorsprung. Das reicht vielleicht, um eine Mitteilung über dieses Artefakt nach draußen zu senden, selbst wenn die Pestflotte überlebt.«
Skrits Gesicht verzog sich, ein karikaturhaftes Lächeln. »Sie können nicht beides haben. Sie wollen, dass wir alles auf Ihre Behauptungen hin aufs Spiel setzen. Wir sind bereit, dafür zu sterben, nicht aber, Bauern in einem Spiel von Ungeheuern zu sein.« Die letzten Worte hatten einen seltsamen Ton, abgesehen von der zornigen Art, wie sie gesagt wurden. Und nun gab es keine Bewegung mehr im Bild von der Flottenzentrale außer schlecht synchronisierten Lippenbewegungen. Glimfrell zog Svensndots Blick auf sich und deutete auf die Störleuchten auf seinem Kommunikationspult.
Skrits’ Stimme fuhr fort: »Und Gruppenkapitän Svensndot: Sie haben strikten Befehl, die gesamte weitere Kommunikation mit diesem unbekannten Schiff über einen Kanal…« Das Bild erstarrte, und es kamen keine Worte mehr.
Ravna: »Was ist passiert?«
Glimfrell machte einen Laut zwischen Zwitschern und Schnauben: »Wir verlieren die Verbindung mit der Flottenzentrale. Unsere effektive Bandbreite ist auf zwanzig Bit pro Sekunde gesunken
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