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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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eintraf, ging es dort bereits hoch her, feucht-fröhlich und etwas lauter, als ihm angenehm gewesen wäre. Die Wohnung war eigentümlich dekoriert; man hatte eine Art riesiges Zelt mit sternförmig zusammenlaufenden Stangen unter der Decke des Wohnzimmers befestigt. Es verdeckte den größten Teil der Fenster – und roch ziemlich streng.
    »Eine mongolische Jurte«, erklärte ihm Alex, der in einer Weise kostümiert war, die in der Tat an Abbildungen Dschingis Khans erinnerte: den Bart streng frisiert und dunkel gefärbt, eine pelzbesetzte Mütze, dazu eine Jacke, die so dick war, dass er darunter schwitzen musste. »Ein Originalstück; eine zehnköpfige Familie hat jahrelang darin gelebt.«
    »Interessant«, meinte Simon und betrachtete den schweren, filzartigen Stoff. Vor dem Terrassenfenster lehnte ein Rahmen mit einer Tür aus rotem, bunt bemaltem Holz. »Ich muss gestehen, dass ich den Zusammenhang nicht ganz nachvollziehen kann.«
    Alex lachte auf. »Den gibt es auch nicht. Das gehört zu einem anderen Spiel, das wir planen. Mongolei, das ist noch was Neues, verstehen Sie? Wir hatten heute große Projektbesprechung. Wir versuchen gerade, eine Genehmigung der mongolischen Regierung zu kriegen, das Spiel tatsächlich in der Mongolei zu veranstalten. Da hätten wir jede Menge Pferde zur Verfügung und Vieh und jede Menge Platz! Platz, sage ich Ihnen – das kann man sich gar nicht vorstellen, wie leer die Mongolei ist. Das am dünnsten besiedelte Land der Welt! Wenn das klappen würde, wäre das die Sensation. Wenn nicht, suchen wir uns hier in Europa ein geeignetes Plätzchen.« Er fasste Simon am Arm. »Kommen Sie,ich stelle Ihnen meine Mitarbeiter vor. Aber Achtung«, mahnte er mit gedämpfter Stimme, »in die Hintergründe sind die nicht eingeweiht. Die denken alle, auch unsere Parteigründung ist nichts weiter als ein Spiel.«
    Simon nickte. »Verstehe.«
    Es waren mehr Leute, als er erwartet hatte. Simon konnte sich die Namen nicht merken, verstand sie kaum vor dem Hintergrund der seltsamen, dröhnenden Musik, die die Wohnung erfüllte. Teils kamen sie, so viel begriff er, aus dem Sekretariat für die alltäglichen Dinge, teils waren es Helfer und Darsteller diverser Spiele. Ein paar waren ebenfalls verkleidet, als mongolische Viehhirten und dergleichen – Kostümierungen, die in anderem Zusammenhang spektakulär gewesen wären, hier aber nicht weiter auffielen: Nicht in einem Raum mit Sirona, die heute abenteuerlicher denn je herausgeputzt war. »Ich bin die Eisprinzessin«, verriet sie Simon lächelnd, über blau-weißen Tüll und silberfunkelnde Bänder hinweg. Die turmhoch aufgesteckten Haare konnten unmöglich ihre eigenen sein.
    Root war natürlich nicht verkleidet. Er trug ein T-Shirt mit der Aufschrift Intelligentes Risikomaterial und ein großes, halb geleertes Bierglas, über das er Simon anvertraute: »Schon mein drittes!«
    Simon folgte Alex’ Einladung, sich am Buffet mit Häppchen zu versorgen. Er fand auch einen vertrauenerweckend aussehenden Bordeaux, um den sich niemand kümmerte, und anschließend einen freien Sessel, fühlte sich dann aber doch etwas fehl am Platze. Die jungen Leute redeten aufeinander ein, als hätten sie sich ein Jahr lang nicht gesehen und würden demnächst für ein weiteres voneinander isoliert werden. Alle schienen sich prächtig zu amüsieren. Er dagegen … Immerhin, die Häppchen schmeckten hervorragend. Der Wein auch. Trotzdem war er froh, als Sirona herangerauscht kam und sich neben ihm auf der Couch installierte, offenbar, um ein Gespräch mit ihm anzufangen.
    »Jetzt, wo Sie da sind«, sprudelte es aus ihr heraus, »muss ich Sie endlich mal etwas fragen, das mich schon die ganze Zeit beschäftigt. Nämlich, also … Mal angenommen, die Monarchiewäre in Deutschland nie abgeschafft worden – wer würde dann heute eigentlich regieren?«
    Simon musste lächeln. Eine gute Frage. Erstaunlich, dass sie erst jetzt jemand stellte. »Regieren würde vermutlich ein gewählter Ministerpräsident oder Kanzler, wie das in den anderen europäischen Monarchien auch der Fall ist. Aber Sie meinen vermutlich, wer dann Monarch wäre?«
    Sie nickte so heftig, dass man um die Stabilität ihrer turmartigen Frisur fürchten musste. »Genau. Das wäre ja dann ein Kaiser, nicht wahr?«
    »Zumindest war der letzte deutsche Monarch einer. Kaiser Wilhelm II., zugleich König von Preußen.«
    »Genau. Und? Hat der eigentlich heute noch Nachfahren?«
    Simon nickte. »Wilhelm II. war

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