Ein Land, das Himmel heißt
Nilpferd!«
Nelly kniff ihr in den Arm, zwinkerte anzüglich. »Ein Baby. Ha! Wie willst du ein Baby haben? Es braucht Kraft, es wird dich von innen auffressen! Du bist nur Haut und Knochen, du wirst bald so dünn sein, dass dein Schatten verschwindet. Ich werde dir fettes Fleisch und Maisbrei kochen, damit du ein Baby ernähren kannst …« Sie lachte, ein tiefes, fröhliches Glucksen, das ihren fülligen Körper in Schwingungen versetzte, und tanzte mit einem koketten Hüftschwung ins Haus. »Imvubus Augen sehen alles – yebo – Imvubu ist schneller als der Vogel Strauß – yebo …«, sang sie und unterstrich jedes ›yebo‹ mit einem Schnalzer, »… seine Wut ist größer als die von Ubhejane, dem Nashorn, wir lieben Imvubu – yebo!« Die Fliegentür knallte zu.
Martin sah ihr nach. »Sie ist beeindruckend, ein Original«, er rückte ihr einen Stuhl zurecht, »sie kommt mir vor wie eine Mutter, die unbedingt Enkelkinder haben möchte. Sie war deine Nanny, nicht?«
Jill setzte sich. »Meine, Tommys und davor schon die meiner Mutter. Zu ihr bin ich immer gerannt, wenn ich Kummer hatte – sie hat ein großes Herz. Ich fürchte, sie wird wirklich alt. Ich weiß gar nicht, was ich ohne sie machen soll.«
»Nun, wir werden jemand anderes für unsere Kinder finden, das sollte ja kein Problem sein.« Er beugte sich vor und suchte ihre Lippen. »Wollen wir nicht gleich für den Fall sorgen?«, murmelte er.
3
M aiglöckchenduft wehte auf die Terrasse. »Mama kommt«, flüsterte sie und schob ihn weg, konnte jedoch das Bedauern über die Unterbrechung deutlich auf seinem Gesicht lesen.
Der Maiglöckchenduft verstärkte sich. Carlotta Court, ganz in feurige Rottöne gehüllt, erschien mit einem Weinglas in der Hand auf der Terrasse. »Hallo, mein Kleines«, sie küsste Jill, »geht es dir gut? Schickes Kleid, woher hast du es? Zeigt deine schönen Beine. Wo ist Tom?«, fragte sie im gleichen Atemzug und schüttelte ihre Haare nach hinten.
Jill zuckte die Schultern. »Keine Ahnung, wo mein großer Bruder sich wieder herumtreibt. In letzter Zeit ist er ja kaum hier, seit voriger Woche habe ich ihn nicht mehr gesehen. Heute wollte ich ihn besuchen, habe ihn angerufen, aber er war nicht da. Vermutlich hat er irgendwo eine neue Freundin versteckt. Er hat neuerdings so ein verdächtiges Glitzern in den Augen. Ich werd mal ein bisschen nachbohren, wenn er kommt.«
»Lass ihn«, lächelte Carlotta, »wenn er die Richtige gefunden hat, wird er sie uns schon vorstellen.« Sie hielt Martin das Weinglas hin. »Sei ein Engel, mein Junge, und füll das auf.« Er sprang auf, und sie sah ihm nach. »Was für ein wohlerzogener junger Mann«, meinte sie lächelnd. »Das Gewitter war grauenvoll«, sagte sie zu Jill, »der Schreck steckt mir noch in den Gliedern. Es war sehr merkwürdig, weißt du, die ganze Zeit haben die Hunde geheult. Sie waren nicht zu beruhigen, und die Pferde haben geschrien und gegen die Boxenwände getrampelt, und Bens Kühe blökten, als würden sie abgestochen. So etwas habe ich noch nie erlebt.«
Wie eine Faust drückte das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung Jills Herz zusammen. Was hatte Nelly gesagt? Das Glück wird Inqaba verlassen, ein Schatten wird auf unserem Land liegen. Plötzlich glaubte sie, schon die Kälte dieses Schattens zu spüren, doch Martin kehrte zurück und lenkte sie ab. Er trug eine Weinflasche in einem Eiskübel, füllte drei Gläser mit der bernsteingelben Flüssigkeit und prostete ihr und Carlotta zu. »Der ist gut«, bemerkte er nach dem ersten Schluck, »von eurem üblichen Weinlieferanten in Stellenbosch?«
»Wir haben den ganzen Jahrgang gekauft.«
Jill nippte nur an ihrem Glas. »Mama, habt ihr euch nun entschieden, ob wir Inqaba weiter für Tagesgäste öffnen? An Übernachtungsgäste denkt ihr hoffentlich nicht. Ich finde es so schon reichlich nervig. Ständig latschen fremde Leute hier herum.«
Carlotta schüttelte vehement den Kopf, so dass ihr Haar wie eine dunkle Wolke um ihren Kopf flog. »Ganz bestimmt nicht. Die letzten Wochen haben mir gereicht. Das habe ich deinem Vater auch schon gesagt. Vorgestern saß sogar ein junges Paar auf meinem Korbsessel. Ich hab sie verscheucht und Ben angewiesen, ein Schild aufzustellen, das klar macht, dass der Platz privat ist. Schrecklich! Und das alles nur, weil wir hier ein paar seltene Vögel haben. Leider gelten unsere Verträge mit den Reisebüros noch für zwei Monate. Am 15. Januar nächsten Jahres laufen
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