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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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keinen Schritt allein gehen. »Yebo.« Twotimes nickte. Seine Haut glänzte blauschwarz im Lampenlicht, anders als das tiefe Schokoladenbraun der Zulus. Er kam aus dem Norden. »Sakubona«, grüßte er Jill mit blitzend weißem Lächeln, verschmolz dann wieder mit dem Schwarz der Nacht.
    »Er passt gut auf dich auf«, sagte sie, als Tita sie eintreten ließ.
    »Allerdings, ich könnte mir keinen Liebhaber erlauben.« Tita lächelte. »Er gehört zu mir wie mein Schatten – ein gutes Gefühl. Regina«, rief sie ins Haus, »wir können essen.«
    Jill folgte ihr ins Esszimmer, dessen Schiebetür zur riesigen Terrasse hin geöffnet war. Dattelpalmen mit gedrungenen Stämmen, blütenübersäte Büsche und rot blühende Tulpenbäume, die von im Boden versenkten Scheinwerfern angestrahlt wurden, zeugten von Titas Liebe für ihren Garten. Das weite Land, das dem Haus zu Füßen lag, versank rasch in den Schatten der Nacht, die grandiosen Wolkenformationen über dem Indischen Ozean leuchteten im Feuer der sinkenden Sonne.
    Neil, in Shorts und nacktem Oberkörper, die Hände erdverschmiert, kam herein. »Hallo, Jill, willkommen. Entschuldigt mich, ich muss mir die Hände waschen.« Als er wieder erschien, küsste er sie herzhaft auf die Wangen. Er roch angenehm nach Rasierwasser und frisch gebügelter Wäsche.
    »Ich verbiete dir, diese Sache zu erwähnen, bevor wir nicht gegessen haben«, sagte Tita streng, »dieses arme Kind hier ist völlig verhungert.« Sie schob Jill auf einen Stuhl.
    Das Hausmädchen, eine dralle junge Zulu, trug auf einem Tablett drei gefüllte Suppentassen herein. »Sakubona, Ma’m«, grüßte sie strahlend und servierte Jill zuerst die dampfende Hühnersuppe.
    Sie war köstlich, und Jill stellte mit Erstaunen fest, dass sich ihr Appetit wieder regte. Sie sprachen über das Wetter, über Titas Silvesterfeier, die sie für ihre deutsche Freundin, die ihren Besuch angesagt hatte, zu geben gedachte, über die Tatsache, dass Samantha sie in der allernächsten Zeit zur Großmutter machen würde, über alles Mögliche, aber mit keinem Wort wurden Tommys Tod und dessen Auswirkungen gestreift.
    Nach dem Essen ließ Tita Kaffee servieren. Sie goss eine Tasse halb voll, zählte vier Löffel Zucker hinein und füllte den Rest mit Cognac auf. »Runter damit«, befahl sie, »du hast es nötig, du siehst jämmerlich aus. Der Kaffee ist für Kreislauf und Blutzucker, der Cognac für die Nerven.«
    Jill gehorchte mit einem matten Lächeln. Das heiße Gebräu verbreitete eine angenehm träge Wärme in ihren Gliedern »Danke«, sie schlürfte den Rest, »das Rezept werde ich mir merken.«
    »So, nun ist sie gewappnet, jetzt gehört sie dir«, sagte Tita und goss sich ebenfalls eine Tasse Kaffee ein.
    »Nun, Jill«, begann Neil, »ich habe ein paar Sachen herausgefunden.« Er schob seinen Stuhl zurück, wanderte, die Hände in die Taschen seiner khakifarbenen Hosen gesteckt, im Zimmer auf und ab. »Wie geht es deinen Eltern, besonders deiner Mutter?«
    Sie dachte an ihren Vater, in dessen Zimmer Abend für Abend das Licht bis spät in die Nacht brannte, das einzige in dem großen Haus, das dunkler und leerer wirkte als eines, das unbewohnt war, und an das, was der Schock aus ihrer Mutter gemacht hatte. »Es wird viel Zeit brauchen, keiner von uns wird derselbe sein wie zuvor.« Sie hob ihren Blick zu ihm. »Stimmt es, was die Polizei über Tommy sagt, gehörte er dem ANC an?«
    Neils wasserhelle Augen leuchteten auf, und sie hatte das merkwürdige Empfinden, dass es um sie lichter geworden war. »Ja, und du kannst stolz auf ihn sein. Er war sehr mutig, hat alles für sein Land riskiert, und eines Tages wird man seinen Namen mit Hochachtung nennen. «
    »Was hat er getan, Neil, bitte sag’s mir …«
    Er stellte sich ans Fenster und starrte hinaus aufs Meer, wippte auf den Fußballen. Mit einem knappen Kopfschütteln drehte er sich ihr wieder zu. Seine Züge wirkten verschlossen. »Das kann ich dir nicht sagen, abgesehen davon, weiß ich es nicht einmal genau.«
    »Was es auch war, hat er gewusst, dass er sein Leben dafür würde geben müssen?«, flüsterte sie und sah Tommy vor sich, hörte sein ansteckendes Lachen, spürte die Lebenslust. »Jilly«, hatte er ihr oft zugerufen und sie herumgeschwenkt, als sei sie noch ein kleines Mädchen, »lass uns irgendetwas Verrücktes tun, lass uns um den Erdball segeln oder im Heißluftballon über Afrika schweben. Nur wir beide.«
    »Er hat so viel gelacht, schien kaum

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