Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
ein: »... don’t worry about what’s been and gone …«
Marcus zog die Nase hoch, stand auf und übernahm: »You can do better … you can make your life again … there’s always hope – hope – hope!«
Olivia und ich sangen die Background-Stimme, Said pfiff mit, Darryl trommelte auf den Tisch und Dr. Flint klatschte den Takt.
Marcus hatte wirklich eine gute Stimme. In dem kleinen Raum klang sie viel schöner als damals im Fernsehen. Beim letzten Ton liefen ihm die Tränen übers Gesicht. Wir jubelten ihm zu und klatschten.
»Großartig, Marcus«, sagte Dr. Flint. »Hast du jetzt wieder Mut gefasst, deine Ziele zu verfolgen?«
»Ich will noch einmal gewinnen!«, verkündete Marcus. »Ich werde der Jury beweisen, was ich kann. Ich ziehe nicht nach Rotherham zurück. Ich gebe alles!«
Wir jubelten und klatschten noch mal.
»Was ist mit dir, Luke?«, fragte Dr. Flint dann.
»Ich … also … ich glaube, ich kann da nicht mithalten. Na ja, ich könnte mehr für die Schule tun … und mich mehr mit Geldanlagen beschäftigen, wie Said … und mit dem Kiffen aufhören …«
Diesmal fiel der Applaus weniger laut aus.
»Und du, Darryl?«
»Ich will für die besten Vereine der ersten Liga spielen, ist ja klar, und für mein Land Tore schießen!«
Allgemeiner Jubel. Er hob beide Hände.
»Ich bin noch nicht fertig. Ich will eine Freundin, die mehr draufhat als die üblichen Spielerfrauen. Ich will mein Fernstudium durchziehen. Ich will mir nebenher etwas aufbauen, damit ich nicht blöd dastehe, wenn es mit dem Fußball mal nicht mehr läuft. Ich will für meine Mutter und meine Schwester sorgen können und für meinen kleinen Sohn.«
Olivia fiel die Kinnlade runter. Ich fragte: »Wie jetzt – du studierst und hast einen Sohn?«
»Der Kleine ist zwei.« Darryls Augen blitzten so strahlend wie seine Brillantohrstecker. »Anton heißt er. Ich bin nicht mehr mit seiner Mutter zusammen, aber sie kümmert sich super um ihn. Er soll es mal gut haben, darum studiere ich Betriebswirtschaft. Mein Sohn ist das Wichtigste in meinem Leben und ich will immer für ihn da sein – das ist mein größtes Ziel.«
Ich bewunderte Darryl. Er war jetzt schon zielstrebiger und ehrgeiziger als fünfzig unserer Altersgenossen zusammen. Würde es mir auch so gehen, wenn ich ein Kind hätte? Würde es mir dann leichter fallen, vernünftige Entscheidungen zu treffen?
»Kommen wir zu dir, Lia«, sagte Dr. Flint.
»Für mich ist das alles noch neu«, sagte ich. »Vor ein paar Wochen war meine einzige Sorge, wie ich meiner Mutter zwanzig Pfund abknöpfen kann. Von jetzt an möchte ich bewusster mit meinem Geld umgehen. Es war toll, euch alle kennenzulernen. Ich nehme viel von hier mit.«
Für diese peinliche Rede erntete ich ebenfalls Applaus.
»Sehr schön, Lia«, sagte Dr. Flint. »Man kann nicht immer gleich für alles eine Lösung haben.«
Hatte ich überhaupt für irgendwas eine Lösung? Grannys Motto fiel mir ein: Hauptsache, man wurstelt sich irgendwie durch. Das konnte ich ziemlich gut.
Hinterher aßen wir im Hotelrestaurant zu Abend. Ich bestellte einen Burger mit Pommes und ließ mir von Marcus erzählen, wie die Juroren backstage so waren. Mit Olivia unterhielt ich mich über Frisuren. Ihre Freundin hatte sich die Haare dauerhaft glätten lassen und war jetzt todunglücklich mit ihrem neuen angeklatschten Look.
Darryl schlug vor, noch in einen Club zu gehen. Die anderen diskutierten darüber, ob ich als Achtzehnjährige durchgehen würde, oder ob ich so bekannt war, dass alle wussten, dass ich erst sechzehn war. Ich hatte bereits zwei Gläser Rotwein getrunken und fühlte mich wie mindestens dreiundzwanzig. Mein neues Leben hatte begonnen. Klar konnte ich mich in einen Club reinmogeln!
Olivia und ich gingen uns umziehen. Auf dem Weg durch das Hotelfoyer war ich in Gedanken damit beschäftigt, was ich anziehen sollte … das kleine Schwarze, das ich mir auf dem Shoppingausflug mit meinen Mitschülerinnen zugelegt hatte, und dazu vielleicht die roten Lacklederschuhe …? Da sagte Olivia plötzlich: »Ich glaub, ich spinne!«
Eine hochgewachsene Gestalt durchquerte das Foyer. Große graue Augen … dunkle Haare … volle Lippen …
Was in aller Welt hatte Raf hier im Hotel zu suchen?
Ich machte den Mund auf – und gleich wieder zu. Die lockere, selbstsichere Olivia kicherte und plapperte plötzlich wie meine kleine Schwester.
»Rafael! Du bist doch Rafael, oder? Rafael Forrest! Wir haben uns ja ewig nicht mehr
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