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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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harten Felswänden zurückprallte. Ebenso gut hätte er einen Stein werfen können. Louis erstarrte für einen Moment, riss dann das Gewehr von der Schulter und umklammerte es fest mit beiden Händen, den Finger am Abzug. Er richtete den Lauf auf das Gebüsch.
    »Kommt raus!«, befahl er in einem beinahe leutseligen Ton. »Wenn nicht, feuere ich das ganze Magazin auf die Büsche ab. So wahr ich hier stehe.«
    »Nicht!« Hansie sprang hoch und hob kapitulierend die Hände. »Nicht schießen. Ich bin’s doch. Hansie.«
    »Wer ist sonst noch bei dir?«, fragte der blonde Junge. »Du bist nicht schlau genug, um allein hier herzufinden.«
    »Nicht schlau genug? Was …«
    Ruhig stand Emmanuel auf und zeigte sich. Er wollte vermeiden, dass Louis durchdrehte und Davida auf dem kürzesten Weg zu Gott dem Herrn schickte. Schließlich befand sich der Abgrund nur einen halben Meter links von ihm. Und ganz gewiss würde Emmanuel die Verhandlungen über die Freilassung der Geisel nicht Constable Hepple überlassen.
    »Detective Sergeant Cooper.« Mit einem Nicken begrüßte Louis ihn, so als seien sie sich gerade an einer Straßenecke oder auf der Kirchentreppe begegnet. »Wie ich sehe, sind Sie aus der Grube entkommen, die ich für Sie gegraben habe. Und damit Sie nicht so allein sind, haben Sie Constable Shabalala auch gleich mitgebracht. Was führt euch drei auf diesen Berg hier?«
    »Das könnten wir Sie genauso fragen.« Emmanuel bemühte sich um einen harmonischen Tonfall. Er hatte bereits registriert, wie außergewöhnlich souverän der halbnackte Junge sein Gewehr handhabte. Wie ein echter Bandit. Davida neben ihm zitterte.
    »Ganz schön langer Weg, nur um eine Dusche zu nehmen, finden Sie nicht, Louis?«, fuhr Emmanuel fort und versuchte dabei, Davidas Verfassung einzuschätzen. Sie starrte ihn an, und in ihren Augen lag dasselbe stumme Entsetzen, das er so oft auf den Gesichtern von Zivilisten gesehen hatte, die zwischen die Fronten zweier kämpfender Armeen geraten waren. Ihre Augen flehten ihn um Rettung an.
    »Ich handle auf Gottes Geheiß. Ich erwarte nicht, dass Sie verstehen, was ich hier heute tue, Detective.«
    »Dann erklären Sie es mir. Ich möchte es gern verstehen.«
    »Und er wird hinwegwaschen die Sünden der Welt.« Louis umkreiste mit einer Hand Davidas Arm und riss sie dann ruckartig an sich. »Mit reinem Wasser und reinem Stein habe ich den Schmutz von ihrer irdischen Hülle gewaschen. Und nun werde ich ihre Seele von der Sünde reinigen, die aus ihr ein unreines Geschöpf gemacht hat.«
    »Soweit mir bekannt ist, sind Sie nicht der Herrgott selbst. Sie sind Louis Pretorius, der Sohn von Willem und Ingrid Pretorius aus Jacob’s Rest. Was befähigt Sie dazu, andere Seelen als ihre eigene zu reinigen?«, fragte Emmanuel.
    »Und er hat mir ein neues Lied in den Mund gelegt, gepriesen sei der Herr. Viele werden es sehen und sich fürchten und werden vertrauen auf den Herrn.«
    In einem Wettstreit um Bibelzitate würde Emmanuel gegen Louis verlieren, dessen war er sich sicher. Der junge Pretorius war vollkommen von seiner eigenen Vision umfangen und nahm nicht einmal wahr, dass das, was er Davida und ihrer Großmutter angetan hatte, die schiere Sünde war. Für Louis war alles Friede, Freude, Eierkuchen, begleitet vom Chor der Engel.
    »Aber …« Hansie hatte Schwierigkeiten, dem Wortwechsel zu folgen. »Das Mädchen ist doch ein Mischling. Was machst du mit so einer hier oben?«
    Louis fixierte Hansie, und das Feuer in seinem Augen hätte es jederzeit mit dem lodernden Blick seines Großvaters aufnehmen können. »Als ich Kind war, habe ich gesprochen wie ein Kind, aber dann wurde ich erwachsen und habe alles Kindliche abgelegt. Du gehörst auch zu diesen kindlichen Dingen, Hansie.«
    »Was redest du denn da?« Wie so viele Idioten besaß auch Hansie die unerklärliche Fähigkeit, die Dinge genau auf den Punkt zu bringen. »Du darfst dich nicht mit einer von denen waschen oder sonst was mit ihr treiben. Das ist gegen das Gesetz. Und ich weiß, deine Mutter wäre auch nicht glücklich darüber, dass ihr zwei so nah zusammen steht.«
    »Meine Mission geht weder meine Familie noch dich etwas an. Gott hat mich gerufen, und ihr behindert sein Wirken.«
    »Nur damit ich es richtig verstehe.« Emmanuel behielt den Jungen genau im Auge und versuchte einzuschätzen, wie sehr er sich in seine Wahnvorstellungen verstrickt hatte. »Hat Gott der Erlöser Sie dazu berufen, dass Sie pornografische Fotos stehlen,

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