Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)
habe ich eine ordentliche Summe zur Verfügung«, erklärte sie. »Und mir gefällt die Vorstellung, in Sie zu investieren, meine Liebe.« Ihr Vorschlag war, ein Café oder ein kleines Restaurant in einer Stadt nach Flavias Wahl zu kaufen. Flavia sollte Teilhaberin werden und als solche das Lokal betreiben. Sie würde einen Teil des Gewinns erhalten und konnte dort auch wohnen. Bea selbst wollte stille Teilhaberin sein.
»Wir brauchen natürlich noch Personal.« Bea schenkte sich noch einen Tee ein, und Flavia starrte sie an. Sie konnte es kaum glauben. Zuerst der Dome of Discovery und jetzt das. Heute war wirklich ein außergewöhnlicher Tag.
»Vielleicht sollten wir uns sogar noch einen weiteren Partner suchen«, sagte Bea. »Vielleicht einen Mann?«
Das Glitzern in ihren Augen verriet Flavia, dass sie mit einem gewissen Jemand gesprochen hatte.
»Können Sie sich vorstellen, dass er interessiert wäre?«, fragte Bea, als ob sie es nicht schon wüsste.
»Ich glaube schon«, antwortete Flavia.
Und das war er. Nach den ersten Gesprächen beschlossen sie, sich in Dorset umzusehen, damit Bea ihre Investition im Auge behalten konnte und er nicht so weit von seiner Mutter entfernt war. »Nur nicht in Devon.« Darauf hatte Flavia bestanden.
»Nicht in Devon«, stimmten die anderen ihr zu.
Der Umzug und die Einrichtung des Lokals zogen sich über ein Jahr hin, aber im März 1953 eröffneten sie endlich das Café in Pridehaven. Flavia kochte, er arbeitete im Gastraum, und eine junge Kellnerin half beim Servieren aus.
Zu Beginn boten sie englisches Essen mit italienischen Akzenten an. Dann führten sie nach und nach immer mehr sizilianische Spezialitäten ein. Die Gäste probierten Flavias Pasta und Pizza und kamen wieder. Flavia wurde mutiger, und sie fand gute Lieferanten für Gemüse, Fleisch und Fisch. Nach und nach entwickelte das Café seine eigene Identität. Das Azurro war geboren.
Die Zusammenarbeit mit Lenny fiel Flavia von Anfang an leicht. Er nahm sich ein Zimmer in Pridehaven, aber er war ständig im Azurro anzutreffen und bereit, genauso hart zu arbeiten wie sie. Und das war sehr hart.
Sonntags blieb das Café geschlossen, und sie hatten frei. Dann gingen sie aus, ins Kino, manchmal zum Tanzen oder sogar zum Essen. Für den Tag, an dem die Königin gekrönt wurde, hatten sie ein Straßenfest geplant. Doch der Tag wurde kalt und nass. »Was kann man von einem englischen Junitag schon erwarten?«, hatte sich Flavia bei Lenny beklagt. Daraufhin hatten sie die ganze Straße in ihr Lokal eingeladen, auf sizilianische Art gefeiert und zu Ehren der Königin ein prächtiges Mahl aufgetischt.
Zuerst waren sie nur Freunde gewesen, doch mit der Zeit wurden sie ein Paar. Der Übergang war so nahtlos gewesen, dass sich Flavia, wenn sie heute darüber nachdachte, nicht mehr genau erinnern konnte, wann oder wie das geschehen war. Sicher, er war jünger als sie, aber er besaß eine innere Kraft und Gelassenheit, die ihr Ruhe gaben.
Am ersten Jahrestag der Eröffnung des Azurro stießen sie abends nach Geschäftsschluss mit Champagner an. Damals machten sie noch um acht zu, erst später hatten sie bis Mitternacht geöffnet. An diesem Abend war Lenny tatsächlich vor ihr niedergekniet.
»Ich weiß, dass ich nicht der Mann bin, den du dir ausgesucht hättest«, erklärte er und sah zu ihr auf. »Aber ich kann dir versichern, meine liebste Flavia, dass du für mich die große Liebe bist.«
Das war das einzige Mal, dass er, wenn auch nur indirekt, von Peter gesprochen hatte. Sie wusste, dass er sie beide vor der Teestube in Exeter beobachtet hatte. Wahrscheinlich hatte er Peter und seine Frau sogar gekannt, da sie so nahe bei seiner alten Arbeitsstelle gewohnt hatten. Gott wusste, was Lenny an jenem Abend gedacht hatte. Die ganze Geschichte hatte sie ihm nie erzählt, denn sie wollte sie nicht noch einmal durchleben. Nur Santina wusste, was sie für Peter empfand, was sie immer für ihn empfinden würde. Er hatte recht; er war nicht derjenige, den sie sich erwählt hätte. Aber Lenny war der Mann, der sie liebte, der mit ihr zusammenarbeitete und der sein Leben für sie gegeben hätte.
»Ist das etwa ein Heiratsantrag?«, fragte sie ihn und stemmte die Hände in die Hüften.
»Ja, Flavia«, erklärte er feierlich. »Willst du meine Frau werden?«
»Natürlich will ich, Lenny«, sagte sie.
Sie hatte Santina nie wieder geschrieben. Ihre alte Freundin war, wie Sizilien, Teil der Vergangenheit. Flavia wollte jetzt
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