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Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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war, und fühlte mit ihm. Sie spürte, wie die Kugel sich in ihrem Inneren drehte, wendete und wuchs.
    Sie schnappte sich die nächstbeste Flasche, den Baileys, den Becca ihrer Mutter gemopst hatte, und nahm einen großen Schluck. Der Likör war dick und eklig süß, richtig abscheulich. Am liebsten wäre sie jetzt ins Bett gegangen und hätte sie alle nach Hause geschickt, sogar Ben.
    »Was ist los, Kleine?« Plötzlich fuhren Bens Finger durch ihr Haar, und er zog sie zu sich heran. Die Musik pulsierte in ihrem Kopf und in ihrem Unterleib, und ihr war vom bloßen Stehen schwindlig.
    Ben schien das zu wissen. Er führte sie ins Chillout-Zimmer und setzte sie auf die Sofalehne. Sie bemerkte, dass auf den cremeweißen Kissen ein Aschenbecher voller Kippen, Asche und Streichhölzer umgekippt war. Zwei der Jungs, die mit Ben gekommen waren, waren in Streit geraten und schätzten sich jetzt kampfbereit ab. Mist. Jemand schlug jemand anderen, und sie hörte, wie eine Flasche zerbrach. Alles drehte sich.
    »Raus mit diesen Bastarden«, sagte Ben. Jedenfalls hatte sie ihn so verstanden. Er stand auf, trennte die beiden Kampfhähne und redete mit den anderen. Ginny war es egal; es war so leicht, einfach zu bleiben, wo sie war. Becca und Harry waren immer noch mit sich beschäftigt und bekamen nichts mit.
    Aber irgendwie musste er sie alle losgeworden sein, denn irgendwann war nur noch Ben da. Ginny bekam wieder Angst. Sie wünschte, ihre Mum wäre da. Wünschte, dass ihre Mum nicht nach Sizilien gefahren wäre und sie diese Party nie gegeben hätte. Dass sie nicht so viel getrunken hätte. Und sie wünschte sich, die Kugel wäre die Art Ball, den man einfach wegtreten oder in die Luft werfen konnte, damit ihn jemand auffing.
    »Kann ich hierbleiben?«, fragte er sie.
    »Klar«, murmelte sie. Sie hatte doch gewollt, dass er blieb, oder? Hatte sie es nicht so geplant? Aber jetzt konnte sie nur daran denken, dass ihr gleich schlecht werden würde. Die Frage war nicht, ob, sondern nur, wann.

15. Kapitel
    D ie alten Griechen hatten die Mandel nach Sizilien gebracht. Die Kerne sollten rundlich und prall sein und reich an süßem Öl .
    Mandeln waren die perfekte Grundlage für den spuntino , den kleinen Imbiss am Vormittag. Es gab Zuckermandeln (weiß für Hochzeiten, grün für Verlobungsfeiern und rosa oder blau für Taufen), geröstete Mandeln oder biscotti . Die duftende Blüte des Mandelbaums war die erste, die kam, und die erste, die ging. Die Blütenblätter fielen schon im Februar, wie ein später Schneeschauer. Die Kerne wurden erst im Spätsommer gepflückt. Bis dahin blieben sie an den Bäumen hängen, entwickelten im Schutz ihrer harten Schalen, gewärmt von der Sonne, ihr intensives Aroma. Mandola …
    Dazu gab es eine Geschichte … Flavia griff zu ihrem Stift.
    Dass der Mandelbaum auf Sizilien als Symbol für Liebe und Treue galt, hatte seine Wurzeln in der griechischen Mythologie. Phyllis, eine edle Jungfrau, vermählte sich mit Demophon und wartete auf seine Rückkehr aus dem Trojanischen Krieg. Doch er kehrte niemals heim, und nach einigen Jahren starb sie an gebrochenem Herzen. Aus ihrem Grab entsprang ein Mandelbaum. Als Demophon schließlich heimkehrte und das Grab seiner geliebten Frau besuchte, blühte der Baum.
    Flavia beschloss, ihrer Tochter das Rezept für taglignozo zu geben, einer Art biscotto . Als Kind hatte Tess sie geliebt, und daran hatte sich bis heute nichts geändert.
    Man vermische Mehl, Zucker, Eier, Butter, Zimt und grob gehackte Mandeln. Der Kniff, schrieb Flavia , liegt in der Konsistenz. Dazu braucht es pazienza , die Geduld des Mandelbaums. Prüfe den Teig mit den Fingern und mit dem Herzen. Wenn er sich zu fest anfühlt, gib noch Ei hinein, wenn er zu weich ist, noch Mandeln. Dann und nur dann wird er perfekt sein.
    Im Ofen backen, bis der Teig golden ist. Warten. Kalt zu einem kleinen Glas Marsala essen …
    Drei Tage lang brachte Flavia ihm Wasser, Essen und frische Verbände für seine Verletzungen. Sie kam während der Siesta am frühen Nachmittag, wenn die meisten Leute schliefen oder auf dem Bett ruhten, und dann noch einmal, wenn es Abend wurde und sie im Schutz der Dunkelheit zu ihm eilen konnte. Sie wusste, dass es eine Form von Wahnsinn war, so als wäre sie von etwas ergriffen, das nur der Teufel verstehen konnte. Aber sie konnte nicht aufhören.
    Sie brachte es nicht fertig, sich von ihm fernzuhalten. In den Stunden zwischen ihren Besuchen sehnte sie sich danach, wieder

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