Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)
verschüttet.«
»Ich bringe dir etwas dafür vorbei.«
»Danke, Lisa.«
»Aber keine bleibenden Schäden?«
»Keine bleibenden«, bekräftigte Ginny. Allerdings war die Party ein wenig ausgeufert, sie hatte viel, viel zu viel getrunken, und Jack war nicht der Einzige, der anschließend ziemlich ramponiert ausgesehen hatte. Aber es hatte keine Toten gegeben. Und was Ben anging …
Nachdem Lisa weg war, sah sich Ginny den Schaden genauer an. Sie rückte das Sofa wieder dorthin, wo es vor der Party gestanden hatte, und hob ein paar Flaschen und Gläser auf. Der mutmaßliche Brandfleck war doch nur Matsch. Sollte ihre Mutter je davon erfahren, war sie erledigt. Haha. Überall waren Flecken, an den Wänden, auf dem Teppich und auf Mums kostbarem cremefarbenen Sofa. Aber nein, keine wirklich bleibenden Schäden.
Um drei Uhr nachmittags hatte Ginny die meisten Spuren der Party aufgewischt, wegpoliert, eingeweicht und weggeschrubbt. Sie zerrte Henry Hoover, den Staubsauger, aus der Abstellkammer unter der Treppe, aus der er sonst kaum herauskam, und schaltete ihn ein. Er tat ein wenig verblüfft, erwachte aber jaulend zum Leben und saugte dann das Wohnzimmer und Jacks Zimmer, ohne ein einziges Mal zu murren. Warum jammerten die Leute, besonders ihre Mutter, eigentlich so über Hausarbeit? Dabei war es ganz einfach. Man wartete, bis jemand zu Besuch kam. Dann machte man sauber. Warum wurde darum so ein Theater gemacht?
Ginny stellte Henry weg und fing an, die Spülmaschine einzuräumen. Die Küche war der Raum, den ihre Mutter zuerst inspizieren würde. Herumstehendes altes Essen führte zu einem Vortrag über Ratten und Ungeziefer. Laute Musik löste eine Predigt über die Nachbarn aus, und zu viel Fernsehen zog Vorhaltungen übers Lernen nach sich.
Eine Stunde später tauchte Becca auf. Damit hatte Ginny schon gerechnet.
»Yo, Gins«, sagte sie. Wenn sie abends aus gewesen waren, trafen sie sich grundsätzlich am anderen Tag, um alles, was die einzelnen Beteiligten getan hatten, sowie die Beweggründe dafür zu diskutieren und zu analysieren.
»Yo«, gab Ginny zurück. Dieses Mal war sie sich nicht sicher, ob sie sich dem Gespräch gewachsen fühlte.
Becca fühlte sich auch nicht ganz auf der Höhe. »Ich habe den Kater des Jahrhunderts«, stöhnte sie.
»Ich auch.« Ginny warf ihr ein paar Paracetamol zu. »Nimm ein paar Drogen dagegen«, sagte sie. Dann erinnerte sie sich an das Koks gestern Abend und erschauerte.
Ungefähr eine halbe Stunde redete Becca nonstop über Harry. Sie wollte mit ihm zusammen sein, sagte sie, nicht nur mit ihm schlafen. Sie wollte seine Freundin sein. Nicht nur ein Mädchen, das man flachlegt.
»Was will er denn?«, fragte Ginny, obwohl das gestern Abend ziemlich offensichtlich gewesen war.
Becca zuckte mit den Schultern. »Das Übliche.« Sie zeigte Ginny die SMS, die sie heute bisher von ihm bekommen hatte. Ein halbes Dutzend. Für Ginny sah das aus, als läge Harry tatsächlich etwas an Becca, und das sagte sie auch.
»Ja, aber was glaubst du, was er damit meint …« Und dann ging es los. Jedes Wort wurde interpretiert, jedes Satzzeichen hinterfragt, jedes Kusszeichen und jeder Smiley durchgekaut und für ungenügend befunden.
Ginny gab auf. »Was willst du von dem Typen, Becca? Ihr seid erst gestern Abend zusammengekommen, um Himmels willen.«
»Mehr.« Sie seufzte. »Sag’s mir, wie es ist. Findest du, dass ich zu bedürftig rüberkomme, Gins?«
Verdammt, ja, dachte Ginny. »Könnte man so sagen.«
»Vielleicht sollte ich einfach mal alles rauslassen«, verkündete Becca mit wogenden Brüsten. »Was ich für ihn empfinde, meine ich. Vollkommen hysterisch werden. Vielleicht würde das für Klarheit sorgen.«
Ginny beäugte sie misstrauisch. »Das glaube ich nicht.« Sie hatte nicht viel Erfahrung mit Jungs, aber genug, um zu wissen, dass weder weibliche Hysterie noch sofortige rückhaltlose Verehrung förderlich für eine feste Beziehung waren.
Becca lehnte sich im Sessel zurück. Sie stellte diese idiotisch glückliche Miene zur Schau, die sie und Ginny sonst bei anderen zur Weißglut brachte. »Er hat ein Auto und alles«, hauchte sie.
»Großartig.« Ginny gähnte.
Becca warf ihr einen Blick zu. »Und was ist mit dir? Ist er dageblieben?«
»Ja.« Ginny gab sich gefasster, als sie sich fühlte. Es war komisch gewesen, Ben in ihrem Zimmer und in ihrem Bett zu haben. Zu Hause, das bedeutete nur Mum und sie. Und der Teil mit dem Bett … Na ja, es hatte sich nicht
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