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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Ermittlungen auf
dem laufenden gehalten. Zusammen hatten wir die ganze Sache hin und her
gewälzt, bis uns die Köpfe rauchten. Ich wollte diesen Fall auch lösen — und
nicht nur wegen der Belohnung oder wegen Adah —, aber jetzt fragte ich mich, ob
ich sie nicht auf einen riskanten und potentiell selbstzerstörerischen Weg
gelockt hatte. Vielleicht sollte ich abspringen.
    Sie mußte meine Gedanken gelesen haben.
»Hör nicht auf mich, McCone«, sagte sie rasch. »Ich habe einen miesen Tag, das
ist alles.«
    »Du weißt, daß das nicht alles ist. Wir
müssen reden.«
    »Reden? Wir reden doch schon die ganze
Zeit.« Sie zog sich wieder an den Schreibtisch heran und funkelte mich an. »Ich
bin sowieso schon in Hektik. Verschwinde jetzt, verdammt noch mal, und laß mich
arbeiten. Ich melde mich, wenn ich etwas Interessantes habe.«
    Ich nickte skeptisch und ließ sie
allein.
    Vielleicht, dachte ich, war es ja nicht
nur der konkrete Arbeitsstreß, der Adah zusetzte. Schließlich wurde der
Sonderkommission von allen Seiten — von der Stadt, dem Bundesstaat, dem
Department, dem ATF, dem FBI und der Postbehörde, vom Kongreß und selbst aus
dem Weißen Haus — dasselbe signalisiert: Der Diplobomber gefährdet unsere
internationalen Beziehungen; kriegt gefälligst eure Arsche hoch und schnappt
ihn.
     
    Nachdem ich eine gute Viertelstunde um
die umhegenden Häuserblocks gekurvt war, fand ich schließlich einen Parkplatz
am Steilhang des Telegraph Hill und machte mich zu Fuß auf — vorbei an
Wohndesigngeschäften, Antiquitätenläden und kleinen Cafés — zu dem renovierten
Lagerhaus, in dem RKI residiert. Vor dem Eingang blieb ich zögernd stehen.
Allein schon RKI-Terrain zu betreten war mir unbehaglich.
    Grund meines Unbehagens war nicht die
Art der Geschäfte, die diese Firma betrieb; Terrorismusabwehr und
Geiselbefreiung waren notwendig für Unternehmen, die in unserem heutigen
Hochrisiko-Umfeld operierten, und wenn die Methoden von RKI auch ein wenig
unorthodox waren, waren sie doch im allgemeinen effizient. Mein Unbehagen
resultierte auch nicht aus der Tatsache, daß die Führungskräfte und das
Personal von RKI überwiegend eine dunkle Vergangenheit hatten; die Wege meines
Liebsten, Hy Ripinsky, hatten sich mehrfach mit denen von Gage Renshaw und Dan
Kessell gekreuzt, und seit er mir davon erzählt hatte, verstand ich sowohl die
Kräfte als auch die Irrtümer, die dahintersteckten. Das Gewaltpotential, das
ich bei den RKI-Leuten spürte, kümmerte mich nicht weiter; ich hatte schon seit
langem der Tatsache ins Auge sehen müssen, daß dieses Potential auch in mir
selbst steckte. Und was ethische Maßstäbe anging — nun ja, ich hatte viel davon
geredet, aber erst im letzten Herbst hatte ich mich in einem schwierigen Fall
der Hilfe dieser Firma bedient.
    Nein, was mir zu schaffen machte, war
das Gefühl, daß ich zu sehr wie diese Leute werden könnte.
    Es hatte Zeiten gegeben, da ich beide
Seiten — Opfer wie Täter — unter einer idealistischen, mitfühlenden Perspektive
gesehen hatte. Das war vorbei. Es hatte Zeiten gegeben, da ich mich streng an
die Berufsgrundsätze gehalten hatte, aber dann habe ich feststellen müssen, daß
die Leute in meiner Branche diese Grundsätze zwar ständig im Mund führten, aber
offenbar nie studiert hatten. Als ich noch ziemlich neu in diesem Geschäft war,
verfolgte es mich jahrelang, daß ich einen Mann hatte töten müssen, um einen
Freund zu retten. Aber letztes Frühjahr hatte ich einen anderen Mann kaltblütig
erschossen und es Gerechtigkeit genannt. Ich war mir nicht sicher, ob ich die
Person mochte, die zu werden ich im Begriff war, aber sie war das Produkt von
Erfahrungen, die ich nicht auslöschen konnte. Du mußt dich nehmen, wie du bist,
sagte ich mir in jenen einsamen, dunklen Nächten, in denen mich meine
Missetaten einholten.
    Das sagte ich mir auch jetzt. Ich trat
in die Halle. Der bewaffnete Pförtner sah erstaunt von seinen Monitoren auf.
»Mr. Ripinsky ist diese Woche nicht im Büro, Ms. McCone.«
    Ich legte Handtasche und Aktenmappe auf
den Tresen und ging hinüber zur elektronischen Sperre. »Ich möchte zu Mr.
Renshaw.«
    »Tut mir leid, aber er hat nichts davon
gesagt, daß er Sie erwartet.« Er unterzog meine Sachen einer kursorischen
Prüfung und drückte dann auf den Summer. »Ich hole Ihnen Ihren Ausweis.«
    Seit Hy letzten Winter diesen Deal mit
Renshaw und Kessell eingegangen war, lag für mich wie für andere häufige
Besucher des hiesigen

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