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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Mutter besucht. Sie ist in keiner guten Verfassung. Es könnte sie umbringen, wenn sie erfährt, dass ihre Hunde eingeschläfert worden sind. Das Pflegepersonal möchte erst mit Ihnen sprechen - sie wollen kein solches Risiko eingehen, ohne dass ihre Angehörigen Bescheid wissen ... Ich nehme an, Sie sind der einzige Angehörige?«
    »Es ist möglich, dass mein Vater noch lebt, ganz gleich, in welches Paradies er sich damals abgesetzt hat, ehe ich geboren wurde. Weil sie nie geschieden worden sind, ist er theoretisch immer noch ihr engster Angehöriger, aber ich gehe davon aus, dass ihm das jetzt genauso egal ist wie in den letzten sechzig Jahren. Jedenfalls habe ich einen Anwalt, der in der Nähe wohnt, autorisiert, als ihr Vormund zu agieren. Warum sprechen Sie nicht mit ihm darüber?« Seine Stimme war bitter, war nach sechs Jahrzehnten des Grolls scharf geworden.
    »Da gibt es ein kleines Problem: Er ist derjenige, der das County dazu gebracht hat, die Hunde Ihrer Mutter einschläfern zu lassen. Ihm ist ziemlich egal, wie das auf Ihre Mutter wirkt - er wollte nur legaler Vormund werden, damit er die Hunde beseitigen kann.«
    »Ich nehme an, dass Sie in diesem Punkt übertreiben«, sagte er. »Was haben Sie denn für ein Interesse an meiner Mutter?«
    Nur eine besorgte Nachbarin? Eine Wichtigtuerin, die unbedingt die Nase in das Leben anderer Menschen stecken muss? »Sie ist eine Klientin von mir. Ich kann sie nicht einfach im Stich lassen, bloß weil sie ein bisschen geistesabwesend ist.« »Eine Klientin? In welcher Angelegenheit - einmal im Vierteljahr gehe ich Mutters Rechnungen durch, nachdem die Bank sie bezahlt hat. Ich erinnere mich nicht an Ihren Namen - Sharansky, haben Sie gesagt?«
    »Nein, ich habe dauernd >Warshawski< gesagt. Da finden Sie keine Rechnung - ich arbeite umsonst für sie.«
    »Schon, aber was tun Sie für sie? Es gibt jede Menge Leute, die um alte Menschen herumschleichen. Buchstabieren Sie mir Ihren Namen. Ich möchte gern, dass sich Pichea damit befasst.«
    »Woher wissen Sie, dass er nicht zu den Leuten gehört, die um alte Menschen herumschleichen?«, fragte ich. »Von wem haben Sie ihn überprüfen lassen? Wollen Sie weiterhin die Rechnungen Ihrer Mutter durchgehen, nachdem Sie ihm eine Blankovollmacht gegeben haben, über ihr Leben zu bestimmen?«
    »Er hat mir den Namen seiner Kanzlei genannt. Ich habe dort angerufen, und mir ist bestätigt worden, dass er Referenzen hat und unparteiisch ist. Könnten Sie mir jetzt bitte Ihren Namen buchstabieren -«
    »Aber er ist nicht unparteiisch«, protestierte ich. »Er will, dass Ihre Mutter aus dieser Gegend verschwindet. Er wollte, dass die Hunde eingeschläfert werden; vermutlich hofft er, dass sie im Krankenhaus stirbt, damit er das Haus an so einen Yuppie wie ihn verkaufen -«
    Byron unterbrach mich seinerseits. »Meine Mutter ist ein sehr schwieriger Mensch. Äußerst schwierig. Ich war jetzt seit vier Jahren nicht mehr in Chicago, um nach ihr zu sehen, aber schon damals hat sie sich senil verhalten. Natürlich hat sie sich senil verhalten, seit ich sie kenne, aber wenigstens hat sie das Haus in Schuss gehalten. Schön, vor vier Jahren habe ich gesehen, dass sie das Haus vor die Hunde gehen lässt.« Er wiederholte das Klischee, als hätte er es eben erst erfunden und lasse es sich auf der Zunge zergehen.
    »Wenn ich nicht gewesen wäre, hätte der Wasserschaden damals das ganze Haus zum Einsturz gebracht. Es war ihr zu lästig, Dachdecker zu holen. Sie kann den Abfall nicht auflesen, den ihr Leute in den Garten schmeißen. Wetten, dass sie seit achtzig Jahren keinen Staubsauger mehr benutzt hat? Ich glaube, es ist an der Zeit, dass sie in ein Pflegeheim kommt.«
    Er schnappte nach Luft. Ich hielt es nicht für den richtigen Zeitpunkt, ihm mitzuteilen, dass die meisten Leute vor achtzig Jahren noch gar keinen Staubsauger gehabt hatten. »Und es bricht mir auch nicht das Herz, wenn ich höre, dass diese verfluchten Hunde tot sind«, fuhr er fort. »Sie war immer so. Als ich ein Junge war, konnte ich niemanden mitbringen, weil es im Haus immer von Tieren wimmelte. Es war eher ein Zoo als ein Zuhause, nur weil sie davon geträumt hatte, Tierärztin zu werden, und stattdessen in einer Kistenfabrik arbeiten musste.
    Gut, wir müssen alle unsere Träume aufgeben - ich wollte Architekt werden, aber für diese Ausbildung reichte das Geld nicht, und deshalb bin ich stattdessen Buchhalter geworden. Ich lauf nicht rum und packe mein Haus mit

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