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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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wärst du nicht einmal verheiratet? Wenn du in einem Zustand moralischer Verderbtheit leben willst, schön und gut. Aber du hast ein Kind. Einen Mann und ein Kind. Und du kannst von uns anderen nicht erwarten, dein Verhalten zu billigen.«
    Jennifer machte den Mund auf.
    Yvonne wandte sich ab, als könnte sie Jennifer nicht einmal mehr ansehen. »Und ich werde nicht die Einzige sein, der es so geht. Ich würde vorschlagen, du überlegst dir deinen nächsten Schritt genau.« Sie legte sich den Mantel über den Arm und ging.
    Drei Stunden später hatte Jennifer ihre Entscheidung getroffen.
    Um die Mittagszeit herrschte auf dem Flughafen Embakasi reges Leben und Treiben. Nachdem sie ihren Koffer vom stockenden Transportband geholt hatte, machte Jennifer sich auf den Weg zu den Toiletten, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und zog eine saubere Bluse an. Sie steckte ihre Haare nach hinten, ihr Nacken war durch die Hitze bereits feucht. Als sie wieder hinauskam, klebte ihre Bluse innerhalb weniger Sekunden an ihrem Rücken.
    Auf dem Flughafen drängten sich Menschen in unregelmäßigen Schlangen oder in Gruppen und schrien sich an, statt sich zu unterhalten. Sie war zunächst wie gelähmt, beobachtete hell gekleidete Afrikanerinnen, die mit Koffern zu kämpfen hatten und große Stoffsäcke, mit Seilen zusammengebunden, auf dem Kopf balancierten. Nigerianische Geschäftsmänner rauchten in den Ecken, ihre Haut glänzte, während kleine Kinder zwischen den auf dem Boden Sitzenden hin und her liefen. Eine Frau schob sich mit einer kleinen Karre durch das Gedränge und verkaufte etwas zu trinken. Die Abflugschalter gaben bekannt, dass mehrere Flüge verspätet waren, und man bekam keinerlei Hinweis, wann das korrigiert würde.
    Im Gegensatz zu dem Lärm im Flughafengebäude war es draußen friedlich. Das schlechte Wetter hatte sich verzogen, die Hitze verbrannte die restliche Feuchtigkeit, und Jennifer konnte die purpurroten Berge in der Ferne sehen. Die Piste war leer, bis auf das Flugzeug, in dem sie gekommen war; darunter fegte ein einsamer Mann meditativ den Boden. Auf der anderen Seite des glänzenden, modernen Gebäudes hatte jemand einen kleinen Steingarten errichtet, übersät mit Kakteen und Sukkulenten. Sie bestaunte die sorgfältig verteilten Felsbrocken und wunderte sich, dass jemand an einem derart chaotischen Ort so viel Mühe aufgewandt hatte.
    Die Schalter der BOAC und East African Airways waren geschlossen, weshalb sie sich wieder zurück in die Menschenmenge begab, an der Bar eine Tasse Kaffee bestellte, sich einen Tisch suchte und Platz nahm, eingezwängt zwischen fremden Koffern, geflochtenen Körben und einem unglücklichen Hahn, dessen Flügel mit einer Schulkrawatte an seinen Körper gebunden waren.
    Was würde sie Anthony sagen? Sie stellte sich vor, wie er in einem Club für Auslandskorrespondenten saß, vielleicht meilenweit entfernt vom eigentlichen Schauplatz, wo Journalisten sich versammelten, um zu trinken und über die Ereignisse des Tages zu diskutieren. Ob er trank? Es sei eine eingeschworene, kleine Welt, hatte er ihr gesagt. Sobald sie Stanleyville erreichte, würde ihn jemand kennen. Jemand würde ihr sagen können, wo er sich befand. Sie stellte sich vor, wie sie erschöpft im Club eintraf, ein wiederkehrendes Bild, an dem sie sich in den vergangenen Tagen festgehalten hatte. Sie sah ihn so deutlich vor sich, er stand unter einem wirbelnden Ventilator, plauderte vielleicht mit einem Kollegen, und dann seine Verwunderung, wenn er sie erblickte. Sie verstand seinen Ausdruck: In den letzten achtundvierzig Stunden hatte sie sich selbst kaum erkannt.
    Nichts in ihrem Leben hatte sie darauf vorbereitet, was sie getan hatte; nichts hatte darauf hingedeutet, dass sie dazu überhaupt in der Lage wäre. Dennoch war sie von dem Augenblick an, als sie trotz ihrer Angst das Flugzeug bestiegen hatte, eigenartig beschwingt gewesen, als müsse das alles so sein: So war vielleicht das wahre Leben. Und sie fühlte sich auf eigenartige Weise mit Anthony O’Hare verwandt, und sei es auch nur für diesen Moment intensiver Empfindungen.
    Sie würde ihn finden. Sie hatte die Ereignisse in die Hand genommen, statt sich von ihnen herumstoßen zu lassen. Sie würde über ihre eigene Zukunft entscheiden. Sie verbannte die Gedanken an Esmé und sagte sich, dass sich alles gelohnt haben würde, wenn sie Anthony ihrer Tochter erst einmal vorstellen könnte.
    Schließlich nahm ein junger Mann in schicker,

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