Eine hinreißende Schwindlerin
ziehst auch nicht mehr an meinen Haaren.“ Er merkte selbst, wie kühl er sich anhörte.
„Es war nicht ihre Schuld“, sagte Laura. „Miss Keebles, meine ich. Sie sagte, du würdest nicht froh darüber sein, wenn ich mich mit ihr unterhielte. Ich habe jedoch darauf bestanden. Ich hatte solche Angst und niemanden, mit dem ich reden konnte, da …“
„Laura“, hörte er sich sagen. Seine Stimme klang klirrend wie Eis, aber er wusste nicht, wie er das ändern konnte. Es war ihm noch nie gelungen aufzutauen, wenn es um Laura ging. „Du hast doch mich.“
Sie blieb still. Zu still. Als er sie ansah, merkte er, dass ihre Wimpern feucht waren. Er fluchte insgeheim.
„Habe ich das?“, fragte sie mit zittriger Stimme. „Wie denn? Jedes Mal wenn ich auf dich zuzugehen versuche, weist du mich zurück. Du machst eine deiner schrecklich zynischen Bemerkungen. In deiner Gegenwart komme ich mir immer so dumm vor.“
Großer Gott. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Nicht die geringste. Sie hatte Angst. Sie zitterte förmlich. Und das Schlimmste war, sie hatte Angst vor ihm .
Nachdem seine Mutter wieder geheiratet hatte, hatte Gareth sie nur noch selten in den Schulferien gesehen. Zu lernen, Lord Blakely zu werden, hatte seine ganzen Sommer in Anspruch genommen. Laura hatte ihn geradezu angebetet an den Tagen, an denen er sich hatte blicken lassen. Aber sie hatte ihn behandelt wie einen alttestamentarischen Gott – einen, der sie beim ersten Anzeichen eines Vergehens unbarmherzig niederstrecken würde.
„Und jetzt …“ Laura wischte zornig ihre Tränen weg. „Jetzt wirst du die Hochzeit absagen.“
„Wie könnte ich? Ich habe die Verträge bereits unterschrieben und habe keinen gesetzlichen Einfluss auf dich.“
„Du könntest Papa überreden.“
Sein Beschützerinstinkt stimmte dem grimmig zu. Wenn sie solche Angst vor dieser Ehe hatte, sollte sie diesen Mann lieber nicht heiraten. Er streckte vorsichtig die Fühler aus. „Ist es dir denn so wichtig, ihn zu heiraten?“
„Eigentlich nicht.“ Sie wandte den Blick ab. „Ich … ich liebe ihn nur, das ist alles.“
„Ach.“ Mehr fiel Gareth dazu nicht ein. Er hatte erwartet, dass sie ihm lächerliche, unbedeutende Gründe aufzählen würde, warum die Hochzeit stattfinden sollte. Er war vollkommen verblüfft. „Ach.“
„Und genau das ist das Problem.“ Jetzt strömten die Tränen wieder ungehemmt über ihre Wangen. „Ich liebe auch dich und das hat mir noch nie etwas Gutes eingebracht. Ich werde niemals gut genug sein.“
Er hatte bislang immer gedacht, dass ihm Worte nicht leicht zufielen. Jetzt allerdings war er vollkommen sprachlos. Das Vernünftigste wäre gewesen, den Mund zu halten, sie bei sich zu Hause abzusetzen und zu hoffen, dass sie sich in ihrem Zimmer ausweinen würde. Aber sie war hier und weinte still vor sich hin. Und er war zu oft weggelaufen und hatte sie in dem Glauben gelassen, nicht gut genug zu sein.
Eine Berührung ist ein Heilmittel.
Gareth kämpfte gegen seine Furcht und seine Unbeholfenheit an, und dann tat er etwas, was er noch nie zuvor getan hatte. Er stand auf, setzte sich neben seine Schwester und nahm sie in die Arme.
Sie erstarrte vor Schreck. In diesem Moment hätte er beinahe einen Rückzieher gemacht. Doch dann schmiegte sie sich in seine Umarmung, und er stellte überrascht fest, dass die Kälte tatsächlich aus ihm hinausfloss. Und sie floss nicht zu Laura, stattdessen ebbte ihr Schluchzen allmählich ab. Sie tauten sich gegenseitig auf.
Newton wäre sprachlos über diese Form von Energie gewesen.
Als sie endlich ganz zu weinen aufgehört hatte, fand Gareth die richtigen Worte. „Ich habe gelernt, wie man Konten führt“, sagte er leise. „Aber nicht, wie man ein echter Bruder ist. Ich bin nicht sehr gut darin, obwohl ich versuche, es zu lernen. Aber ich habe dich von Anfang an geliebt, Laura, schon als du mich das erste Mal an den Haaren gezogen hast. Und daran hat sich nie etwas geändert.“
Sie wandte ihm ihr tränenüberströmtes Gesicht zu und sah ihn aus großen, verweinten Augen an.
„So, und nun sag schon“, fuhr er fort. „Liebt dich dein Alex ebenfalls oder ist er ein hoffnungsloser Dummkopf?“
„Er liebt mich“, sagte sie still. „Ich fürchte nur, dass sich das nach der Hochzeit ändert. Er wird seine Meinung ändern. Er wird …“
„Er wird dich nur noch mehr lieben. Vertrau mir.“
„Wirklich?“ Sie war viel zu ernst für seinen Geschmack.
„Wirklich.“ Er
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