Eine hinreißende Schwindlerin
nickte.
Seine Kiefermuskeln zuckten. „Verdammt. Du weißt besser als die meisten anderen, dass ich nicht sehr gut in solchen Dingen bin, aber so schlecht bin nicht einmal ich. Wirklich, Jenny, wie kommst du nur auf so etwas?“
„Ich weiß nicht“, erwiderte sie trotzig. „Vielleicht weil du mir einmal gesagt hast, du siehst in mir nichts weiter als eine verdammt gute Verführerin?“
„Das habe ich gesagt?“ Er machte erst ein überraschtes Gesicht, dann ein nachdenkliches. „Großer Gott, so etwas habe ich gesagt? Warum hast du mich dann überhaupt noch angefasst?“
Sie wandte den Blick ab, damit er die Antwort nicht in ihren Augen lesen konnte.
Dampf quoll aus dem Kessel. Gareth hob den Lappen vom Boden auf und griff nach dem Henkel. Fasziniert beobachtete Jenny, wie er das Wasser in ihre Teekanne goss.
„Was für ein Adeliger bist du eigentlich? Du kochst dir selbst deinen Tee?“
Leise schnaubend stellte er den Kessel hin. „Ich bin schließlich nicht völlig hilflos. Im brasilianischen Regenwald bin ich monatelang mit nur ganz wenigen Bediensteten ausgekommen. Ich bringe einen durchaus anständigen Tee zustande. Und Kaffee. Und Porridge ebenfalls.“ Er wedelte mit dem Lappen in der Luft herum. „Du magst doch Orangen. Hier, ich schäle eine für dich.“
Jenny fuhr sich mit der Hand über ihre tränennassen Augen. „Woher weißt du, dass ich Orangen mag?“
„Warum hättest du sonst am Tag, als wir uns kennenlernten, eine in deinem Beutel gehabt? Jetzt komm her, und iss etwas, dann fühlst du dich besser.“
Jenny rümpfte die Nase, aber er hatte ganz sicher recht. Sie setzte sich zu ihm an den Tisch und er reichte ihr eine Orangenspalte.
„Tränen“, sagte er, als sie sich die saftige Frucht in den Mund schob, „sind gegen alle Vernunft. Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich dich nur mit einem Silberarmband zurücklasse. Ich nehme meine Verantwortung stets wahr.“ Er hielt ihr ein Stück Käse hin.
Jenny hob abwehrend die Hand. „Nein“, sagte sie leise. „Das wirst du nicht tun.“
„Wie meinst du das, ich werde das nicht tun? Natürlich übernehme ich die Verantwortung! Geld bedeutet mir nichts, warum sollte ich dann nicht …“
Sie stieß mit dem Finger gegen seine Brust. „Du wirst es nicht tun, weil ich das nicht zulasse. Ich habe … ich habe selbst genug Geld. Gespart, meine ich.“ Genug Geld war ein wenig übertrieben. Sie befeuchtete sich die Lippen. „Und ich will nicht unter deine Verantwortung fallen.“ Diesbezüglich war sie sich schon wesentlich sicherer. „So weit wird es niemals kommen. Glaubst du etwa, ich will regelmäßig Geld von dir?“
„Warum denn nicht? Die meisten Leute würden das wollen.“
Sie schüttelte stumm den Kopf und brach erneut in Tränen aus.
Gareth starrte sie entsetzt an. „Was habe ich denn jetzt schon wieder gesagt?“
Sie weinte weiter.
„Das ergibt doch alles gar keinen Sinn!“, rief er aus. „Es ist völlig unlogisch. Du bist doch eine intelligente Frau, Jenny. Man braucht doch nicht zu weinen, nur weil ein Mann einem eine kleine finanzielle Unterstützung anbietet!“
Auch das half nichts. In ihrer Fantasie hatte sie immer versucht, sich ein Bild von ihrer Mutter zu machen. Allerdings hatte sie sich nie gefragt, welche Erfahrungen ihre Mutter hatte machen müssen. War sie vielleicht auch von einem Mann, der ihr etwas bedeutete, mit Geld abgespeist worden?
Das kam für Jenny nicht infrage. Von solchen Zahlungen hatte sie ihre ganze Kindheit über gelebt. Irgendjemand hatte eine Schar liebloser Frauen angestellt, die sie großziehen sollten. Sie hatte nicht Abstand von einem Leben als Gouvernante genommen, nur um unter die Verantwortung eines Mannes zu fallen. Denn was eine Frau für eine kalte Abfertigung hielt, war für einen Mann die Rettung seines Seelenheils. Eine finanzielle Absolution an Stelle gefühlsmäßiger Bindung.
Nein, nie wieder. Sie war Madame Esmeralda geworden, weil sie keinen Herrn und Meister haben wollte. Sie wollte kein weiterer Eintrag in seinem Kassenbuch sein. Der Teufel sollte sie holen, wenn sie noch einmal von einem anderen Menschen abhängig wurde.
„Hör mal“, meinte Gareth ein wenig unbeholfen, „ich … ich werde dir finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Und ab und zu etwas Obst.“
Jenny konnte nicht anders. Sie fing unter Tränen zu lachen an. „Du müsstest dich selbst einmal hören. ‚Eine Frau ist keine Sportart, sie ist eine Wissenschaft.‘ Großer
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