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Eine hinreißende Schwindlerin

Eine hinreißende Schwindlerin

Titel: Eine hinreißende Schwindlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: COURTNEY MILAN
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Neds Schulter zu berühren.
    Ned schüttelte die Hand nicht ab – das wäre viel zu anstrengend gewesen, er sackte nur ein wenig in sich zusammen.
    Gareth ließ die Hand sinken und ballte sie in ohnmächtiger Qual zur Faust.
    Sie unterstellen. Sie ziehen wahllos Schlüsse. Über die wichtigen Dinge im Leben kann man keine schriftlichen Analysen erstellen.
    Er hatte damals nicht begriffen, was Jenny damit meinte, und es war ihm auch nicht wichtig gewesen. Doch jetzt verstand er.
    Es war beinahe erschreckend, wie viel ihm Ned bedeutete, wie sehr ihn der Anblick dieses grauen, apathischen jungen Mannes erschütterte. Jenny hatte in Gareth die Fähigkeit des Mitfühlens geweckt, aber sie hatte ihm nicht gezeigt, wie er helfen konnte. Gareth standen nur seine eigenen Mittel zur Verfügung – nichts als Papiere und Beweise.
    Ned rückte ein Stück von Gareth ab und sah ihn an. „Ach, du bist immer noch da?“
    „Ned“, versuchte er es noch einmal mit Strenge, „wenn du jetzt nicht wie ein vernünftiger Mensch mitkommst, dann … dann …“
    „Was dann? Ich habe keine Angst vor dir. Was willst du denn tun? Mein Leben noch weiter ruinieren, als ich das ohnehin schon ganz allein geschafft habe? Nur zu. Wenn mir alles egal ist, kannst du mir auch nichts anhaben.“
    Gareth hatte plötzlich das Gefühl, als wären seine Nervenbahnen durchtrennt worden, als hätte man sein Gehirn für irgendein grausiges Experiment in Dr. Frankensteins Labor benutzt. Seine Wünsche und Sehnsüchte hatten sich in Luft aufgelöst. Für eine einzige kurze Sekunde sah er die Welt durch das abgrundtiefe Dunkel in Neds Augen.
    Mit einundzwanzig hatte er sich genauso gefühlt. Auch er hatte damals gedacht, sein Leben wäre ruiniert. Gareth hatte sich daraufhin vollständig von der Londoner Gesellschaft abgekapselt. Er hatte sich eingeredet, das alles wäre ihm gleichgültig. Aber er hatte sich selbst belogen.
    Und jetzt bedeutete Ned ihm etwas. Er bedeutete ihm so viel, dass seine Handflächen kribbelten und sein Herz bleischwer wurde. Ihn erfüllte ein mächtiger hilfloser Zorn, weil da niemand war, den er angreifen oder mit Worten verletzen konnte. Es gab nichts, was er hätte sagen können, keine Feinde, die ihn bedrohten. In dieser einen Sekunde hätte er es für seinen Cousin mit der ganzen Welt aufnehmen können.
    Gareth befand sich immer noch in diesem losgelösten Zustand, in dem sein Kopf nicht ganz mit seinem Körper verbunden zu sein schien, als er die Spielhölle verließ. Vielleicht kam Ned ja zur Vernunft, wenn Gareth ihm die Chance dazu gab. Vielleicht beseitigte ja die frische, kühle Luft nach all dem Rauch und dem Geruch von Alkohol das Durcheinander in Gareths Kopf.
    Und vielleicht lief Gareth vor einem Problem davon, das er nicht verstehen konnte. Denn als er in die dunkle Nacht hinaustrat, löste sich das Durcheinander nicht auf. Er fing an zu gehen, weil seine Beine das Einzige waren, das er einigermaßen kontrollieren konnte.
    Es dauerte eine Weile, bis er begriff, dass nicht die abgestandene Luft drinnen seinen Verstand vernebelt hatte. Rein von der Vernunft her wusste er genau, wie er diese Situation angehen musste. Finger weg von seinem Cousin. Eine andere Möglichkeit suchen, um seinen Besitz vor dem möglichen Untergang zu schützen. Nein, in seinem Kopf herrschte diesbezüglich vollkommene Klarheit. Es war sein Herz, das so gründlich verwirrt war.
    Sein Kragen wurde feucht vom Regen. London schien sich hinter dem beharrlichen Nieseln zu verstecken. War es tatsächlich erst wenige Wochen her, dass er Jenny zum ersten Mal geküsst hatte?
    Wenn er sie doch nur nie verführt hätte. Hätte er diese seltsame Beziehung zwischen ihr und Ned bloß einfach weiterlaufen lassen.
    Aber nein. Er hatte seinen Willen durchgesetzt, weil er sich sicher gewesen war, dass es so am besten sein würde. Und er hatte gewonnen. Er hatte Ned überzeugt und Madame Esmeralda als Betrügerin entlarvt.
    Verdammt. Jenny hatte recht gehabt an jenem Tag bei der Schneiderin, als sie ihn so angegriffen hatte. Er hatte nicht verstanden, was sein Cousin wirklich brauchte. Er hatte Ned unglücklich gemacht, genau wie sie es prophezeit hatte.
    Gareth ballte die Fäuste. Diesmal würde er es richtig machen. Er war der Marquess of Blakely, zu irgendwas musste diese ganze Überlegenheit schließlich gut sein.
    In dem Moment musste er an Jenny denken. Aber wie sollte er ihr vor die Augen treten und gestehen, was er getan hatte? Außerdem, so redete er sich

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