Eine Leiche zu Ferragosto
leid, da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.«
Alles in allem war er noch nie gut im Pokern gewesen.
Seine zweite Station war die Villa von Olimpia Casaburi. Nach der Rangordnung des Maresciallo wäre die Signora erst später drangekommen, doch seit Reginas Indiskretion hegte er den Verdacht, sie eventuell unterschätzt zu haben, deswegen stand er gegen neunzehn Uhr vor der Gegensprechanlage von Krishnamurti und überlegte dabei nicht zum ersten Mal, wem die Wohnanlagen nur ihre beknackten Namen zu verdanken hatten. Von innen war der Park eine Zweitauflage Sigmaleas, dieVillen vielleicht ein wenig kleiner, doch in den Augen eines Staatsangestellten immer noch groß und luxuriös genug.
»Kriegers Ruh« stand großspurig auf einem Keramikschild am Gittertor der Casaburi-Villa, hinter dem sich eine weitläufige Rasenfläche bis zum Haus erstreckte. Der entscheidende Unterschied zu den anderen Villen war, dass hier das gesamte verfügbare Terrain zum Gemüse- und Obstanbau genutzt wurde. Weit und breit keine Magnolienbäume und Rhododendren oder andere Zierpflanzen, auch kein Gestrüpp oder wildwachsende Büsche. Der Krieger Sergio Casaburi fand seine Ruhe, indem er düngte, stutzte, harkte und säte. Das Ergebnis war eine hübsch anzusehende Fülle von Auberginen, Tomaten, Zucchini, Kürbissen, daneben Orangen-, Zitronen- und Feigenbäume. Die viele Arbeit erledigte Casaburi, ein berühmter Hals-Nasen-Ohren-Arzt, an den Winter-, Frühlings- und Herbstwochenenden, denn im Sommer, sobald seine Gattin die Villa in Beschlag nahm, verzog er sich in sein Geburtsdorf Morciano, wo er einen weiteren Nutzgarten pflegte. Wie er seinem Beruf in Neapel nachkam und woher er noch die Zeit zum Geldverdienen nahm, war ein Rätsel, während jedermann wusste, warum die Ehegatten versuchten, sich wenn irgend möglich und zu jedweder Jahreszeit aus dem Weg zu gehen. Quelle dieser Gerüchte war wie immer Gnarra, doch Regina hatte dem Ganzen noch einen guten Schuss Würze hinzugefügt, und Santomauro war gespannt darauf, den Skandaljesuiten und seine Anhängerin kennenzulernen.
Er wurde mit aller Höflichkeit empfangen, was ihm fast schon peinlich war. Sie setzten sich in die Küche, die auf eine Gartenlaube mit roten Weintrauben und Meerblick hinausging. Olimpia Casaburi holte gerade einen mit Parmesan überbackenen Auberginenauflauf aus dem Ofen, der so intensiv duftete, dass Santomauro glaubte, den Duft kauen zu können. Freundlich lud sie ihn ein, mit ihnen zu Abend zu essen, was der Maresciallo bedauernd ausschlug, weil es ihm nicht angebracht schien, obwohl er sich nur allzu gern unter die Pergola gesetzt und zugesehen hätte, wie die Dunkelheit vom Wasser heraufzog. Der Jesuit,Pater Lorenzo Lucarello, schnitt frische Tintenfische in Ringe und sah aus, als hätte er in seinem Leben nie etwas anderes getan. Die Panade stand schon bereit und im Topf brutzelte das Öl. Santomauro warf traurig einen letzten Blick auf die Weinlaube und besann sich dann auf seine Pflicht, mit der unvermeidlichen Tasse Espresso in der Hand, deren Inhalt ihm die Wände seines schmerzhaft leeren Magens verätzen würde.
»Elena Mazzoleni war ein unersättliches, bösartiges kleines Miststück, aber diesen Tod hätte selbst ich ihr nicht gewünscht.«
Der Auftakt war vielversprechend, gratulierte sich der Maresciallo insgeheim. Olimpia war eine kräftige Frau, jenseits aller Grazie und Schönheit, wenngleich sie in Reginas Alter war und nur wenig älter als Bebè oder auch Elena. Die blondgefärbten, zu einem eleganten Knoten hochgesteckten Haare passten nicht zu dem billigen Hausmantel mit Karos und Margeriten, doch allem Anschein nach mochte die Dame des Hauses es leger, auch wenn sie sehr sorgfältig geschminkt war. Die schwarzen Augenbrauen gaben ihr etwas misstrauisch Forschendes, und die Beine waren von den Knien abwärts zwei kleine Stämme, die ohne eine Andeutung von Knöcheln in die Füße übergingen. Santomauro wusste, dass sie ein florierendes Immobilienbüro führte, und sie hatte den Ruf einer gewieften Geschäftsfrau, doch sein Eindruck war der einer Hausfrau, deren einzige Sorge es war, dass Teller und Bäuche ihrer Männer immer gut gefüllt waren.
»Sie kannten sie gut?« Santomauro war ein Meister darin, nur selten oder nie einzugreifen und die Verdächtigen freiheraus reden zu lassen, wenn sie denn wollten. Hinter ihm werkelte stumm der Jesuit, ein gutaussehender Mann Mitte vierzig mit dunklen Augen und Haaren. Der Maresciallo
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