Eine skandalöse Braut
bereue nichts, aber ich muss meine Handlungsmöglichkeiten jetzt abwägen.«
»Du bist wirklich verknallt, kann das sein?«
»Sieh mich nicht so verflucht vergnügt an. Du berauschst dich gerade an meiner misslichen Lage.«
Da er auch durchaus pragmatisch sein konnte, bemerkte John lapidar: »Denk darüber nach, mit ihr durchzubrennen. Ich glaube, es gibt keine andere Möglichkeit, bei der es nicht im Vorfeld zu lautem Gebrüll und Blutvergießen kommt. Wenn es erst ein Fait accompli ist, haben beide Familien kaum eine andere Wahl, als es zu akzeptieren.«
Amelias Tante war zum selben Ergebnis gekommen. Alex erhob sich und sagte resigniert: »Ich will ihr alles geben. Eine hastige Hochzeit im Geheimen ist die letzte Möglichkeit, aber ich hoffe, ich werde darauf nicht zurückgreifen müssen.«
»Das ist jedenfalls, was ich tun würde«, bemerkte sein älterer Bruder gelassen.
»John, du hast eine großartige Hochzeit gefeiert, über die man heute noch redet.«
Sein Bruder verzog das Gesicht. »Ich weiß. Ich versuche ja, dir das zu ersparen. Brenn mit ihr durch. Wenn ich noch einmal vor der Wahl stünde … Ganz ehrlich, ich würde es in Erwägung ziehen, ehe ich diese Erfahrung wiederholen müsste.«
»Viele glauben, ich sei wie du. Verzeih mir, wenn ich nicht in jeder Hinsicht dieser irrigen Vorstellung entsprechen will.« Alex nahm die Zügel seines Pferds und schwang sich wieder in den Sattel.
Johns Grinsen war respektlos wie sein Ruf. »Ich ziehe es vor, diese Bemerkung zu ignorieren. Übrigens: Wenn du in deiner Ehe nur halb so glücklich wirst wie ich in meiner, kannst du dich als glücklicher Mann schätzen, auch wenn du in meine Fußstapfen getreten bist.«
»Ich glaube, wir sollten darüber nachdenken, nach London zurückzukehren«, sagte Amelia mit, wie sie hoffte, perfekter Selbstsicherheit. »Vielleicht schon morgen?«
Tante Sophia schenkte sich Tee nach und gab zwei Stückchen Zucker hinein. Sie rührte die dampfende Flüssigkeit um, ehe sie antwortete. »Mein liebes Kind, du bist nicht besonders gut darin, mir etwas vorzumachen. Wusstest du das?«
Es war schwierig, nicht schuldbewusst aufzuschrecken. Vielleicht hatte ihre Tante recht. Obwohl sie sich nicht richtig schuldig fühlte angesichts der Ereignisse in der letzten Nacht. Euphorie, Verwunderung, und ja, da war dieses befriedigende Gefühl, zur Frau geworden zu sein. Eine ganz besondere Freude erfüllte sie.
Alex wollte sie heiraten. Nun, er hatte ihr nicht seine unsterbliche Liebe erklärt, aber er hatte sie gefragt. Und sie hatte Ja gesagt. Die Welt war seither in ein rosiges Strahlen getaucht. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Nein?« Sophia nippte heiter an ihrem Tee.
Sie saßen im gelben Salon, der mit seinen Chintzgardinen mit Blumenmustern und den bequemen Sofas zum Verweilen einlud. Es war ein schöner Tag, und die Sonne strahlte von einem blauen Himmel, wodurch ihre gute Laune sich noch mehr hob. Amelia hatte die wenig förmliche Stimmung auf dem Landsitz immer bevorzugt. Dagegen war das steife Protokoll, dem sie sich im Stadthaus in London unterwerfen musste, erstickend. Aber wenn Alex wieder dort war, übte die Stadt einen unwiderstehlichen Reiz auf sie aus. »Worüber reden wir eigentlich?«, fragte sie vorsichtig.
»Über einen sehr leichtsinnigen, aber attraktiven jungen Mann, nehme ich an.«
Leichtsinnig? Sie war doch die Leichtsinnige gewesen. Sobald sie sich an ihr schamloses Verhalten erinnerte, errötete sie, und das durfte ihr jetzt nicht passieren. Mit größter Sorgfalt stellte sie behutsam ihre Teetasse auf den Unterteller. »Ich nehme an, du meinst Alex.«
»Er war letzte Nacht hier.«
Diese ruhige Feststellung klang mehr nach einer Tatsache und nicht nach einer Vermutung. Amelia war nackt in ihrem Bett aufgewacht, und obwohl der Duft ihres Liebesspiels noch an ihrer Haut haftete, war Alex nicht mehr da. Natürlich hatte sie nicht erwartet, dass er blieb und sich in ihrem Bett erwischen ließ, aber das Gefühl, ihn verloren zu haben, ver-
mischte sich mit ihrer großen Freude. War er auf dem Weg nach London, um mit ihrem Vater zu reden? Sie hatte zugestimmt, ihn zu heiraten, aber sie kannte seine Pläne nicht. Wäre sie nicht so matt und angenehm erschöpft gewesen, hätte sie ihm mehr Fragen gestellt, was nun geschehen sollte. So war sie bloß in seinen Armen eingeschlafen. »Wieso glaubst du
das?«
Jetzt war es Sophia, die etwas unbehaglich auf ihrem Stuhl herumrutschte. »Gut möglich, dass wir
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