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Eine Stuermische Nacht

Eine Stuermische Nacht

Titel: Eine Stuermische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie praktisch nackt war und sich wie ein albernes junges Ding aus einem Schauerroman an ihn klammerte. Sie erstarrte. Sie nahm die Arme von seinem Hals und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die Reste ihres Kleides vor sich zusammenzuziehen. Mit gesenktem Kopf erklärte sie:
    »Ich schulde Ihnen mehr, als ich in Worte fassen kann.« Sie musste an seine verblüffende Erklärung denken, dass er vorhabe, sie zu heiraten, und sagte hastig, in der Hoffnung, ihm damit eine Sorge zu nehmen:
    »Und natürlich weiß ich, dass es nicht Ihr Ernst war, als Sie das mit der Heirat erwähnt haben. Ich weiß, Sie haben es nur gesagt, um Ainsworth abzulenken.« Sie riskierte einen Blick in sein Gesicht und lächelte. »Ich werde Sie nicht daran binden«, versicherte sie ihm.
    Barnaby betrachtete ihre tränennassen Züge eine endlos scheinende Minute lang. Das silberblonde Haar hing ihr in wilder Unordnung um die blassen Schultern, die grauen Augen unter dem dichten Kranz ihrer Wimpern waren dunkel vor Gefühl, und ihr verführerischer rosa Mund bebte ganz leicht. Sie hatte in seinen Augen nie lieblicher ausgesehen – trotz des unansehnlichen blauen Fleckes, der sich an ihrem Kinn bildete, und wenn er irgendwelche Zweifel daran gehegt hatte, wie es um sein Herz bestellt war, so waren sie beigelegt.
    Er verfluchte den Moment, war sich bewusst, dass er sich kaum erklären konnte, wenn sie gerade erst eine gewaltsame Entführung hinter sich hatte, fast vergewaltigt worden wäre und ein Toter ein Stück hinter ihnen auf dem Boden lag. Seufzend sagte er:
    »Danke. Das ist überaus freundlich von dir.«
    Emily wusste nicht, ob sie erleichtert sein sollte oder am Boden zerstört von seinem Eingeständnis, dass seine Erklärung nicht ernst gemeint gewesen war. Sie ermahnte sich, dass es ihr nichts ausmachte, nicht wirklich, schaute weg und sagte:
    »Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet. Wenn Sie nicht gekommen wären …«
    »Aber ich bin gekommen«, unterbrach Barnaby sie und zwang sich, den Arm von ihrer Taille zu nehmen.
    »Und du schuldest mir nichts.«
    Ohne ihn anzusehen, zog sie die Fetzen ihres Kleides fester um sich.
    »Oh doch«, beharrte sie, »ohne Sie hätte er mir Gewalt angetan.« Sie hob den Blick. »Danke – Sie haben nicht nur meine Ehre, sondern mir vermutlich auch das Leben gerettet.«
    »Ich denke, dann sind wir wohl quitt«, entgegnete Barnaby ruhig. »Dein Jeb hat mich gerettet, und nun habe ich mich lediglich revanchiert.«
    Emily wollte ihm widersprechen, entschied aber, dass es keine geeignete Weise wäre, ihre Dankbarkeit zu zeigen. Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    »Wenn Sie das sagen, gut. Aber ich werde Ihnen für den Rest meines Lebens aus tiefstem Herzen dankbar sein.«
    Beinahe, als hätte er sie nicht gehört, strich er sachte mit dem Zeigefinger über den blauen Fleck, den er eben schon bemerkt hatte, und fragte: »War er das?«
    Sie nickte.
    Seine Züge verhärteten sich.
    »Dann ist es nur gut, dass ich ihn umgebracht habe.«
    »Es ist bestimmt schlecht von mir«, gestand Emily, »aber ich kann nicht anders, als mich freuen, dass er tot ist. Er war ein grässlicher Mann.« Sie dachte wieder an diese spannungsgeladenen Momente, ehe er zugestochen hatte. Sie runzelte die Stirn.
    »Warum haben Sie gewartet? Warum haben Sie ihn nicht gleich angegriffen, sobald Sie ins Zimmer kamen?«
    Als er schwieg, glaubte sie schon, er würde darauf nichts erwidern; es sah so aus, als konzentrierte er sich allein darauf, sie in das Laken zu wickeln, das er vom Bett gezogen hatte. Sobald sie ganz von dem Tuch bedeckt war und nur oben der Kopf herausschaute, hob er sie auf seine Arme, als wöge sie nicht mehr als eine Feder.
    Er drehte sich um und ging mit ihr zur Tür; erst da antwortete er ihr.
    »Ainsworth hat eine Menge Unsinn von sich gegeben, aber mit einer Sache hatte er recht. Wir Amerikaner haben ein paar seltsame Sitten«, erklärte er.
    »Und eine davon ist ein heftiger Widerwille, einen unbewaffneten Mann zu töten – ich musste warten, bis er sich seine Waffe geholt hat.«
    »Aber woher wussten Sie, dass er eine Waffe hat?«, fragte sie erstaunt.
    Barnaby lächelte und küsste sie auf die Nasenspitze.
    »Er war eine Schlange, meine Liebe, und die meisten Schlangen haben Giftzähne – ich musste nur darauf warten, dass er sie zeigt.«

Kapitel 14
    Barnaby trug Emily rasch durch das dunkle Haus ins Freie. Als er an seinem Pferd ankam, setzte er sie in den Sattel. Er fasste das Tier am Zügel und führte es

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