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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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mich nicht, verstehen Sie.«
    »Sorry, sorry, das verstehe ich vollkommen, ich hab es nicht so gemeint …«, entgegnet James. Oder besser gesagt, er stammelt.
    Ich schaue mich am Tisch um. Sir William mag das Projekt nicht und hat den Verdacht, dass James langsam durchdreht. Declan blättert hektisch in seinen Tabellen und Ordnern und versucht verzweifelt, in letzter Minute noch das entscheidende Kaninchen aus dem Hut zu zaubern, während James totenbleich geworden und anscheinend wirklich am Rande eines Nervenzusammenbruchs ist.
    Wenn ich netter wäre, würde ich jetzt den Mund halten, weil ich erkenne, dass diese beiden Typen um ihr berufliches Überleben kämpfen. Vielleicht würde ich sogar hilfreich einschreiten, denn schließlich habe ich jede Menge Vorschläge, die ich James einflüstern könnte und die möglicherweise sogar für ein breites Publikum brauchbar wären. Mir ist klar, dass Declan kein Ass im Ärmel hat, aber andererseits ist er ja für die Finanzen zuständig, während James für Konzepte und die »Firmenvision« (der Ausdruck stammt von ihm, nicht von mir) verantwortlich zeichnet.
    Also stehe ich hier vor zwei Alternativen. Ich könnte James eine meiner Ideen präsentieren, die er in diesem Augenblick auch sicher nicht als »Konsens- TV « abtun würde (wie er das früher gern getan hat). Ich habe sogar schon einen Titel parat.
Gott erschuf den Menschen, aber ich hätte das besser machen können.
    Das wäre Möglichkeit eins, aber ich entscheide mich gegen sie.
    Denn in diesem Moment taucht plötzlich die Erinnerung an Kreisch-Sophie vor meinem inneren Auge auf, wie sie in meinem Schlafzimmer steht, im Hemd meines Exfreundes, wo ich noch nicht mal kalt im Sarg bin … und das reicht.
    »Du hättest auf mich hören sollen«, sage ich zu James, dem inzwischen der Schweiß in Strömen übers Gesicht läuft. Ich schreie ihn an und rege mich bei der Erinnerung an den Schock heute Morgen so auf, dass meine Sommersprossen wahrscheinlich dunkel anlaufen. Okay, vielleicht ist das nicht der ideale Zeitpunkt, um ihm das beizubiegen, aber juckt mich das? »Du warst zu sehr damit beschäftigt, mich zu belügen und zu betrügen und diese angemalte Schlampe in unser Haus zu holen. Es macht mich krank, wie du in der Öffentlichkeit auftrittst und den Freund mit dem gebrochenen Herzen mimst. Aber eines verstehe ich überhaupt nicht … hab ich dir so wenig bedeutet, James? Ganz im Ernst?«
    »Nein, nein, nein …«, sagt er und massiert immer heftiger seine Schläfen.
    »Junger Mann, ist wirklich alles okay?«, erkundigt Sir William sich besorgt.
    »Er … er hatte eine Menge Stress in letzter Zeit … privat«, erklärt Declan in dem Versuch, die Situation zu retten. Aber jetzt gibt es für mich kein Halten mehr.
    »Ich meine, ich war so nett zu dir«, fahre ich mit meiner Tirade fort. »Ich hab deine Stimmungen und deine Arroganz ertragen, aber jetzt sehe ich endlich klar. Niemand mag dich wirklich, weißt du. Weder meine Freunde noch meine Familie, und wie sich herausstellt, hatten sie vollkommen recht mit ihrer Einschätzung. Du bist bloß ein egozentrischer, eingebildeter Schwätzer. Weiter nichts.«
    »Das kann doch alles gar nicht sein«, murmelt er und schwankt plötzlich auf seinem Stuhl. »Nicht jetzt, nicht hier.«
    »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, mein Lieber, denn das hier ist dein schlimmster Albtraum.
Ich
bin dein schlimmster Albtraum. Und ich hab nicht mal ansatzweise ein schlechtes Gewissen, dir das zu sagen, denn weißt du was? So, wie du dich benommen hast, verdienst du Sir William und sein Geld gar nicht. Und einen Partner wie Declan auch nicht, der im Übrigen ohne dich viel besser dran wäre.«
    »Doch, ich verdiene es«, stöhnt er, als hätte er nun endgültig den Bezug zur Realität verloren.
    »Und eins noch. Kopernikus hat sich gemeldet, weil er herausgefunden hat, dass du doch nicht das Zentrum des Universums bist.«
    Inzwischen brabbelt James nur noch wirres Zeug und wiederholt Bruchstücke von dem, was ich gesagt habe.
    »Vielleicht sollten wir einen Arzt rufen«, sagt Sir William und steht auf. »Dem Jungen geht’s nicht gut, er faselt seltsame Dinge von Kopernikus. Ich versteh das nicht, normalerweise seid ihr beide doch voll auf Draht, was ist denn heute mit euch los?«
    Jetzt kann der arme Declan nur noch den Schaden begrenzen, aber es ist zu spät. Denn in diesem Augenblick schlägt das dritte Desaster zu.

desaster nummer drei
    Mit makellosem Timing kommen

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