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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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Einzige, was er angegeben habe, waren Name und Dienstgrad, genau wie man es tun sollte. Immer und immer wieder, obwohl er auf das Gröbste gefoltert wurde.
    Ich bin mir nicht sicher, dass er die Wahrheit sagt. Ich kann mir vorstellen, dass er sich auf der Toilette sitzend einen passenden Traum zusammengesponnen hat. Ich glaube, es lag irgendwie an der Art, wie er erzählt hat. Das nächste Mal, wenn es ihm wieder passiert, werde ich ihn ein bisschen mehr unter Druck setzen, aber an diesem Morgen hatte ich keine Lust dazu. Ich hatte bis nach Mitternacht hinterm Tresen gestanden und erst wenige Stunden Schlaf im Körper.
    Wir schliefen beide wieder ein und redeten nicht mehr über die Sache.

32
    S ie betraten die Wohnung in der Prennegatan um zehn nach neun am Freitagmorgen. Es war der 1. Oktober, und das Wetter hatte umgeschlagen in etwas, das, wie Backman vermutete, einen Altweibersommer darstellen sollte. Der Gedanke, nach Kopenhagen hinüberzufahren und Kristin Pedersen zu überprüfen, war ihr bereits gekommen, als sie im Hotel gefrühstückt hatte, aber ihr war klar, dass es mehr mit dem blauen Himmel und der warmen Brise zu tun hatte als mit den Ermittlungen selbst. Ein Stückchen Fleisch und ein Glas Rotwein in einem der kleinen Lokale um den Gråbrödretorv abends nach verrichteter Arbeit, dieser Gedanke war es wohl in erster Linie, der sie lockte.
    Und dann die Heimfahrt am Samstag, sie musste sich erst am Sonntag um die Söhne kümmern, es war genügend Zeit vorhanden.
    Das gestrige Essen mit Inspektor Ribbing, Gustaf mit Vornamen, war nett gewesen, vielleicht hatte es ja Lust auf mehr geweckt. Es konnte schon sein, dass er versucht hatte, ein wenig mit ihr zu flirten, aber er war mindestens zehn Jahre jünger als sie, und sie hatte ihn nicht weiter ermuntert. War nur ganz allgemein positiv und wohlwollend eingestellt gewesen. Hatte zwei Gläser Sancerre zur Seezunge und einen kleinen Muscat zur Crème brûlée getrunken, war ein wenig beschwipst, mehr nicht. Sie hatte versucht, ihren Teil der Rechnung zu begleichen, aber das hatte er nicht akzeptiert. Sie hatten sich kurz vor elf Uhr in der Grönegatan vor dem Concordia getrennt.
    Eine hastige Umarmung, das war alles. Nicht einmal dieser minimale verlängerte Augenkontakt mit der unausgesprochenen Frage.
    So sieht es also inzwischen mit meinem Liebesleben aus, hatte sie gedacht, bevor sie einschlief. Es existiert überhaupt nicht.
    Und in der Prennegatan hatten sie Gesellschaft von einem Inspektor Larsson bekommen.
    Zwei Zimmer und Küche. Schlafzimmer mit Arbeitsplatz. Wohnzimmer mit Bang-Olufsen und fünfzehnhundert Büchern. Abgesehen von den Bücherregalen nicht viele Möbel, ein Glastisch und zwei Metallrohrsessel, ziemlich spartanisch. Ein kleiner Balkon, der auf den Hof zeigte. Inspektor Larsson informierte sie, dass das Haus 1936 gebaut worden war und einer Wohnungsbaugenossenschaft gehörte. Insgesamt sechzehn Wohnungen, Grooths lag im zweiten Stock und war eine der kleinsten. Er hatte sie 1995 gekauft, in dem Jahr, als die Genossenschaft gegründet worden war. Bis dahin hatte er hier zur Miete gewohnt.
    Alles war sauber und ordentlich. Das Bett war akkurat gemacht, nichts lag herum, weder Kleidung nach halb gelesene Zeitungen. Nicht einmal Geschirr in der Geschirrspülmaschine. Nur ein kleiner Stapel Post auf der Fußmatte. Eva Backman dachte, dass es genau so aussah, wie man sich vorstellt, dass eine Wohnung auszusehen hat, wenn man von einer Reise nach Hause kommt.
    Oder wie man sie möglicherweise hinterlässt, wenn man weiß, dass die Polizei kommen wird. Beispielsweise, weil man sich das Leben nehmen will.
    Sie überlegte, ob Ribbing wohl die gleichen Überlegungen anstellte, fragte jedoch nicht. Auf jeden Fall fanden sie keinen Abschiedsbrief. Vor dem Computer im Schlafzimmer lag ein Schreibtischkalender. Backman schlug die aktuelle Woche auf. Da gab es nur eine einzige Notiz, aber die war um so überraschender.
    Fand zumindest Eva Backman.
    Freitag, 1. Oktober
    Paris. Kastrup 10.30 Uhr
    Sie schaute auf die Uhr und nickte Ribbing zu, der soeben das Zimmer betrat.
    »Guck mal. Er sollte in einer Stunde nach Paris fliegen.«
    »Was?«, sagte Ribbing. »Was soll das denn bedeuten?«
    Sie diskutierten zehn Minuten lang, was das zu bedeuten hätte. Obwohl eigentlich eine halbe genügt hätte. Zumindest war Eva Backman der Meinung. Warum zum Teufel bucht man eine Reise nach Paris, deren Abflugtermin eine Woche, nachdem man sich das Leben genommen

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