Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)
über.«
»Hm, von
der Seite aus hab ich die Sache noch gar nicht betrachtet.«
»Ihr Krauts
seid schon verrückt. Bringt ein paar Millionen Juden um und macht euch Gedanken
um einen bescheuerten alten Geldschrank«, sagte er kopfschüttelnd.
Ken schlug
vor, in eine andere Kneipe zu wechseln, wo sich der Rest der Gang befand. Als wir
am Metro-Eingang vorbeikamen, zeigte er auf das Graffiti Rest in Peace . »War
mein Bruder. Was hältst du davon?«
»Wer? Das
Opfer oder der Killer?«
»Der Mann,
der das Graffiti gepinselt hat. Man gibt so was hier in Auftrag, wenn man Killer
ist, und macht sich nicht selbst die Finger schmutzig.«
»Verstehe
…«
Seine Stammkneipe
lag neben einer ausgebrannten Wäscherei. An der verkohlten Außenwand klebte ein
Aufruf, vorsichtig mit Feuer umzugehen.
Amerikaner
haben ein besonderes Verhältnis zu Bränden. Wenn ein Haus abfackelt, dann weckt
das archaische Ängste in ihnen. Sie fangen sofort an, neue Feuerlöscher aufzuhängen,
noch mehr Feuerleitern zu montieren und die ganze Stadt mit Warnhinweisen zu bekleben.
»Das da
drüben sind Mortimer und Bill«, sagte Ken und klopfte aufgekratzt gegen die Scheibe.
Im Halbdunkel
hinter den Billardtischen saßen zwei Knaben mit gleich gedrehten Schirmmützen. Der
eine mochte ungefähr elf Jahre alt sein. Der andere war vielleicht vierzehn und
stocherte mit dem Zeigefinger im Aschenbecher, wenn er sich nicht in der Nase bohrte.
Besonders angetan hatten es ihm Zigarettenkippen mit Lippenstift. Manchmal nahm
er eine heraus, zog selbstgefällig grinsend daran und warf sie dann angeekelt unter
den Tisch.
»Das hier
ist ’n Kraut namens Albert, der was mit meiner Schwester hat«, stellte Ken mich
vor. »Er macht den vierten Mann.«
»Ich hab
nichts mit seiner Schwester«, widersprach ich. »Hätte sie wohl gern. Sie linst mir
nur immer auf den Kuhstall, wenn sie mir was zu trinken bringt.«
»Tja, was
glaubst du denn, was das hier in der Bronx bedeutet?«, fragte der kleinere und haute
sich lachend auf die Oberschenkel.
»An deinem
Adamsapfel könnte man eine Krawatte aufhängen«, feixte sein Kompagnon und fuhr sich
mit der Hand über die Kehle.
»Oder den
Haken, an dem du dich aufhängst.«
Ken hatte
uns Brechstangen besorgt, die wir mit Gurten auf den Rücken schnallten. Außerdem
Taschenlampen, Blendgranaten und zwei Akkubohrer. Das Zeug war in rot-grünen Campingrucksäcken.
Ich fand, wir sahen aus wie minderjährige Robin Hoods. Fehlten nur noch Filzhüte
mit roten Fasanenfedern.
Ich fragte
Ken, wem er denn mit den Blendgranaten das Augenlicht ruinieren wolle? Etwa der
Polizei, falls die uns auf den Pelz rückte? Dann könnten wir nämlich gleich unser
Testament machen, dann würde man uns noch in der Untersuchungshaft sämtliche Zähne
ziehen.
Ken sagte,
die Dinger würden nur auf der Flucht eingesetzt, im Notfall. Außerdem sei ihr Verfallsdatum
abgelaufen. Er wisse nicht, ob sie noch funktionierten.
Die Transportfirma
machte einen eher abgewrackten Eindruck. Aber das war wohl nur Fassade fürs Finanzamt.
Als wir die Eingangstür aufgebrochen hatten, sah ich, dass schon die Perserteppiche
im Foyer und die Originale von Jackson Pollock ein Vermögen wert waren.
»Mafiosi
… die reinste Dollarpresse«, sagte Ken und drehte prüfend eine Runde durch den Raum.
»Hier wird Geld in großem Stil gewaschen. Das ganze Zeug und die Trucks draußen
sind nur Staffage, um die Finanzbehörden hinters Licht zu führen.«
Offenbar
kannte er sich aus, denn er steuerte zielstrebig auf eine mahagonivertäfelte Wand
am Ende des Büros zu.
»Der kleine
Geldschrank neben der Anrichte ist nur eine Attrappe. Das Ding, das wir suchen,
steckt hinter der Wandverkleidung.«
Wir begannen
mit unseren Brechstangen die Platten aus den Holzrahmen zu brechen. Ken sagte, es
gäbe irgendwo einen Mechanismus, um die Vertäfelung zu öffnen. Leider habe er keine
Information darüber, wie er funktioniere. Wenig später krachten die letzten Platten
auf den Parkettboden und in der Wand wurde ein grau glänzender Geldschrank sichtbar.
Er war ungefähr einen Meter 20 hoch.
Irgendwie
erinnerte mich das Ding mit seinem Drehgriff, der wie ein Kruzifix wirkte, an einen
auf dem Kopf stehenden Altar. Es ging etwas Heiliges von ihm aus. Man konnte verstehen,
dass Menschen den Mammon anbeteten, erst recht, wenn er so eindrucksvoll verpackt
war.
»Wow«, sagte
Ken. »Der sieht gut aus …«
Wir brauchten
über eine halbe Stunde, um ihn aus seinen Metallhalterungen
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