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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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den Anblick seiner beschlagenen Fenster zu ersparen. Er ging zum Kühlschrank, holte Eiswürfel und warf sie in ein Glas, goss einen Schuss Black Velvet darüber, dann einen zweiten und ging ins Wohnzimmer hinüber.
    Er setzte sich in den Sessel, in dem Donna gesessen hatte, kippte die Lehne nach hinten und dachte über seinen Tag nach, vor allem über Mendelsohn.
    Auch die Dinge, die für den folgenden Tag anstanden, gingen ihm durch den Sinn, die Anrufe, die fällig waren, die Berichte, die er schreiben musste. Er dachte an Donna und fragte sich, ob sie noch kommen würde. Und falls ja, was das bedeutete.
    Er döste ein. Als er wach wurde, war das Eis in seinem Glas geschmolzen. Es war zu früh, um ins Bett zu gehen, und er hatte keine Lust, zu lesen. Er sah gerade die zweite Hälfte eines Naturfilms, als sein Handy klingelte.
    »Du bist noch wach«, sagte Donna. »Ich hatte schon Sorge, dass es vielleicht zu spät ist.«
    »Wo steckst du?«
    Sie stand an der Eingangstür seines Gebäudes. Er drückte den Türöffner und wartete in der Halle auf sie. Als sie aus dem Fahrstuhl kam, sagte er: »Sehe ich zu begierig aus?«
    Sie antwortete nicht, doch als sie bei ihm war, legte sie ihm die Arme um die Taille und ließ den Kopf an seine Schulter sinken. Schneeflocken schmolzen an seiner Wange. Sie trat einen Schritt zurück, ohne die Hände von seiner Taille zu nehmen. »Sie behindern ernstlich meine Konzentration, Sir.«
    Als er ihr in der Wohnung den Mantel abgenommen und einen Drink eingegossen hatte, fragte er sie nach ihrem Tag. Sie setzte sich wieder in seinen Sessel, nahm einen Schluck Whisky, stellte das Glas auf dem Wandtisch ab und blickte zur Decke. Als sie ihn wieder anschaute, fragte sie: »Würdest du mich nicht lieber einfach nur vögeln?«
    Als sie später nebeneinanderlagen, klingelte das Telefon neben dem Bett. Cardinal stützte sich auf den Ellbogen und sah auf dem Display nach, wer es war. Delorme. Er nahm nicht ab.
    »Das Leben eines Cops, ja?«, sagte Donna. »Eine Menge nächtliche Anrufe.«
    »Das war nicht dienstlich.«
    »Aha – du hast mal wieder dein Dispolimit überzogen.«
    »Jemand, mit dem ich befreundet bin, eng befreundet, genauer gesagt.«
    »Erzähl mir von ihm.«
    »Vielleicht ein andermal.«
    Sie drehte sich auf die Seite und küsste ihn auf die Schulter. »Ich wollte nicht neugierig sein. Ich bin nur interessiert. Freunde verraten viel über einen Menschen. Nicht, dass ich welche hätte.«
    »Kann ich mir nicht denken.«
    Sie legte sich wieder hin, hielt sich eine blonde Haarsträhne vor die Augen, betrachtete sie einen Moment und ließ sie fallen. »Mein Mann war mein bester Freund. Schon komisch – so hab ich ihn nie gesehen, bis er mich verlassen hat. Es hat so weh getan, dass ich mich bei meinem besten Freund trösten und ihm sagen wollte: ›Gott, das tut weh‹, aber natürlich war er nicht da, um mich zu trösten.«
    »Ich bin sicher, du hast noch andere Freunde.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich interessiere mich für Menschen. Ich mag meine Arbeit. Ich stelle gerne Fragen und lerne dazu. Aber zu guter Letzt will ich sie dann doch nicht bei mir haben. Ehemänner kriege ich. Liebhaber kriege ich. Aber Freunde …« Sie drehte sich wieder auf die Seite. »Eigentlich erstaunt es mich, dass du mit jemandem so eng befreundet bist, ich meine, so wie du neulich über deine Frau gesprochen hast, dachte ich …«
    Er nahm ihre Hand und hielt sie hoch. Sie hatte kleine, gepflegte Finger mit kurzgeschnittenen Nägeln. »Wieso hat dein Mann dich nur verlassen? Kaum zu glauben, dass jemand etwas so Dummes tut.«
    »Man mag einiges über Ray sagen können, aber dumm war er bestimmt nicht. Er konnte es nur nicht mehr ertragen, was für ein Biest ich war.«
    »Warst du das wirklich?«
    »Eindeutig.«
    Cardinal sah sie an. »Das Potential kann ich wohl erkennen.«
    Sie lächelte. »Ich war dumm. Er war ein sehr gütiger Mann. Er hat für mich gesorgt – hat es zumindest versucht –, hat nicht viel getrunken, ist nicht anderen Frauen hinterhergelaufen, hat sich gut um die Finanzen gekümmert. Aber, ich weiß auch nicht, irgendwie ist er mir auf die Nerven gegangen, und ich musste Protest einlegen. Natürlich auf die dämlichste Art, die man sich denken kann.«
    »Du hast mit anderen Männern rumgemacht.«
    »Schlimmer. Mit seinem besten Freund.«
    »Mein Gott, du warst wirklich ein Biest.«
    Sie nickte – nur ein Mal, ein schlichtes Ja. »Ich hab doch wahrhaftig nicht

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