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Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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frischer Wiese riechenden Butter ist das eine Sensation.
    »Boah«, sage ich.
    Der Faller kaut und nickt.
    »Was ist das?«, frage ich.
    »Schleswig-Holstein«, sagt Rocco. »So schmeckt Schleswig-Holstein.«
    Ich verstehe nicht ganz.
    »Ich war da heute auf einem Bauernhof, bei Freunden von mir. Die backen neuerdings Brot und eben auch diese geilen Brezeln. Und sie machen Butter.«
    »Hammer«, sagt der Faller, bricht ein großes Stück von seiner Brezel ab und steckt es in den Mund.
    »Eine gute Butterbrezel kann Leben retten«, sagt Rocco, »richtig?«
    »Richtig«, sage ich, der Faller nickt.
    »Wir werden das Angebot der Blauen Nacht erweitern«, sagt Rocco. »Neben Alkohol und Zigaretten gibt’s jetzt auch eine Speisekarte, und auf der stehen Butterbrezeln. Ich will das Zeug aus Schleswig-Holstein importieren. Ich muss nur noch Klatsche beipulen, dass wir das machen. Helft ihr mir?«
    Wir nicken.
    Ich bin ja selten hingerissen von irgendwas zu essen. Aber gerade klappt’s. Die Brezel hat mich.
    Und als fünf Minuten später Klatsche reinkommt, sagt der Faller:
    »Wir brauchen mehr Butterbrezeln in Hamburg.«
    »Was brauchen wir?«, fragt Klatsche, stellt sich neben mich, legt mir den Arm um die Schultern und küsst mir den Scheitel.
    »Hier«, sagt Rocco und hält ihm seine frisch bestrichene Wunderwaffe hin.
    Klatsche kaut und spitzt die Augen und kaut und fängt an zu strahlen.
    »Astreiner Stoff. Warum gibt’s so was bei uns nicht?«
    *
    Gegen Mitternacht, als der Faller längst bei seiner Frau und seinen Rosen ist, als alle Gäste in der Blauen Nacht einmal mit allem durch sind, als so langsam der Schichtwechsel kommt, als die Bar immer privater wird und sich von einem öffentlichen Ort ins Wohnzimmer unserer kleinen Gruppe verwandelt, als nur noch so vier, fünf Stammgäste da sind, die zufrieden schimmernd am Tresen sitzen und leise reden, als Klatsche schon mal anfängt, ein paar Gläser zu polieren, schieben Rocco und Carla in der linken hinteren Ecke die Tische und Stühle zur Seite und fangen an, Tango zu tanzen.
    Hinter der Theke steht ein großes dunkelbraunes Holzregal für die Flaschen, das Ding ist alt und fest und stabil. Ich sitze auf einer Kante der Arbeitsplatte und hab meine Füße auf der Fensterbank. Vorm Fenster blinken verschwommen ein paar Lichterketten durch den Schnee, sie hängen in den Fenstern gegenüber und sollen Kunden anlocken. Die Damen von der Herbertstraße haben das ganze Jahr über die Weihnachtsdekoration angelegt.
    Ich sehe Carla und Rocco zu, wie sie sich aneinandergeklebt über den knarzigen Holzboden strecken. Das sieht wieder toll aus. Carla, in ihrem knielangen schwarzen Kleid, gerade weit genug, damit sie so eben reinpasst. Die schwarzen Stiefel, die dunklen, kinnlangen Locken. Rocco in weißem Hemd, dunkelgrauer Nadelstreifenhose und diese verrückten Schlangendinger an seinen Füßen. Carla um ihn herumgewickelt. Als wäre sie sein Ganzkörperschal. Oder ein dunkler Schwan. Und dann: hin und her und biegen. Und hin und her und biegen. Die Musik, zu der sie tanzen, ist so bescheuert wie grandios. Finnischer Tango, auf Deutsch gesungen, krächzender Grammophonsound. Da stimmt gar nichts mehr und alles. Das produziert eine Stimmlage hier in der Hütte, da möchte man sich reinlegen.
    Die Tür geht auf, die Nacht drückt erst ein bisschen Schnee herein, dann meinen italienischen Kollegen. Der Calabretta sieht aus, als hätten sie ihm das Pferd erschossen. Er zieht seine Jacke aus, setzt sich an die Theke, mir gegenüber. Seine grau-weiß-blaue Forza-Napoli-Mütze lässt er auf. Sagt nicht hallo und gar nichts.
    Ich rutsche von meiner Kante, drücke mich an der massiven alten Theke vorbei und setze mich neben ihn. Klatsche holt eine Flasche Astra aus dem Kühlschrank und stellt sie dem Calabretta vor die Nase. Er nickt und fängt sofort an zu trinken.
    »Was ist passiert?«, frage ich.
    Er holt tief Luft. Nimmt noch einen Schluck.
    »Wir haben doch diesen V-Mann auf dem Kiez«, sagt er. »Den Mann, den wir ins Umfeld vom Albaner gesetzt haben.«
    Oje. Ich kann’s mir fast denken.
    »Wir haben den Kontakt verloren«, sagt er.
    »Seit wann?«
    »Seit gestern«, sagt er. »Wir wollten uns Heiligabend treffen, spät in der Nacht, in einem Park in Eimsbüttel. Er ist nicht gekommen. Und er meldet sich nicht.«
    »Warum sagen Sie mir das erst jetzt?«
    »Sie haben Urlaub, Chef.«
    »Scheiß auf Urlaub«, sage ich und trete mit dem Fuß gegen die Theke.
    »Hey«, sagt

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