Elben Drachen Schatten
hinaus hatte sich die Entscheidung, die Einhandgarde zahlenmäßig aufzustocken, als richtig erwiesen. Thamandor nahm sich vor, den König davon zu überzeugen, dass man diesen Weg weiter beschreiten musste.
Aber am wichtigsten war es, König Keandir zu überreden, nach Naranduin zurückzukehren oder zumindest eine Expedition zur Insel des Augenlosen Sehers zu gestatteten, um endlich Nachschub zu erhalten von jenen Steinen, aus denen sich das »Naranduinitische Steingewürz« herstellen ließ. Den einzigen funktionierenden Flammenspeer führte Thamandor in seinem Sattelfutteral mit sich. Er hoffte, dass zumindest diese Waffe bald wieder einsatzfähig war.
Nach den Ereignissen rund um den Elbenturm hatte Thamandor eigentlich keinen Zweifel daran, dass der König in dieser Frage früher oder später über seine Schatten springen würde.
Als Keandir mit seinem Gefolge in die Hauptstadt seines Reichs zurückkehrte und die Elbenhavener Andir und dessen erbleichtes Haar erblickten, schauderten sie. Erst nach und nach erkannten sie in dem Greis auf dem Elbenross den größten Magier der Elbenheit, und sie ahnten, welche Opfer in diesem Kampf gebracht worden waren, den sie alle nur aus der Ferne beobachtet hatten.
Der Zug der Elbenkrieger und der Überlebenden vom Elbenturm durchquerten die Stadt und ritten in die Burg Elbenhaven ein. Dort, im inneren Burghof, wurden sie von Ruwen, Admiral Ithrondyr und der versammelte Magiergilde sowie allen Schamanen Elbenhavens empfangen. Den ganzen Tag über hatten sie auf die Rückkehr des Königs gewartet.
Keandir stieg vom Pferd, und Ruwen lief ihm entgegen und schloss ihn in die Arme. »Kean! Wie froh ich bin, dass du zurück bist!«, stieß sie hervor, und König Keandir strich seiner Gemahlin zärtlich über das seidige Haar.
Dann erkannte die Königin in dem Greis auf einem der Pferde ihren Sohn Andir, und sie erbleichte. So sehr sie sich auch bemühte, ihr tiefes Entsetzen zu verbergen, es war ihr dennoch ins Gesicht geschrieben; durch die enge geistige Verbindung, die zwischen ihnen bestand, wusste sie von den unbeschreiblichen Qualen, die er durchlitten hatte, aber ihn so zu sehen, schockierte sie sehr.
»Erschreckt nicht, Mutter«, sagte Andir mit schwacher Stimme. »Es gibt keinen Grund dafür. Meine äußere Hülle mag vom Tode gezeichnet sein, aber innerlich bin ich stärker als je zuvor.« Mit müden Bewegungen stieg er vom Pferd. »Ich habe die Schatten meiner eigenen Seele gesehen, und danach gibt es nichts mehr, was mich noch schrecken könnte. Auch die Zeichen der Veränderung in meinem Aussehen nicht.«
Zeichen der Veränderung nannte er es, durchfuhr es Ruwen aber es waren Zeichen des nahen Todes, wie er die Rhagar ereilte. Vorsichtig umarmte sie ihn, drückte ihn behutsam an sich, denn er wirkte so zerbrechlich, dass sie Angst hatte, ihn verletzen zu können. Sie kämpfte vergebens gegen ihre Tränen an.
Als sie sich wieder voneinander lösten, wandte sich Andir den versammelten Schamanen und Magier zu, die ihn abwartend ansahen. Sie schienen nicht so recht zu wissen, was sie von seiner veränderten Erscheinung halten sollten.
»Ich danke euch für euren Beistand«, sagte Andir. »Ich hätte es ohne euch nicht geschafft. Ohne euch nicht – und nicht ohne den Geist von Brass Elimbor, der mich begleitet und mir die Augen über meine Bestimmung geöffnet hat.«
König Keandir, der den Worten seines Sohnes mit einer tiefen inneren Anspannung lauschte, fragte sich, welche Bestimmung dies wohl war. Königin Ruwen wandte sich erneut ihrem Sohn zu, der aussah, als hätte er bereits ein viel höheres Alter erreicht als sie. Sie legte ihm die Hand auf dem Oberarm und sagte: »Ich werde der Dienerschaft Bescheid geben, auf dass deine Gemächer hergerichtet werden, die du solange nicht mehr betreten hast.«
»Macht Euch keine unnötige Mühe, Mutter«, entgegnete Andir. »Ich werde nicht lange bleiben, denn ich habe große Pläne und wichtige Dinge zu erledigen…«
»Dinge, die mit einer Bestimmung zu tun haben, die dir Brass Elimbor eröffnet hat?«, fragte König Keandir und trat auf ihn zu.
Andir nickte. »Ja, das auch.«
»Kannst du uns nicht Näheres darüber sagen?«
»Zu gegebener Zeit, Vater …«
Ein Ruck ging plötzlich durch Magier. Für einen kurzen Moment spürte er eine Verbindung zu seinem Zwillingsbruder Magolas. Es tut mir leid mein Bruder. Aber wir stehen auf verschiedenen Seiten …
Ein paar Wochen nahm sich Andir, um auch körperlich
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