Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Haar oder einen Helm bedeckt wurden, konnte man ihn durchaus für einen Rhagar halten, denn weder die Schrägstellung seiner Augenbrauen noch die typische elfenbeinfarbene Gesichtsblässe waren bei ihm besonders ausgeprägt. Nur die vollkommen von Schwärze erfüllten Augen störten; sie waren Beleg dafür, dass da noch etwas anders in ihm war. Etwas, das weder etwas mit seinem Elbenerbe noch mit dem angenommenen Rhagar-Vermächtnis zu tun hatte.
    Während der vielen Feldzüge, die er in den Jahren seit seiner Thronbesteigung unternommen hatte, war er häufig im Freien gewesen, was seinen Teint leicht gebräunt hatte. Normalerweise verhinderten Elben die Bräunung aufgrund der Sonneneinstrahlung durch entsprechende Zauberformeln. Zwar waren die Vorstellungen hinsichtlich dem Ideal einer vornehmen elbischen Blässe in den vergangenen Jahrtausenden einem gewissen Wandel der Mode unterworfen gewesen, aber diese Veränderungen waren sehr langsam vor sich gegangen und wurden eigentlich auch nur von sehr alten Athranor-Geborenen bemerkt, die mitunter späteren Elben-Generationen vorwarfen, die Pflege ihrer Blässe zu vernachlässigen.
    Magolas hingegen hatte sich in dieser Hinsicht ganz bewusst den Gebräuchen seiner Rhagar–Untertanen angepasst. Wie hätte er sonst auch glaubhaft machen können, dass er den Glauben an den Sonnengott angenommen hatte, wenn er sich vor dessen Leben spendendem Licht durch Magie schützte?
    »Magolas …«, hauchte sie.
    Der Großkönig fasste seine geliebte Gemahlin bei den Schultern und küsste ihr zärtlich auf die Stirn. »Du bist schöner denn je, Larana …«
    Sie wandte das Gesicht von ihm ab und murmelte: »Aber nur solange die Wirkung der Essenz des Lebens anhält. Und nicht einmal deren Dauer ist vorhersehbar …«
    »So wie das Leben selbst«, erwiderte Magolas. »Zumindest das Leben der Rhagar.«
    »Ja, das mag sein …« Sie deutete auf die beiden Zwillinge. »Sieh sie dir an. Sie wirken körperlich wie drei- oder vierjährige Kinder meines Volkes.«
    »Die Entwicklung von Elbenkindern lässt sich nicht mit dem Wachstum von Rhagar-Sprösslingen vergleichen, Larana.«
    »Mag sein. Aber sie sind nun mal zur Hälfte menschlich und tragen also auch ein menschliches Erbe in sich. Und vielleicht auch die Veranlagung zum frühen Tod«, fügte sie betrübt hinzu.
    »Das wissen wir nicht, Larana.«
    »Aber es wäre möglich.«
    »Fest steht, dass sie ebenso das elbische Erbe in sich tragen. Vielleicht überwiegt es sogar, denn ihre magischen Kräfte sind groß; in dieser Hinsicht sind sie so begabt wie kaum ein Elb zuvor. Zumindest keiner, der mir je begegnet ist – und was die Legenden aus der Alten Zeit Athranors anbelangt, so habe ich mitunter das Gefühl, dass ihre Chronisten etwas zur Übertreibung neigten.« Magolas atmete tief durch, und seine Linke legte sich um den bernsteinbesetzten Griff seines Schwerts, das zwar noch namenlos war, in Magolas’ Vorstellung jedoch längst jenen Namen erhalten hatte, der ihm einst prophezeit worden war.
    Elbentöter …
    Der Großkönig beobachtete wieder die beiden Zwillinge. »Sieh sie dir an, die Kinder unserer Liebe«, sagte er mit einem für ihn fast weichen, samtenen Tonfall; nur sehr selten war dieses besondere Timbre in seiner Stimme zu vernehmen, und Larana wusste, dass dies Momente tiefster Empfindungen waren. »Sieh sie dir an …«, wiederholte er leise.
    »Glaubst du, sie werden auch eine gemeinsame Sprache entwickeln, die nur sie beide verstehen?«, fragte Larana. »So wie es bei dir und Andir der Fall war?«
    »Das brauchen sie nicht«, antwortete Magolas, »denn sie stehen in einer ständigen geistigen Verbindung zueinander. Manchmal kann ich diese Verbindung wahrnehmen, aber sie sind inzwischen stark genug, um mich davon auszuschließen, wenn sie das wollen.« Ein verhaltenes Lächeln erschien in Magolas’ Gesicht.
    »Hin und wieder bedaure ich, dass mir dieser Magiesinn fehlt, der euch Elben eigen ist«, sagte sie. »Denn so werde ich niemals durch Gedankenübertragung mit ihnen in Verbindung treten können.«
    »Sei froh darum. Bei ihrer immensen Begabung würde sie ansonsten womöglich die Notwendigkeit nicht einsehen, auch eine gesprochene Sprache zu erlernen.«
    »Das mag natürlich sein.«
    Den aratanischen Rhagar-Dialekt hatten die Kinder von ihrer Mutter erlernt. Da Magolas es allerdings auch wichtig fand, dass sie die Elbensprache beherrschten, hatte er dafür einen nuranischen Hauslehrer namens Sodrak eingestellt.

Weitere Kostenlose Bücher