E.M. Remarque
ins Leben?«
»Nicht immer. Manchmal
ist es auch nur einfach leer.«
Die Augen Joans waren durchsichtig in dem fahlen Streifen
Licht. Sie blickte zu ihm hinüber. Es ist nicht das Herz, das sich rührt,
dachte Ravic. Es ist der Magen. Ein Ruck im Solarplexus.
Darüber sind Tausende Gedichte geschrieben worden. Und
der Ruck kommt nicht von dir dort, leicht schwitzendes, hübsches, tanzendes
Stück Fleisch – er kommt aus den Dunkelkammern meines Gehirns –, er ist nur ein
zufälliger, loser Kontakt, daß er stärker kommt, wenn du dort durch den
Streifen Licht gleitest.
»Ist das nicht die Frau, die hier einmal sang?« fragte
Kate Hegström.
»Ja.«
»Singt sie nicht mehr hier?«
»Ich glaube nicht.«
»Sie ist schön.«
»So?«
»Ja. Sie ist sogar mehr als schön. Das ist ein Gesicht,
in dem offen das Leben steht.«
»Möglich.«
Kate Hegström betrachtete Ravic aus schmalen
Augenwinkeln. Sie lächelte. Es war ein Lächeln, das in Tränen enden konnte.
»Geben Sie mir noch einen Wodka und lassen Sie uns gehen«, sagte sie.
Ravic fühlte Joans Augen, als er aufstand. Er nahm Kates
Arm. Es war nicht notwendig; sie konnte gut allein gehen; aber er fand, es
könnte Joan nicht schaden, es zu sehen.
»Wollen Sie mir einen Gefallen tun?« fragte Kate
Hegström,, als sie in ihrem Zimmer im Lancaster waren.
»Sicher. Wenn ich es kann.«
»Wollen Sie mit mir zum Montfort-Ball gehen?«
»Was ist das, Kate? Habe nie davon gehört.«
Sie setzte sich in einen Sessel. Der Sessel war zu groß
für sie. Sie sah zerbrechlich darin aus – wie eine chinesische Tanzfigur. Die
Haut über ihren Augen spannte sich mehr als früher. »Der Montfort-Ball ist das
gesellschaftliche Ereignis des Sommers in Paris«, sagte sie. »Er ist nächsten
Freitag im Haus und im Garten von Louis Montfort. Das sagt Ihnen nichts, wie?«
»Nichts!«
»Wollen Sie mit mir hingehen?«
»Kann ich das denn?«
»Ich besorge Ihnen eine Einladung.«
Ravic sah sie an. »Warum, Kate?«
»Ich möchte gehen. Ich möchte nicht allein gehen.«
»Müßten Sie das sonst?«
»Ich würde es. Ich will nicht mit einem dieser Leute von
früher gehen. Ich kann das nicht mehr aushalten. Verstehen Sie das?«
»Ja.«
»Es ist das schönste und letzte Gartenfest in Paris. Ich
war die letzten vier Jahre jedesmal da. Wollen Sie mir den Gefallen tun?«
Ravic wußte, weshalb sie mit ihm gehen wollte. Sie würde
sich sicherer fühlen.
Er konnte es nicht ablehnen.
»Gut, Kate«, sagte er. »Sie brauchen mir keine besondere
Einladung schicken zu lassen. Wenn man weiß, daß Sie mit jemand kommen, so wird
das genügen, nehme ich an.«
Sie nickte. »Natürlich. Danke, Ravic. Ich rufe Sophie
Montfort sofort an.«
Er stand auf. »Ich hole Sie dann Freitag ab. Was werden
Sie anziehen?«
Sie sah von unten her
zu ihm auf. Das Licht warf einen scharfen Reflex auf ihr eng anliegendes Haar.
Ein Eidechsenkopf, dachte Ravic. Die schmale, trockene und harte Eleganz
fleischloser Vollkommenheit, die die Gesundheit nie erreichen kann. »Das ist
das, was ich Ihnen bis jetzt nicht gesagt habe«, sagte sie nach kurzem Zögern.
»Es ist ein Kostümfest, Ravic. Ein Gartenfest am Hofe Louis XIV.«
»Großer Gott!« Ravic setzte sich wieder.
Kate Hegström lachte. Es war plötzlich ein ganz freies,
kindliches Lachen. »Dort steht guter, alter Kognak«, sagte sie. »Brauchen Sie
einen?«
Ravic schüttelte den Kopf. »Was die Leute sich alles ausdenken
können!«
»Es ist jedes Jahr so etwas Ähnliches.«
»Das heißt also, ich müßte ...«
»Ich werde für alles sorgen«, unterbrach sie ihn rasch.
»Sie brauchen sich um nichts zu kümmern. Ich besorge das Kostüm. Irgend etwas
Einfaches. Sie brauchen es nicht einmal zu probieren. Geben Sie mir nur Ihre
Maße.«
»Ich glaube, ich brauche doch einen Kognak«, sagte Ravic.
Kate Hegström schob ihm die Flasche
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