Endlich Endzeit - ein Baden-Württemberg-Krimi
worden. Insgesamt hinterließ die Liste der Einträge nicht den Eindruck von Meier als einem wirtschaftlich erfolgreichen und zuverlässigen Geschäftsmann. Seit einigen Jahren gab es allerdings keine neuen negativen Einträge mehr. Die Maya-Literatur schien ihren Mann zu ernähren.
Zwischen Althütte und Kaisersbach sowie entlang der Landstraße zwischen Welzheim und Murrhardt hatten Polizeistreifen Ausschau nach Fahrzeugen gehalten, die irgendwie verdächtig wirkten – zum Beispiel, weil sie dort schon länger standen. Im Lauf des Freitags hatte sich eine erste, noch sehr umfangreiche Liste angesammelt. Als die Streifenwagen am Samstag früh wieder ihre Runde gemacht hatten, waren nur noch drei, vier Fahrzeuge übrig geblieben, zu denen inzwischen die Halteranfragen liefen. Ergebnisse wurden erst nach Ende der Soko-Besprechung erwartet, aber die Ermittler wollten sich später am Tag ohnehin noch einmal zusammensetzen.
Was Schneider schon seit der Pressekonferenz befürchtet hatte, war eingetreten: Ferry Hasselmann, freier Mitarbeiter des großen Boulevardblatts und seit Jahren eine echte Plage für die Waiblinger Kripo, stürzte sich mit der ihm eigenen Rücksichtslosigkeit auf seine neue Story. Die auf dem Lagerfeuer gefundene Leiche hatte er mit grausigen Details ausgeschmückt, offenbar hatte er sich fachliche Unterstützung geholt – denn obwohl sein Artikel reißerisch aufgemacht war, mit einem Luftbild des Ebnisees und seiner näheren Umgebung samt darauf angekreuztem Lagerplatz illustriert, war doch seine Schilderung der Brandleiche korrekt.
Schneider schärfte noch einmal allen ein, nur ja nicht direkt mit Hasselmann zu reden und ihn ausnahmslos an Pressechef Herrmann zu verweisen. »Hoffentlich wissen wir, ob Röhm unser Toter ist, bevor er unseren Verdacht aufschnappt. Die nervliche und seelische Verfassung von Frau Röhm ist diesem Schmierfinken jedenfalls herzlich wurscht, das kann ich Ihnen versichern.«
Alle in der Runde, die schon einmal mit dem Reporter zu tun hatten, nickten. Und Herrmann seufzte: »Zum Glück ist dieser Hasselmann eine unrühmliche Ausnahme – unsere Journalisten hier vor Ort arbeiten sauber, schreiben sachlich, so gut das bei einem so skurrilen Mordfall eben geht, und sie gehen auch bei ihren Recherchen mit einiger Rücksicht zu Werke. Und wenn wir mal drauf angewiesen sind, dass sie nicht alles schreiben, was sie wissen, weil das unsere Ermittlungen erschweren oder gefährden könnte, dann lassen sie sich darauf auch immer ein.«
»Vielleicht sollte er mal bei einer der hiesigen Lokalzeitungen in die Lehre gehen«, brummte Schneider.
»War er sogar tatsächlich«, lachte Herrmann kurz auf. »Aber seit er nicht als Redakteur übernommen wurde, versucht er sich als Sensationsreporter.«
Einige Beamte hatten sich rund um den Ebnisee und an der Durchgangsstraße in Kaisersbach erkundigt, ob jemand mitbekommen hatte, wie Hansjochen Röhm in Richtung See fuhr: Der alte VW-Bus machte, wie Willy Übele versicherte, ordentlich Radau, gelegentliche Fehlzündungen inbegriffen – das konnte am späten Nikolausabend, vermutlich kurz vor oder kurz nach Mitternacht, durchaus dem einen oder anderen aufgefallen sein. Aber alles Nachfragen brachte nichts Brauchbares ein, niemand hatte etwas gehört oder konnte sich erinnern.
Zu den Schuhabdrücken ergab sich inzwischen ein etwas detailliertes Bild. Die Schuhe von Meier und dem Toten waren eindeutig zuzuordnen, außerdem waren noch Abdrücke von mehreren Männer- und vermutlich einem Paar Frauenschuhe festzustellen. Wenn man die Überlagerungen beachtete, war Meier der Letzte am Tatort gewesen – an der Stelle, von der aus der Täter sein Opfer von hinten mit dem Eisenpfahl durchbohrt hatte, überlagerten sich allerdings so viele Abdrücke, dass keiner von ihnen mehr eindeutig zugeordnet werden konnte.
Der Haftbefehl für Meier lag inzwischen vor, und Meier war in die Untersuchungshaft nach Stuttgart-Stammheim überstellt worden. Meiers Anwalt schien bereits zu resignieren: Er beschränkte sich darauf, seinem Mandanten Tageszeitungen und Zahnpasta, Kuchen und ein paar Maya-Bücher zu bringen – Verwandte, die noch Kontakt zu ihm hatten, schien Meier nicht mehr zu haben.
Meiers Assistenten besuchten ihn auch nicht. Immerhin hatte die Spurensicherung in Meiers Wohnhaus einige Fotos gefunden, auf denen Meier mit Spitzer und einem dritten Mann zu sehen war, und Lena Lohrmann hatte Polizeihauptmeister Reezer gegenüber bestätigt, dass
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