Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

ermöglichte mir das Licht der Laterne jedoch, es aus mehr als hundert Metern Entfernung zu sehen.
    Jemand stand auf unserem Floß. Die Gestalt war reglos, sehr groß und schien einen silbernen Anzug zu tragen. Das Licht der Lampen glänzte auf der Oberfläche der Gestalt, als trüge sie einen Raumanzug aus Chrom.
    Ich flüsterte A. Bettik zu, dass er das Mädchen bewachen sollte, dass sich ein Eindringling auf unserem Floß befand, und zog die Pistole aus dem Halfter und das Fernglas aus der Gürteltasche. In dem Moment, als ich die Schärfe des Fernglases einstellte, drehte die glänzende silberne Gestalt ihren Kopf in meine Richtung.

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    Pater Captain de Soya erwacht in der vertrauten Wärme der Krippe an Bord der Raphael. Nach den ersten Augenblicken der unvermeidlichen Verwirrung und Desorientierung zieht er sich aus der umrandeten Couch heraus und geht nackt zur Kommandokonsole.
    Alles ist so, wie es sein sollte: Die Raphael kreist um Sol Draconi Septem – die Welt ist eine grellweiße Kugel vor den Fenstern der Kommandokonsole, Bremsschub optimal, in den anderen Krippen steht die kostbare menschliche Fracht kurz vor dem Erwachen, das interne Feld ist auf Nullschwerkraft eingestellt, bis sie alle wieder zu Kräften gekommen sind, Innentemperatur und Atmosphäre optimal für das Wiedererwachen, das Schiff im richtigen geosynchronen Orbit. Der Priester-Captain gibt den ersten Befehl seines neuen Lebens – er befiehlt dem Schiff, für sie alle im Umkleideraum Kaffee zu kochen. Normalerweise gilt sein erster Gedanke der Kaffeekugel, die unter der Nische des Kartentischs/Umkleideraumtischs verstaut ist.
    Dann bemerkt de Soya, dass am Computer das Licht für eine dringende Nachricht blinkt. Als er im Pacem-System bei Bewusstsein war, ist keine Nachricht eingetroffen, und es scheint unwahrscheinlich, dass sie hier, in diesem entlegenen ehemaligen Kolonialsystem, eine bekommen sollten.
    Der Pax ist nicht im System Sol Draconi Septem präsent – bestenfalls nutzen Kriegsschiffe im Transit die drei Gasriesen des Systems, um ihre Wasserstofftanks aufzufüllen –, und eine kurze Rückfrage beim Schiffscomputer bringt die Bestätigung, dass in den drei Tagen, die das Bremsmanöver und das Einschwenken in den Orbit erfordern, mit keinem anderen Schiff Kontakt aufgenommen worden ist. Dieselbe Anfrage ergibt, dass es keine kirchliche Mission auf dem Planeten unter ihnen gibt; der Kontakt zu dem letzten Missionar ist vor mehr als fünfzig Standardjahren abgebrochen.
    De Soya spielt die Nachricht ab. Päpstlich autorisiert, vom Pax übermittelt. Laut Displaykode ist die Nachricht Hundertstelsekunden vor dem Quantensprung der Raphael über Pacem eingetroffen. Es ist eine reine Textbotschaft und kurz – SEINE HEILIGKEIT WIDERRUFT EINSATZ AUF SOL DRACONI SEPTEM. NEUES ZIEL: GOD’S GROVE. START DORTHIN UNVERZÜGLICH. ERMÄCHTIGUNG DURCH LOURDUSAMY UND MARUSYN. ENDE DER NACHRICHT.
    De Soya seufzt. Diese Reise, die Tode und Auferstehungen sind umsonst gewesen. Einen Augenblick bewegt sich der Priester-Captain nicht, sondern sitzt nackt auf der Kommandocouch und betrachtet den weißen Ausschnitt des Eisplaneten, der das runde Fenster über ihm ausfüllt. Dann seufzt er erneut und geht duschen, macht aber Halt im Umkleideraum, um seinen ersten Schluck Kaffee zu trinken. Er greift automatisch nach der Kugel, während er Befehle auf der Konsole der Dusche eintippt – nadelfeiner Strahl, so heiß er es ertragen kann. Er macht eine Notiz, dass er irgendwo Bademäntel suchen muss. Dies ist kein reiner Männerumkleideraum mehr.
    Plötzlich erstarrt de Soya erzürnt. Er hat den Griff der Kugel nicht mit seiner suchenden Hand gefunden. Jemand hat die Kugel in ihrer Nische verschoben.
    Die neue Rekrutin, Corporal Rhadamanth Nemes, verlässt ihre Krippe als Letzte. Alle drei Männer wenden die Blicke ab, als sie aus der Krippe steigt und sich in Richtung Dusche/Umkleidekabine abstößt, aber es gibt genügend verspiegelte Oberflächen im engen Kommandostand der Raphael, dass jeder den kompakten Körper der Frau sehen kann, ihre blasse Haut und die leuchtende Kruziform zwischen ihren kleinen Brüsten.
    Corporal Nemes nimmt mit ihnen die Kommunion ein, wirkt aber desorientiert und verletzlich, als sie ihren Kaffee trinken und die internen Felder auf ein Sechstel g ansteigen lassen.
    »Ihre erste Auferstehung?«, fragt de Soya freundlich.
    Die Corporal nickt. Ihr Haar ist tiefschwarz und kurz geschnitten, Locken hängen ihr schlaff in die