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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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er, die Position des Griffs der Kugel ist keine große Sache... und ist es doch. Jeder Mann hat gelernt, eine der Sitznischen an dem für fünf Personen ausgelegten Kartentisch einzunehmen, der in der engen Passagierkabine gleichzeitig als Kantinentisch dient. Wenn sie den Tisch benutzen, um einen Kurs zu berechnen oder die Karten von Planeten zu studieren, hatte jeder der Männer – einschließlich Rettig, als er noch lebte – an seinem angestammten Platz an dem Tisch gesessen, gestanden oder geschwebt.
    Das lag in der menschlichen Natur. Raumfahrern war es in Fleisch und Blut übergegangen, ihre Gewohnheiten penibel und vorhersehbar einzuhalten.
    Jemand hatte den Griff seiner Kaffeekugel seitlich verschoben – vielleicht in der Schwerelosigkeit ein Knie in die Nische gezwängt, damit er... sie... an Ort und Stelle blieb. Paranoid. Eindeutig.
    Hinzu kamen die beunruhigenden Neuigkeiten, die ihm Sergeant Gregorius in den Minuten zwischen dem Auftauchen des Mannes aus der Auferstehungskrippe und Corporal Nemes’ Erwachen zugeflüstert hatte.
    »Ein Freund von mir ist in der Schweizergarde im Vatikan, Sir. In der Nacht vor unserer Abreise habe ich einen mit ihm getrunken. Er kannte uns alle – Kee und Rettig –, und er hat geschworen, dass er gesehen hat, wie Lancer Rettig bewusstlos auf einer Bahre zu einem Krankenwagen vor dem Hospital des Vatikan getragen wurde.«
    »Unmöglich«, hatte de Soya gesagt. »Lancer Rettig ist an den Folgen von Komplikationen bei der Auferstehung gestorben und wurde über Mare Infinitus im Weltraum beigesetzt.«
    »Aye«, hatte Gregorius geknurrt, »aber mein Freund war ganz sicher...
    fast sicher... dass es sich bei dem Mann im Krankenwagen um Rettig gehandelt hat. Bewusstlos, an Lebenserhaltungssysteme angeschlossen, Sauerstoffmaske und alles, aber eindeutig Rettig.«
    »Das ergibt keinen Sinn«, hatte de Soya gesagt. Er hat
    Verschwörungstheorien stets mit Misstrauen gegenübergestanden, weil er aus Erfahrung wusste, dass Geheimnisse, die mehr als zwei Leute kannten, selten lange geheim blieben. »Warum sollten die Pax-Flotte und die Kirche uns über Rettig belügen? Und wo ist er, wenn er auf Pacem am Leben war?«
    Gregorius hatte die Achseln gezuckt. »Vielleicht war er es nicht, Captain.
    Das habe ich mir auch immer wieder gesagt. Aber der Krankenwagen –«
    »Was ist damit?«, hatte ihn de Soya schroffer als beabsichtigt angefahren.
    »Er fuhr ins Castel Sant’ Angelo, Sir«, sagte Gregorius. »Das Hauptquartier des Heiligen Offiziums.«
    Paranoia.
    Die Daten für das elfstündige Bremsmanöver sind normal – hohe Schwerkraft beim Abbremsen, der übliche dreitägige Auferstehungszyklus, der maximale Wahrscheinlichkeit einer sicheren Auferstehung garantiert.
    De Soya studiert die Zahlen des Einschwenkens in den Orbit und spielt das Video ab, das die langsame Rotation von Sol Draconi Septem zeigt. Er macht sich stets Gedanken über diese verlorenen Tage – wie die Raphael ihre simplen Aufgaben ausführt, während er und die anderen in den Krippen wieder belebt werden – und fragt sich, was für eine unheimliche Stille an Bord des Schiffes herrschen muss.
    »Drei Minuten bis zum Übergang«, meldet die primitive Synthesizerstimme der Raphael. »Sämtliche Besatzungsmitglieder sollten in den Krippencouchen liegen.«
    De Soya beachtet die Warnung nicht und ruft die Dateien der zweieinhalb Tage auf, die das Schiff im Orbit um Sol Draconi Septem verbracht hat, bevor er und die anderen wieder zum Leben erwacht sind. Er ist nicht sicher, wonach er sucht... keine Unterlagen, dass das Landungsboot benutzt wurde... keine Daten über frühe Lebenserhaltungsaktivitäten... sämtliche Krippenmonitoren melden den üblichen Zyklus, die ersten Lebenszeichen in den letzten Stunden des dritten Tages... sämtliche Orbitalaufzeichnungen des Schiffes normal... Halt!
    »Zwei Minuten bis zum Übergang«, sagt die nüchterne Stimme des Schiffs.
    Da, am ersten Tag, kurz nach Erreichen des standardisierten geosynchronen Orbits... und da wieder, etwa vier Stunden später. Alles normal bis auf die trockenen Details von vier minimalen Zündungen der Antriebsdüsen. Um einen perfekten geosynchronen Orbit zu erreichen und zu halten, muss ein Schiff wie die Raphael Dutzende kleinere Antriebsintervalle wie diesen durchführen. Aber für die meisten dieser Feineinstellungen, weiß de Soya, werden die großen Reaktionsschubdüsen am Heck neben dem Fusionsantrieb und auf dem Ausleger der Kommandozelle am

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