Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Bettik leise.
    »Politische Macht durch den Hebel eines Parasiten...«
    »Der Core ist hinter uns her... hinter mir«, fuhr das Kind fort. »Ich bin eine Gefahr für sie, nicht nur für die Kirche.«
    Ich schüttelte langsam den Kopf. »Wie kannst du eine Gefahr für den Core sein? Du bist ein Kind...«
    »Ein Kind, das Kontakt mit der abtrünnigen Cybridpersönlichkeit hatte, bevor ich geboren wurde«, flüsterte sie. »Mein Vater war frei, Raul. Nicht nur in der Datensphäre oder in der Megasphäre... auch in der Metasphäre.
    Frei in dem größeren Psychocybernetz, vor dem sogar der Core schreckliche Angst hat...«
    »Löwen und Tiger und Bären«, murmelte A. Bettik.
    »Genau«, sagte Aenea. »Als die Persönlichkeit meines Vaters in die Megasphäre des Core eingedrungen ist, fragte er die KI Ummon, wovor der Core Angst hatte. Sie sagten, sie würden nicht weiter in die Metasphäre vordringen, weil sie voller Löwen und Tiger und Bären ist.«
    »Das kapiere ich nicht, Spatz«, sagte ich. »Ich komme nicht mit.«
    Sie beugte sich nach vorn und drückte meine Hand. Ihr Atem strich warm und angenehm über meine Wange. »Raul, du kennst Onkel Martins Cantos.
    Was ist mit der Erde passiert?«
    »Der Alten Erde?«, fragte ich albern. »In den Cantos sagte die KI Ummon, dass die drei Elemente des TechnoCore Krieg miteinander führten... Darüber haben wir schon gesprochen.«
    »Sag es mir noch einmal.«
    »Ummon sagte der Keats-Persönlichkeit... deinem Vater... dass die Unbeständigen die Menschheit vernichten wollten. Die Beständigen... seine Gruppe... wollten sie retten. Sie haben die Vernichtung der Alten Erde durch ein schwarzes Loch vorgetäuscht und sie entweder in die Magellanschen Wolken oder in den Hercules-Sternhaufen geschafft. Die Ultimaten, die dritte Gruppe, kümmerten sich einen Dreck darum, was aus der Alten Erde oder der Menschheit wurde, solange ihr HI-Projekt Früchte trug.«
    Aenea wartete.
    »Und die Kirche stimmt dem zu, was alle anderen glauben«, fuhr ich fort.
    »Dass die Alte Erde von dem schwarzen Loch verschluckt und vernichtet wurde, als sie vernichtet werden sollte.«
    »Welche Version glaubst du, Raul?«
    Ich holte Luft. »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Ich denke, es würde mir gefallen, wenn die Alte Erde noch existieren würde, aber irgendwie scheint mir das nicht so wichtig zu sein.«
    »Und wenn es eine dritte Möglichkeit gäbe?«, sagte Aenea.
    Plötzlich klirrte die Glastür und erbebte. Ich griff mit der Hand nach der Plasmapistole und rechnete halb damit, dass das Shrike an der Scheibe kratzen würde. Aber nur der Wüstenwind heulte draußen. »Eine dritte Möglichkeit?«, sagte ich.
    »Ummon hat gelogen«, sagte Aenea. »Die KI hat meinen Vater belogen.
    Kein Element des Core hat die Erde versetzt... nicht die Beständigen, nicht die Unbeständigen, nicht die Ultimaten.«
    »Also wurde sie zerstört?«, sagte ich.
    »Nein«, sagte Aenea. »Mein Vater hat es damals nicht verstanden. Erst später. Die Alte Erde wurde tatsächlich in die Magellanschen Wolken versetzt, aber nicht von einem Element des Core. Sie verfügten weder über die Technologie noch die Energiereserven noch die erforderliche Kontrolle über die Bindende Leere. Der Core kann nicht mal in die Magellanschen Wolken reisen. Sie sind zu weit entfernt... unvorstellbar weit.«
    »Wer dann?«, fragte ich. »Wer hat die Alte Erde gestohlen?«
    Aenea lehnte sich auf das Kissen zurück. »Ich weiß nicht. Ich glaube, auch der Core weiß es nicht. Aber sie wollen es nicht wissen – und haben schreckliche Angst, dass wir es herausfinden könnten.«
    A. Bettik kam näher. »Demnach ist es nicht der Core, der die Farcaster auf unserer Reise aktiviert?«
    »Nein«, sagte Aenea.
    »Werden wir herausfinden, wer es ist?«, fragte ich.
    »Wenn wir überleben«, sagte Aenea. »Wenn wir überleben.« Ihre Augen sahen jetzt müde aus, nicht mehr fiebrig. »Morgen werden sie auf uns warten, Raul. Und ich meine nicht den Priester-Captain und seine Männer.
    Irgendjemand... irgendetwas vom TechnoCore wird auf uns warten.«
    »Das Ding, von dem du glaubst, dass es Pater Glaucus, Cuchiat und die anderen getötet hat«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Ist das eine Art Vision?«, fragte ich. »Ich meine, dass du das von Pater Glaucus weißt?«
    »Keine Vision«, sagte das Mädchen mit ausdrucksloser Stimme. »Nur eine Erinnerung aus der Zukunft. Eine sichere Erinnerung.«
    Ich sah in den abklingenden Sturm hinaus. »Wir können hier bleiben«,