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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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zum Landungsboot.
    Selbst von dem Orbit in dreißigtausend Kilometer Höhe aus offenbart sich God’s Grove – soweit man es durch die dichten Wolkenschichten erkennen kann – als eine Welt der Verwüstung. Der Planet ist nicht in separate Kontinente aufgeteilt, sondern tektonisch zu einer einzigen Landmasse mit Tausenden langer Salzwasserseen geworden, die die Landschaft durchziehen wie Risse den grünen Filz eines Billardtischs.
    Abgesehen von den Seen und zahllosen Fjordseen entlang den Verwerfungslinien der grünen Landmassen gibt es Tausende brauner Narben, wo die Invasionsarmee der Ousters – wie die Menschen immer noch glauben – vor dreihundert Jahren das friedliche Land mit Lanzenfeuer zerstört hat.
    Als das Landungsboot, ionisierte Luft hinter sich zurücklassend, mit einem dreifachen Überschallknall in die Atmosphäre eindringt, betrachtet Nemes die Landschaft, die unter den dichten Wolkenmassen zum Vorschein kommt. Die meisten der zweihundert Meter hohen Mammutbaumwälder, die die Bruderschaft von Muir ursprünglich zu dieser Welt gelockt hatten, sind dahin, in dem planetaren Waldbrand vernichtet worden, der den nuklearen Winter ausgelöst hatte. Weite Teile der nördlichen und südlichen Hemisphäre leuchten noch weiß von Schneefall und Gletscherbildung, die erst jetzt abschmelzen, wo die Wolkendecke sich auf einem tausend Klicks breiten Band beiderseits des Äquators zurückzieht. Genau diese sich allmählich regenerierende Äquatorialzone ist das Ziel von Nemes.
    Sie übernimmt die manuelle Kontrolle vom Autopiloten des Landungsboots und stöpselt ihr Faserkabel ein. Sie blättert die Karten des Planeten durch, die sie aus dem Hauptspeicher der Raphael heruntergeladen hat: Da ist es... der Fluss Tethys floss einst auf einer Länge von einhundertundsechzig Klicks, vorwiegend von Osten nach Westen, um die Wurzeln des Weltbaums von God’s Grove herum und am Museum von Muir vorbei. Nemes sieht, dass der größte Teil der Tethys-Tour einen riesigen halbkreisförmigen Bogen beschrieben hat, wobei der Fluss sich um einen kleinen Teil des nördlichen Randes des Weltbaums windet. Die Tempelritter hatten sich als das ökologische Gewissen der Hegemonie verstanden – und stets ungebeten ihren Senf zu jedem Terraformprojekt im Netz oder Outback gegeben – , und der Weltbaum war das Symbol ihrer Arroganz gewesen. Tatsächlich hatte der Weltbaum im bekannten Universum etwas Einmaliges dargestellt: Mit einem Stammdurchmesser von mehr als achtzig Kilometern und einem Kronendurchmesser von über fünfhundert Klicks, was dem Fuß des legendären Mons Olympus auf dem Mars entsprach, hatte dieser einzelne lebende Organismus seine höchsten Zweige bis über den Rand der Atmosphäre hinausgestreckt.
    Heute existiert er natürlich nicht mehr; die »Ouster«-Flotte, die vor dem Fall den ganzen Planeten verwüstet hat, hat ihn zerstört und niedergebrannt.
    Anstelle des grandiosen lebenden Baumes gibt es heute nur noch den Weltstumpf, einen Haufen Asche und Kohlenstoff, der aussieht wie die Überreste eines alten Vulkans. Nach dem Verschwinden der Tempelritter –
    die getötet wurden oder am Tag des Angriffs mit ihren ergbetriebenen Raumschiffen geflohen sind – lag God’s Grove mehr als zweieinhalb Jahrhunderte brach. Nemes weiß, dass der Pax die Welt schon vor langer Zeit rekolonisiert hätte, wenn der Core ihnen nicht befohlen hätte, davon Abstand zu nehmen; die KIs haben ihren eigenen langfristigen Plan mit God’s Grove, aber Missionare und Kolonien der Menschen gehören nicht dazu.
    Nemes findet das flussaufwärts gelegene Farcasterportal – das im Vergleich zu den Aschehängen des Weltstumpfs im Süden winzig wirkt – und schwebt darüber. Am Fluss entlang und auf den erodierten Aschehängen hat sich ein sekundärer Wuchs gebildet, im Vergleich zu den ursprünglichen Wäldern kaum mehr als Unkraut, aber dennoch stattliche, über zwanzig Meter hohe Bäume, und Nemes kann vereinzelt das Dickicht von dichtem Unterholz erkennen, wo Sonnenschein auf die Gießbachbetten fällt. Kein guter Platz für einen Hinterhalt. Nemes landet mit dem Landungsboot auf dem nördlichen Flussufer und geht zu Fuß zu dem Farcasterbogen.
    Sie entfernt ein Zugriffspanel, findet ein Interfacemodul und schält die menschliche Haut an ihrer rechten Hand und dem Handgelenk ab. Sie bewahrt die Haut sorgfältig für ihre Rückkehr zur Raphael auf, klinkt sich direkt in das Modul ein und studiert die Daten. Dieses Portal ist seit dem

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