Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Beinen des Shrike. »Das wissen wir nicht«, sagte sie sehr leise. »Aber es gibt Elemente in der Kirche und im Pax, die würden es tun, Raul. Vergiss nicht, der Vatikan ist vollkommen vom Core abhängig, um die Kontrolle über die Auferstehung zu behalten – und dadurch über alle Menschen auf allen Welten.«
Ich schüttelte den Kopf. »Aber... Völkermord? Ich kann es nicht glauben.« Dieses Konzept gehörte zu den Legenden von Horace Glennon-Height und Adolf Hitler, nicht zu Menschen und Institutionen, die ich in meinem Leben gesehen hatte.
»Etwas Schreckliches geht hier vor«, sagte Aenea. »Drum sind wir hierhergeschickt worden... durch Hebron und Qom-Riyadh.«
»Das hast du schon einmal gesagt«, sagte ich und stemmte mich fest auf die Stange. »Geschickt. Aber nicht vom Core. Von wem dann?« Ich drehte mich zu dem Shrike um. In der Hitze des Tages lief der Schweiß in Strömen an mir herab. Die hoch aufragende Kreatur bestand nur aus kalten Klingen und Dornen.
»Ich weiß nicht«, sagte Aenea. Sie drehte sich wieder um und stützte die Unterarme auf die Knie. »Dort ist der Farcaster.«
Das Portal ragte efeuumrankt und rostig aus dem wuchernden Dschungel auf. Wenn dies immer noch Qom-Riyadhs Paradies-Park war, dann war er völlig außer Kontrolle geraten. Über dem grünen Baldachin fügte der Wind dem blauen Himmel eine Andeutung roter Staubwolken hinzu.
Ich steuerte zur Flussmitte, legte die Stange auf der Backbordseite ab und ging mein Gewehr holen. Bei dem Gedanken an Völkermord krampfte sich mein Magen immer noch zusammen. Nun verkrampfte er sich noch mehr, als ich Bilder von Eishöhlen, Wasserfällen, Wasserwelten und dem zum Leben erwachenden Shrike vor mir sah, wenn wir unser wie auch immer geartetes Ziel erreichten.
»Festhalten«, sagte ich unnötigerweise, als wir den Metallbogen passierten.
Die Aussicht vor uns verblasste und wechselte, als würde ein Vorhang von Hitzeflimmern vor uns und um uns herum wabern. Plötzlich veränderte sich das Licht, die Schwerkraft veränderte sich, und unsere Welt veränderte sich.
53
Pater Captain de Soya erwacht durch Schreie. Es dauert mehrere Minuten, bis ihm klar wird, dass es seine eigene Stimme ist, die da schreit.
Er drückt mit dem Daumen den Verschluss des Sargdeckels auf und hievt sich in eine sitzende Position in der Krippe. An der Monitorkonsole blinken rote und bernsteinfarbene Lichter, aber alle lebenswichtigen Funktionen sind im grünen Bereich, De Soya stöhnt vor Schmerzen und Verwirrung und zieht sich hinaus. Sein Körper schwebt über der offenen Krippe, aber er findet keinen Halt mit den rudernden Armen. Er bemerkt, dass seine Hände und Arme rosa und rot glänzen, als wäre seine ganze Haut verbrannt worden.
»Heilige Mutter Maria... wo bin ich?« Er weint. Die Tränen hängen wie kreisende Perlen vor seinen Augen. »Null-g... wo bin ich? Die Balthasar?
Was ist... passiert? Raumschlacht? Verbrennungen?«
Nein. Er ist an Bord der Raphael. Langsam fangen die gepeinigten Nervenzellen in seinem Gehirn wieder an zu arbeiten. Er schwebt im Leuchten der Instrumente in der Dunkelheit. Die Raphael. Sie müsste im Orbit um God’s Grove sein. Er hatte den Krippenzyklus für Gregorius, Kee und sich selbst auf gefährliche sechs Stunden statt der üblichen drei Tage eingestellt. Ich spiele Gott mit dem Leben der Soldaten, erinnert er sich, gedacht zu haben. Das Risiko einer fehlgeschlagenen Auferstehung ist bei diesem beschleunigten Tempo sehr groß. De Soya erinnert sich an den zweiten Kurier, der ihm mit der Balthasar eine Nachricht überbracht hatte, Pater Gawronski – es kommt ihm vor, als sei das Jahrzehnte her –, dessen Auferstehung nicht erfolgreich gewesen ist... der Auferstehungskaplan an Bord der Balthasar... wie hatte der alte Mistkerl geheißen? Pater Sapieha...
hatte gesagt, dass es Wochen oder Monate dauern würde, bis Pater Gawronski nach dem ersten Fehlschlag wieder belebt werden könnte, hatte der Auferstehungskaplan vorwurfsvoll gesagt...
Pater Captain de Soyas Denken klärt sich allmählich, während er über der Krippe schwebt. Noch im freien Fall, wie er es programmiert hatte. Er erinnert sich, wie er dachte, dass er möglicherweise nicht in der Verfassung sein könnte, bei einem g zu laufen. Und das ist er nicht.
De Soya stößt sich zur Umkleidekabine ab und betrachtet sich dort im Spiegel – sein ganzer Körper ist rot glänzend, er sieht tatsächlich wie ein Opfer von Verbrennungen aus, und die Kruziform
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