Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Wolkensäulen zu erhellen, ein Blick hinter uns zeigte uns eine große Sonne tief am Himmel. Mein Gefühl sagte mir, dass es kurz vor Sonnenuntergang sein musste, nicht kurz nach Sonnenaufgang.
Felsen, Unkraut und Erde voller Asche waren an den Ufern zu sehen. Die Luft selbst roch nach Asche, als würden wir durch ein Gebiet ziehen, das bei einem Waldbrand verwüstet worden war. Das niedere Unterholz bestärkte mich in dieser Vermutung. Rechts von uns, viele Kilometer entfernt, so wie es aussah, ragte ein schwarzer Vulkan auf.
»God’s Grove, glaube ich«, sagte A. Bettik. »Das sind die Überreste des Weltbaums.«
Ich betrachtete den schwarzen Vulkankegel erneut. Kein Baum konnte jemals so groß werden.
»Wo ist das Shrike?«, fragte ich.
Aenea stand auf und ging zu der Stelle, wo das Geschöpf bis vor einem Augenblick noch gestanden hatte. Sie strich mit der Hand durch die Luft, als wäre das Monster unsichtbar geworden.
»Festhalten!«, sagte ich wieder. Das Floß näherte sich moderaten Stromschnellen. Ich ging zum Steuerruder zurück und löste das Seil, während der Androide und das Mädchen auf beiden Seiten nach den Stangen griffen. Das Floß wippte, wirbelte Wasser auf und wurde um ein Haar im Kreis herumgewirbelt, aber bald waren wir an den weißen Kräuselwellen vorbei.
»Das hat Spaß gemacht!«, sagte Aenea. So lebhaft hatte sie sich schon lange nicht mehr angehört.
»Ja«, sagte ich, »Spaß. Aber das Floß fällt auseinander.« Das war leicht übertrieben, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen. Die lockeren Stämme vorn lösten sich wirklich aus den Seilen. Unsere Ausrüstung schepperte lose auf dem Stoff des eingestürzten Mikrozelts.
»Dort ist eine flache Stelle, wo wir anlegen können«, sagte A. Bettik und deutete auf eine grasbewachsene Stelle am Flussufer. »Die Berge vor uns sehen unangenehmer aus.«
Ich nahm das Fernglas zur Hand und betrachtete die schwarzen Gipfel.
»Sie haben recht«, sagte ich. »Vor uns könnten schlimmere Stromschnellen und weniger Anlegeplätze liegen. Bringen wir hier das Floß auf Vordermann.«
Das Mädchen und der Androide stießen uns zum rechten Ufer. Ich sprang heraus und zog das Floß auf den schlammigen Uferstreifen. Vorn und auf der Steuerbordseite hielten sich die Schäden in Grenzen, nur gelockerte Phantomhautschnüre und ein paar gesplitterte Stämme. Ich schaute flussaufwärts. Die Sonne stand tiefer, aber es sah aus, als bliebe uns noch rund eine Stunde Licht.
»Schlagen wir ein Nachtlager auf?«, fragte ich, weil ich dachte, dass dies die letzte geeignete Stelle sein könnte. »Oder ziehen wir weiter?«
»Wir ziehen weiter«, sagte Aenea unnachgiebig.
Ich verstand ihren Wunsch. Es war, nach Qom-Riyadh-Zeit, immer noch Morgen. »Ich will nicht nach Einbruch der Dunkelheit in Stromschnellen geraten«, sagte ich.
Aenea sah mit zusammengekniffenen Augen zu der tief stehenden Sonne.
»Und ich will nach Einbruch der Dunkelheit nicht hier festsitzen«, sagte sie. »Versuchen wir, so weit wie möglich zu kommen.« Sie nahm sich das Fernglas und betrachtete die schwarzen Klippen rechts von uns und die dunklen Hügel links vom Fluss. »Sie hätten den Abschnitt des Tethys nicht in einen Fluss mit gefährlichen Stromschnellen gelegt, oder?«
A. Bettik räusperte sich. »Ich nehme an«, sagte er, »dass ein Großteil der Lavaströme durch den Angriff der Ousters auf diese Welt entstanden sind.
Starke Stromschnellen könnten durch seismische Störungen entstanden sein, wie sie die Folge von Lanzenfeuer sein können.«
»Es waren nicht die Ousters«, sagte Aenea leise.
»Was meinst du, Spatz?«
»Es waren nicht die Ousters«, sagte sie nachdrücklicher. »Es war der TechnoCore, der Schiffe gebaut hat, um das Netz anzugreifen... sie haben eine Ouster-Invasion simuliert.«
»Okay«, sagte ich. Ich hatte vergessen, dass Martin Silenus so etwas am Ende seiner Cantos behauptete. Den Teil hatte ich nicht verstanden, als ich das Gedicht auswendig gelernt hatte. Doch jetzt kam er mir irrelevant vor.
»Aber die geschmolzenen Hügel sind noch da, und ebenso könnten hässliche Stromschnellen auf uns warten. Oder richtige Wasserfälle.
Könnte sein, dass wir mit dem Floß gar nicht durchkommen.«
Aenea nickte und legte das Fernglas wieder in meinen Rucksack. »Wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Wir werden zu Fuß gehen und durch das nächste Portal schwimmen. Aber lasst uns das Floß schnell reparieren und so weit wie möglich weiterziehen.
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