Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Versuch, das Kind zu packen, trudelten wir beide uns überschlagend durch die gesamte Breite, Länge und Höhe des Fugendecks.
Am Ende, als wir erschöpft und verschwitzt waren (der Schweiß hing in der Luft, bis man sich bewegte oder ein Luftzug der Ventilatoren ihn in Bewegung versetzte, fand ich heraus), befahl Aenea, dass der Balkon wieder geöffnet werden sollte – ich schrie vor Angst auf, als sie das sagte, aber das Schiff erinnerte mich ruhig daran, dass das externe Feld intakt sei
–, und wir schwebten über den festgeschraubten Steinway-Flügel hinaus, schwebten zum Geländer und darüber hinaus in das Niemandsland zwischen dem Schiff und dem Feld, schwebten zehn Meter hinaus und sahen zu dem Schiff selbst zurück, das von explodierenden Fraktalen umgeben war und in der kalten Pracht erstrahlte, während sich der Hawking-Raum mehrere Milliarden Mal pro Sekunde um uns herum faltete und zusammenzog.
Schließlich schwebten wir strampelnd und um uns tretend wieder hinein (wie ich feststellte, ein schwieriges und ungeschicktes Unterfangen, wenn es nichts gab, woran man sich abstoßen konnte), ermahnten A. Bettik über die Sprechanlage, sich einen Boden zu suchen, und aktivierten das interne Feld mit einem g wieder. Das Kind und ich kicherten beide, als Pullover, Sandwiches, Stühle, Bücher und mehrere Kugeln Wasser aus einem Glas, das wir vergessen hatten, auf dem Teppich landeten.
An eben diesem Tag, dieser Nacht, besser gesagt, denn das Schiff hatte die Beleuchtung zur Schlafperiode gedämpft, stapfte ich die Treppe hinunter zum Deck der Holonische, um mir einen Mitternachtsimbiss zuzubereiten, und hörte leise Geräusche durch die Öffnung zum Fugendeck eine Etage tiefer.
»Aenea?«, sagte ich leise. Ich bekam keine Antwort. Ich ging zur Treppe, betrachtete den dunklen Schacht der Treppe und lächelte, als ich an unsere schwerelosen Späße vor ein paar Stunden dachte. »Aenea?«
Immer noch keine Antwort, aber die leisen Geräusche hielten an. Ich wünschte mir, ich hätte eine Taschenlampe, als ich auf Socken die Metalltreppe hinunterschlich.
Die Fugenschlafmonitore über den in ihre Kabinen geschobenen Couchen glommen sanft. Das Geräusch kam aus Aeneas Nische. Sie hatte mir den Rücken zugedreht. Die Decke war bis zu den Schultern hochgezogen, aber ich konnte den Kragen des alten Hemdes aus dem Besitz des Konsuls sehen, das sie zum Nachthemd deklariert hatte. Ich ging zu ihr, ohne dass meine Socken ein Geräusch auf dem Fußboden erzeugten, und kniete neben der Couch nieder. »Aenea?« Das Mädchen weinte, versuchte aber offensichtlich, ihr Schluchzen zu unterdrücken.
Ich berührte sie an der Schulter, bis sie sich schließlich umdrehte. Selbst im schwachen Licht der Instrumente konnte ich sehen, dass sie schon eine ganze Zeit lang weinen musste; ihre Augen waren rot und geschwollen, die Wangen tränenüberströmt.
»Was hast du, mein Kind?«, flüsterte ich. Wir waren zwei Decks über dem, wo A. Bettik in seiner Hängematte schlief, aber die Treppe war offen.
Einen Augenblick reagierte Aenea nicht, aber schließlich ließ das Schluchzen nach und hörte ganz auf. »Tut mir Leid«, sagte sie schließlich.
»Schon gut. Sag mir, was los ist.«
»Gib mir ein Taschentuch, dann sage ich es dir«, antwortete sie.
Ich kramte in den Taschen des alten Morgenmantels, den der Konsul zurückgelassen hatte. Ich hatte kein Taschentuch, aber eine Serviette, weil ich oben ein Stück Kuchen gegessen hatte. Ich gab ihr das Stofftuch.
»Danke.« Sie schneuzte sich die Nase. »Ich bin froh, dass wir nicht mehr in der Schwerelosigkeit sind«, sagte sie unter dem Tuch. »Sonst würde der Rotz überall herumfliegen.«
Ich lächelte und drückte ihre Schulter. »Was stimmt nicht, Aenea?«
Sie gab ein leises Geräusch von sich, und mir wurde klar, dass es ein Versuch war zu lachen. »Alles«, sagte sie. »Alles stimmt nicht. Ich habe Angst. Alles, was ich über die Zukunft weiß, macht mir eine Heidenangst.
Ich weiß nicht, wie wir an den Burschen des Pax vorbeikommen sollen, die uns, wie ich genau weiß, in ein paar Tagen erwarten werden. Ich habe Heimweh. Ich kann nie zurück, und alle, die ich gekannt habe, sind für immer dahin, außer Martin. Aber am meisten vermisse ich meine Mutter, schätze ich.«
Ich drückte ihre Schulter. Brawne Lamia, ihre Mutter, war Gegenstand von Legenden – eine Frau, die vor zweieinhalb langen Jahrhunderten gelebt hatte und gestorben war. Einige ihrer Knochen waren bereits zu
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